"Halte durch."

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Semirs Sicht

Mit einer warmen Tasse Kaffee in der Hand saß ich der Haushälterin am Küchentisch der Familie Jäger gegenüber. Sie lächelte mich herzlich an, während sie mir ein Stück Apfelkuchen reichte. 
"Sie sagten, dass Herr Jäger momentan nicht da ist? Wissen Sie wo er ist und wann er zurück kommt?", fragte ich neugierig. 
"Leider kann ich ihnen nicht sagen, was Konrad momentan treibt. Ich bin jedoch froh, dass Sie da sind. Ben hat mir schon viel von Ihnen erzählt, Herr Gerkhan! Sie müssen mir helfen, meinen Jungen wieder zu finden.", verzweifelt blickte sie mich aus ihren warmen Augen an.
"Sie denken also auch nicht, dass Ben tot ist?", murmelte ich nachdenklich.
Sie räusperte sich und sprach nun mit einer leisen Stimme: "In letzter Zeit kommt mir einiges in diesem Haus merkwürdig vor. Konrad war noch nie sonderlich freundlich zu mir. In letzter Zeit ist er jedoch selbst für seine Verhältnisse noch unerträglicher. Er verhält sich äußerst komisch."
"Was meinen Sie mit 'komisch'?", hakte ich sofort nach. 
"Er ist den ganzen Tag weg. Lässt sich noch nicht mal zum Essen blicken. Gestern Abend, als er nach Hause kam, war ich überzeugt, dass Blutflecken auf seinem Hemd zu sehen waren. Daraufhin beschimpfte er mich entsetzlich. Mittlerweile bin ich mir nicht mehr sicher, ob es tatsächlich Blut war. Wissen Sie... Ich bin schon alt. Es kann sein, dass meine Augen mir einen Streich gespielt haben.", verzweifelt sah sie mich an.

Ich seufzte auf. Die ältere Dame war scheinbar vollkommen eingeschüchtert von ihrem Arbeitgeber. Sie versuchte das Zittern ihrer Hände zu unterdrücken, indem sie mir noch ein Stück Apfelkuchen auf den Teller legte. 
Behutsam legte ich meine Hand auf ihre und sah sie beruhigend an. 
"Wann hat Konrad begonnen, sich seltsam zu verhalten?", fragte ich sanft.
"Einen Abend vor den schrecklichen Nachrichten über Bens Tod."

Bei ihren Worten sprang ich auf. Mein Bauchgefühl sagte mir, dass es sich lohnte Konrad Jäger nachzuforschen. Dankend reichte ich ihr meine Hand, sie schüttelte diese und sah mich aus müden Augen an.
"Warum sind sie noch hier? Herr Jäger scheint sie nicht gut zu behandeln. Warum bleiben sie?", fragte ich in der Hoffnung, dass sie sich nach einer anderen Arbeitsstelle umschauen würde.
"Für die Kinder. Ich sah Ben und Julia aufwachsen. Ich könnte die Beiden niemals verlassen.", schwach lächelte sie mich an.
Ich nickte kurz und verabschiedete mich.


"Gerkhan! Wo waren Sie? Vergessen, dass sie Dienst hatten?", Kims Stimme erfüllte den gesamten Raum als ich meine Dienststelle betrat. 
Natürlich musste ich sofort meiner Chefin über den Weg laufen. Seufzend blieb ich vor ihr stehen.
"Ach... Entschuldigen Sie, ich musste eben schnell los. Wasserrohrbruch... ganz dramatisch.", log ich. Frau Krüger kaufte mir meine Lüge nicht ab, jedoch fehlte ihr vermutlich die Lust mit mir zu diskutieren. Entnervt drehte sie sich auf ihrem Absatz um und setzte sich zurück in ihr Büro.

Susanne sah aus blutunterlaufenen Augen zu mir hinauf. Sie hatte sich mittlerweile beruhigt, doch die Trauer stand ihr noch immer ins Gesicht geschrieben.
"Du musst etwas für mich recherchieren. Schau bitte mal nach, ob du herausfinden kannst, ob Konrad Jäger in letzter Zeit irgendeine Immobilie gekauft hat.", sagte ich während ich auf ihren Bildschirm starrte. Ihre Finger huschten sofort auf der Tastatur auf und ab. 

"Gerkhan, Sie sollen arbeiten!", schrie Frau Krüger aus ihrem Büro. 
"Wie kann die mich hier sehen?", zischte ich leise und lief zu meinem Schreibtisch. Sofort fiel mein Blick auf ein Bild an der Wand. Darauf abgebildet waren Ben und ich. Wir hatten jeweils einen Arm um die Schultern des Anderen gelegt, in der anderen Hand hielten wir ein Bier. Die Erinnerungen erschlugen mich. Ich hatte mit Ben den besten Freund gefunden, den ich jemals hatte.

Schnell sah ich weg. Mir würden Tränen in die Augen schießen, wenn ich das Foto länger gemustert hätte.
Ich sank auf meinen Drehstuhl herab und tat so, als würde ich arbeiten. Eigentlich schielte ich jedoch die ganze Zeit durch die Glaswand zu Susanne. Gefühlte Ewigkeiten später erhob sie sich und kam in mein Büro. 

"Mit ein wenig Hilfe von einem alten Freund habe ich tatsächlich etwas gefunden. Konrad hat vor einigen Wochen eine Lagerhalle erworben.", sagte sie.
"Danke.", rief ich und lief sofort los.
Im Hintergrund konnte ich noch meine Chefin wutentbrannt meinen Namen rufen hören, doch da war ich schon aus der Wache gestürmt. 

"Ben, halte durch. Ich komme.", dachte ich entschlossen.

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⏰ Letzte Aktualisierung: May 28, 2021 ⏰

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Vaterliebe? - Alarm für Cobra 11Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt