22. Azad und Zümra

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MIHRIBAN

„I promise I will save you,
When you cannot stay afloat,
And if your tears can fill an ocean,
Then for you I will be a boat."

Erin Hanson

„Die Jungs müssten in einer halben Stunde da sein, oder?", Mislina schminkte ihre Lippen in einem dunklen Rotton, während sie mich fragend aus dem Spiegel ansah — dadurch sah sie viel älter und reifer aus, als sie war und doch widerspiegelte ihr Spiegelbild ihre freche und verspielte Art. „Wenn sie sich an das gestrige Gespräch halten, dann ja", ich nickte lächelnd. „Ich bin froh, dass wir gestern schon mit Verâ Abla hergefahren sind, ich hätte den Weg zweimal nicht gepackt", Mislina blickte zufrieden auf ihr Spiegelbild — das smaragdgrüne Samtkleid schmiegte sich an ihren Oberkörper, betonte ihre Taille und lag locker um ihre Beine. „Das kannst du laut sagen", grinste ich und fuhr ein letztes Mal mit dem rosa matten Lippenstift über meine Lippen.

Lächelnd blickte ich zu meiner Schwägerin und der heutigen Braut, die vor einigen Minuten aus Bilal Abis Zimmer gekommen war. Sie hatte die gestrige Nacht dort verbracht, da sie sich von ihrem Bruder verabschieden wollte. Sie waren so sehr damit beschäftigt Zümra abla vorzubereiten, dass sie schon fast eine unsichtbare Wand zwischen uns errichtet hatten.

Als es an der Tür klingelte, blickte Mislina erneut auf die Uhr und zog die Augenbrauen zusammen — ihr Gesichtsausdruck spiegelte die Frage in ihrem Kopf wieder: wer war das jetzt?
„Ich gehe kurz runter", ließ sie uns wissen, lächelte den beiden Freundinnen zu und verschwand hinter der Tür.

„Ihr könnt mir sagen was ihr wollt aber sie trägt den roten Lippenstift nur deswegen, um zu sehen wie Fatih reagiert", grinste Zümra abla und richtete ihren Schleier. „Ohne Zweifel", ich zuckte mit den Achseln und grinste bei dem Gedanken an meine Schwester.

„Es war nur Mevlüt Abi", Mislina trat einige Minuten später, mit einem erröteten Gesicht, ins Zimmer und klärte uns auf, wer gekommen war. „Er war es aber nicht, der dich in Verlegenheit gebracht hat", zwinkerte Verâ abla sie an. „Nein, das war Zümra ablas Bruder", gab sie gleichgültig von sich, stellte sich vor den Ganzkörperspiegel und richtete sich die Haare. „Nicht zufällig der jüngste von ihnen, der auf den Namen Fatih hört?", Zümra Ablas leises Lachen erfüllte den Raum und sorgte dafür, dass Mislina sich grinsend auf die Unterlippe biss.
„Was hat er denn gesagt?", forschte ich nun nach und stellte mich hinter sie. Vom Spiegel aus blickte sie in mein Gesicht und lächelte kurz. „Er meinte, dass das Dunkelrot sehr gut aussieht und ich es deswegen abschminken soll", sie senkte grinsend den Kopf und lachte leise. „Aber du wärst nicht du, wenn du genau das Gegenteil machen würdest", lachte nun unsere Schwägerin und zwinkerte Mislina vom Spiegel zu. „Du kennst mich sehr gut, was soll ich sagen", achselzuckend wandte sich Mislina vom Spiegel ab und drehte sich zu uns.

Nachdem unsere letzten Vorbereitungen abgeschlossen waren, hörte man von draußen die vertraute Musik der Oboe und Posaune, die ankündigte, dass der Bräutigam nun gekommen war. Schwer schluckte Zümra Abla und blickte aus dem Fenster auf den Hof, wo die Autos der Jungs hintereinander geparkt hatten.

„Ich schaue kurz unten nach, ob meine Hilfe benötigt wird", ich lächelte den Mädels zu und verließ das Zimmer. Unten angekommen begrüßte ich erst meine Eltern und anschließend meine künftigen Schwiegereltern, schaute nach ob ich irgendetwas tun konnte und eilte schließlich wieder in Zümra Ablas Zimmer, um ihren Abschied mitzuerleben.

„Können wir reinkommen?", sofort drehten wir uns alle nach der Person um, die in der Tür stand. „Natürlich, kommt rein", sofort nickte Zümra abla und bat ihre Schwester und ihre Milchbrüder ins Innere des Zimmers, gefolgt von ihrer Mutter, ihrem Vater, ihren Milchmüttern und Milchvätern.

Mein Leben für DeinsWo Geschichten leben. Entdecke jetzt