MIHRIBAN
"Guilt is a gift from Allah warning you that what you are doing is violating your soul."
Nouman Ali Khan
„Hast du Selim erreichen können?", Hajdar blickte mich kurz an, während er seinem Kaffeebecher den Deckel aufsetzte. „Er hatte mich an dem Abend bei uns angerufen, danach nicht mehr — beziehungsweise danach konnte er es nicht mehr", ich seufzte laut und spürte, wie sich etwas in meiner Brust zusammenzog.
Als Amine einige Minuten später aufgewühlt vor mir zum Stehen kam, blickte ich sie überrascht an. „Hast du Selim irgendwo gesehen? Oder was von ihm gehört?", ich zog die Augenbrauen zusammen und schüttelte verneinend mit dem Kopf — was war geschehen? „Hat er dich gestern angerufen?", erneut schüttelte ich den Kopf und die Sorge um ihn stieg ins Unermessliche. „Was ist denn passiert?", Hajdar brachte meine Sorgen zu Wort, wofür ich ihm wieder einmal unendlich dankbar war. „Er hat sich gestern mit Semih Abi heftig gestritten. Und davor hattet ihr ja auch etwas Streit?", sie wusste, dass mich die Antwort eher interessierte, als meinen besten Freund, weswegen sie zu mir schaute und bei ihrer letzten Frage zögerte. „Ich hab vorhin Azad Abi getroffen, er hat auch nichts von ihm gehört", ergänzte Amine und ihre Augen füllten sich mit Tränen. Ohne zu zögern zog ich sie in eine innige Umarmung.Der Tag verging damit, dass ich versuchte Selim vergeblich zu erreichen. Da sein Handy ausgeschaltet war, wurde ich immer wieder an seine Mailbox weitergeleitet, auf der ich gefühlte hundert Nachrichten hinterließ.
Am Abend bekam ich mit, wie Abi Anstalten machte das Haus zu verlassen. Mit der Hoffnung, dass er etwas über Selim wusste, lief ich ihm hinterher. „Wohin gehst du?", ich zwang mich zu einem Lächeln und setzte mich auf die vorletzte Stufe der Treppe. „Zu Azad", er band sich seine Schuhe zu und stellte sich auf die Beine. „Amine hat mich heute an der Uni gefragt, ob ich ihren Bruder gesehen habe — gibt's was neues von ihm?", ich spielte mit meinen Fingern und mied seinen Blick. „Ja, Azad hat ihn bei seinem Kindheitsfreund gefunden", ich wusste nicht, ob ich mich über die Worte meines Bruders freuen sollte oder anfangen sollte zu weinen. „Das freut mich", ich lächelte, erhob mich von meinem Platz und lief die Treppen hoch. „Grüß Azad Abi von mir", rief ich, ehe ich hinter meiner Zimmertür verschwand und in Tränen ausbrach.
Hätte ich ihn nicht von mir gestoßen, hätte er nicht Zuflucht bei Niklas gesucht, bei dem er immer wieder Fehler begann, die er im Nachhinein bereute. Mit zitternder Hand ergriff ich mein Handy, entsperrte es und wählte hoffnungsvoll Selims Nummer. „Sarışınım? (Meine Blondine)", hörte ich seine Stimme und lachte erleichtert auf. „Wie geht's dir?", sprach ich und stellte mich vor mein Fenster. „Hat Amine es dir erzählt?", fragte er, ohne auf meine Frage einzugehen. „Kannst du es ihr verübeln?", ich ließ meine Finger über die Fensterbank gleiten und blickte auf den Himmel, der sich mit jeder Sekunde etwas mehr verdunkelte. „Leider nicht", er seufzte laut. „Würdest du gleich mit mir einen Kaffee trinken gehen? Wir könnten nach Esslingen", ich schloss die Augen und biss mir auf die Unterlippe. „Können wir gerne machen", ich hörte förmlich die Sehnsucht aus seiner Stimme heraus. „Gut, dann in einer halben Stunde im L'Osteria?", ich lächelte breit und bewegte mich zu meinem Kleiderschrank. „Müsste ich hinkriegen", ich lachte leicht über seien Antwort und legte, nachdem wir uns verabschiedet hatten, auf. Auf gut Glück nahm ich mir eine Jeans und einen langen Pulli aus dem Schrank, streifte mir beide Kleidungsstücke über und widmete mich letztendlich meinen dunkelblonden Haaren. Mit einem Haargummi band ich sie mir zu einem hohen Zopf, befestigte einige lose Strähnen mit einer Klammer und bewegte mich zu meiner Zimmertür. Mit schnellen Schritten eilte ich die Treppen runter, gab meinen Eltern Bescheid, dass ich rausging und griff nach den Autoschlüsseln meines Vaters.
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Mein Leben für Deins
Novela Juvenil„Maktub. Wenn ich ein Teil deiner Bestimmung bin, dann wirst du eines Tages wiederkommen." Diese Geschichte ist eine Art Fortsetzung meiner ersten Geschichte „Fels in der Brandung", ist aber keine Voraussetzung um diese Geschichte zu verstehen.