Verwechslung

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Ich bückte mich als ich merkte das meine Schnürsenkel sich selbstständig gemacht hatten und sich wieder einmal gelöst hatten, was auch die Lockerheit an meinen Schuhen erklärte. Ich bückte mich instinktiv in die Hocke und binde diese wieder zusammen, darauf bedacht sie fester zu schnüren als vor 4 Minuten. Ich richte mich also wieder auf und joggte weiter, ein kurzer Blick auf meine Smartwatch verriet mir, dass ich nur noch 400 Meter von meinem heutigem Ziel entfernt war, nach 10 Sekunden tauchte sich der Bildschirm auch schon wieder in ein dunkles schwarz und verschmolz mit dem restlichen schwarz der Uhr. Mir fiel beim betrachten auf, dass es dieselbe Farbe wie meine Leggings und ebenfalls im gleichen Ton wie mein Sport-BH ist, jedoch zierte beides noch ein weißes Nike-Zeichen.

Aber das Schicksal wollte mich wohl nicht wie gewohnt zu Hause ankommen lassen. Nein, ich musste ja heute den Umweg laufen. Aber was sollte ich auch anderes tuen wenn der normale Weg gesperrt war und ich einen Umweg laufen musste. Da sah dieser kleine Wanderweg doch um einiges einladender als die staubige Baustelle aus.

Ohne großes Überlegen änderte ich also meine gewohnte Routine, und nach einigem Joggen verlangsamte sich mein Schritt. Nicht wegen meiner Ausdauer, meine Kondition war mehr als trainiert. Doch es war wohl ungewohnt Rufe zu hören.

Es waren nicht einmal Hilfe-Rufe, ich würde es mehr als ein Lachen einstufen. Ich wäre nicht Ich, wenn ich nicht aus Neugier der Stimme folgen würde. Ich zwang mich durch die dichten Äste und konnte mir ein leises Quitschen nicht verkneifen als ich einen Stich an meinem Bein spürte, höchstwahrscheinlich eine Dorne. Solange es kein Blutegel ist, ist es mir relativ egal.

Ich war etwas zu tief in Gedanken, weshalb ich nicht merkte das der kleine Weg endetet und ich regelrecht aus den Büschen heraus stolperte. Ich fing mich zu meinem Glück jedoch noch rechtzeitig auf und richtete mich wieder auf. Ein kleines ‚wow' entfuhr mir über meine Lippen, als ich die Landschaft sah die sich vor mir niederlegt. Was heißt Landschaft, ich war schon immer nicht gut die passenden Worte zu finden. Es war eher ein Berg der in einer Lichtung empor stieß. Jedoch fiel von der Spitze aus ein Wasserfall, der in einen Teich mündete. Naja, eher aufschlug den der Wasserfall war ziemlich stark.

Jetzt auf der Spitze konnte ich sehen von wem die Schreie ausgehen mussten, und wie es der Zufall wollte, war es mein Bruder. Ebenfalls erblickte ich die Klamotten die sehr ordentlich, im ironischen Sinne, einen kleine eigene Linie ziehen und im Bruchteil von Sekunden, bekam ich meine Instinkte als kleine Schwester.

Ich bin seine kleine Schwester, wenn ich ihn nicht nerve, wer sollte es sonst tuen.

Also pickte ich die Sachen nacheinander auf, duckte mich automatisch um unscheinbarer zu wirken, was mich aber natürlich nicht unsichtbar werden ließ. Als ich einen Aufprall hörte, zuckte ich zusammen. Das sah ihm gar nicht ähnlich aus dieser Höhe zu springen, hatte er nicht eine unheimlich große Höhenangst?

Was mir aber als nächstes in den Kopf schoss war meine Tarnung, die zu aufliegen drohte. Meine Füße dachten wohl das gleiche, denn sie suchten schnell den Weg in die Büsche.

Ja Shira, weil deine Füße auch ein eigenes Gehirn haben.

Gott was dachte ich da für ein Zeug. Stimmt ja, ich heiße übrigens Shira.

Vielleicht haben deine Füße ja einen höheren IQ als du, die gehen noch studieren und du sitzt in McDonald's und bedienst deine eigenen Füße.

Sagt mir bitte ich bin nicht die einzige die solche verrückten Gedanken hat. Viel mehr Zeit hatte ich nicht mehr darüber nachzudenken, denn er tauchte aus dem Wasser auf.

Ich bin so dumm.

Wie konnte mir so etwas in der Art jemals passieren.

Ich hab meinen Bruder mit einem Wildfremden verwechselt, und hab ihm seine Sachen gestohlen.

Und was für ein Fremder.

Er kletterte aus dem See und sein durchtrainierter Körper machte sich sichtbar, die Tropfen die seinen Körper herunterflossen, ließen ihn wie ein Model aus einem Magazin aussehen. Nur das hier kein Kamerateam ist, sondern nur ich.

Ich, die vor Scham im Boden versinken könnte.

Wie konnte ich ihn auch verwechseln?

Er war gefühlt 100 Meter weg. Und auf einem Berg.

Versuchte mir mein Gewissen meine Sorgen zu nehmen, aber das sollte mein liebes Gewissen mal dem Fremden erklären, der mittlerweile bemerkt hat, dass seine Klamotten zu fehlen schienen. Seine volle Lockenpracht ließ mich für einen Moment alles vergessen.

Als hätte er meinen Blick gespürt, dreht er sich in meine Richtung um und blickte mir direkt in meine Augen. Dasselbe Grün welches auch ich besaß, doch trotzdem waren sie doch komplett anders als meine.

Ich hätte alles erwartet.

Dass der Blick unangenehme wäre oder ich sogar anfangen würde zu weinen.

Oder das es unangenehme wäre und ich anfangen würde zu weinen.

Aber der Blick war nicht annähernd eins von diesen Dingen, er fesselte mich mit seinem Blick und ich hatte das Gefühl, dass ich auch das Gleiche mit ihm tat. Und als sich meine Mundwinkel gegen meinen Willen hochzogen, legte er eine so unglaubliche Zärtlichkeit in seinen Blick, dass ich mir überlegte doch anzufangen zu weinen.

Dann fielen mir seine Klamotten in der Hand auf und das war dann wohl der einzige Grund der mich dazu brachte, die schützenden Büsche zu verlassen. Meine Hoffnung, dass er seinen Blick auf etwas anderes wenden würde, wurde unerfüllt gelassen. Nicht das mir sein Blick nicht gefiel, aber ich war noch nie so nervös und gleichzeitig so beruhigt und das Gefühl machte mir Angst.

Wie sah er auch bitte ein Mädchen an, dass seine Klamotten geklaut hatte?

Sobald diese Worte aus meinem Gedächtnis verstrichen, stand ich auch schon vor ihm.

„Es..es tut mir s-so Leid." flüsterte ich, als er überraschenderweise einpaar Schritte auf mich zu machte, denn ich war ihm sicherlich schon so nah, dass ein Flüstern mehr als nur genügte.

„Wolltest wohl nur ein Souvenir von Harry Styles?" lachte er rau auf, jedoch mit einem unglaublich sanften Unterton. Ein unglaublich heißer Typ, Oberkörperfrei, mit der sexiest Stimme die ich jemals gehört habe steht vor mir und lachte.

Wo kann man Grabsteine kaufen?

„Von..Harry?" ich drückte diesen Namen mit so einer Ungewissheit aus, dass jedem klar sein sollte, dass ich keine Ahnung hatte, von wem er sprach. „Mein Bruder heißt Ethan und eigentlich wollte ich seine Kleidung für 5 Minuten verstecken um ihm..naja eine kleinen Schrecken einzujagen."

Ich lachte kurz unvermeidlich auf und hielt kurz inne. Sein Blick.

Er musterte jede Kleinigkeit in meinem Gesicht, ich denke mittlerweile kennt er die genaue Anzahl meiner Sommersprossen. Als ich auflachte schwirrte sein fokussierter Blick auf meine Lippen und aus dem Nichts, musste er ebenfalls grinsen.

Das Einzige was ich mich im Moment frage ist, wie man bei einer so einfachen Geste, so unglaublich attraktiv sein kann. Ich merkte wie mein Blick deutlich zu lange ebenfalls auf seinen Lippen lag, er hatte wohl die gleiche Einsicht, denn unsere Augen treffen sich wieder auf einen Schlag, als wäre es abgesprochen gewesen.

„Nur dass du dann eben doch nicht mein Bruder warst.." hauchte ich etwas in Trance, um meine kleine Rechtfertigung zu beenden. „..also kein Harry um.. Styles? Miles?" Ich suchte hilflos nach den Namen, den er mir vor einigen Augenblicken genannt hatte.

Wahrscheinlich kam es mir nur so vor, aber in dem Moment funkelten seine Augen auf und sein Grinsen vergrößerte sich.

Wie konnte man so weiße, perfekte Zähne haben? Und der liebe Gott hat also noch beschlossen, ihm wunderschöne Grübchen zu schenken.

Nein, Gott hätte so etwas nicht alleine erschaffen können. Er bräuchte mindestens drei helfende Engel.

Wahrscheinlich war er dann doch das Abbild eines Gottes.

"Ich..ich bin Harry." fasste er seine Stimme wieder und diesmal war er derjenige, der verlegen war.

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Würde mich riesig über ein vote und eure Meinung freuen🙏🏾❤️

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