Kapitel 10 (Schutz?)

2.7K 111 11
                                    

,,Mhm, verstehe", sagt Dracula mit ernster Miene, nachdem wir ihm unsere Vorgeschichte aufgetischt haben. ,,Also ihr wollt, dass ich euch für einige Zeit bei mir unterbringe und euch Schutz biete, bis sich die Lage beruhigt hat? Habe ich das richtig verstanden?"
,,Ja, genau so ist es.", antwortet Lulu vorsichtig.
,,Ich hoffe wir breiten dir nicht allzu große Schwierigkeiten."
,,Aber nicht doch! Ihr seid bei mir immer herzlichst willkommen!"
Wie aus heiterem Himmel ändert sich seine Stimmung von ernst zu glücklich.

Man, bin ich erleichtert, dass wir hier bleiben können. Immerhin habe ich für die Reise alles hinter mir lassen müssen.

Nach einer kurzen stillen Runde steht Dracula auf und zeigt uns unsere Zimmer.
,,Dracu, du hast nicht zufällig ein Zimmer mit einem Doppelbett? Wir würden viel lieber im selben Bett schlafen."
Grinsend nickt Dracula und führt uns durch die ewig langen Flure, die mit kühlen Farben ausgestattet sind und mit wunderschön bunten Fenstern versehen sind, die man auch oft in Kirchen sieht.
,,Bitteschön, das ist das größte Gästezimmer, das ich euch anbieten kann. Außerdem ist es relativ abgelegen und mein Personal kommt hier selten vorbei, somit kann euch keiner hören. Ihr wisst schon was ich meine."
Zwinkernd kichert er uns an und geht mit einer eleganten Handbewegung.
,,Seid bitte pünktlich um 18 Uhr zum Abendessen im Speisesaal."

,,Was für ein komischer Kauz." flüster ich Lulu augenverdrehend zu.
,,Hahaha, du wirst dich sicher noch an ihn gewöhnen Schatz."

Total erledigt von unserer Anreise legen wir uns hin, um uns etwas auszuruhen.
,,Fyyynn, hast du Luuuust?"
,,Ich würde ja gerne, aber ich muss die ganze Situation noch verarbeiten. Außerdem bin ich sooooo müde. Lass es uns bitte auf später verschieben."
Mit einem beleidigten Knurren gibt er mir einen Schlaf-gut-Kuss und ist auch sofort weggedöst.

Nach einer halben Stunde bin ich immer noch nicht eingeschlafen. Aber es liegt an meinen Gedanken. Zum Glück schnarcht Lulu nicht, sonst könnte ich sicher gar nie schlafen.
Unruhig drehe ich mich hin und her, während mir alle möglichen Gedanken durch den Kopf gehen.
Wie konnte mein Leben nur so aus den Fugen geraten?
Wieso mussten meine Eltern sterben? Wieso beschützt Lulu mich überhaupt? Wie alt ist er überhaupt??
Woher kennt er Dracula?
Hatten die mal was gemeinsam?
Und was ist überhaupt mit diesem Typen? Er ist so seltsam. Fast schon gespielt nett. Da ist irgendwas faul. Ich spüre es.

*Krrrriiiiing-Kriiiiiing-Krrriiiing*
Oh, wies aussieht bin ich doch noch eingeschlafen.
,,Hey Lulu, aufstehen. Es ist bald 18 Uhr."
Mit einem Ruck ist er auch schon aus den Federn.
Er wünscht mir einen guten ,,Morgen" und gibt mir einen sehr erotischen Zungenkuss.
Schnell machen wir uns frisch, denn in 10 Minuten müssen wir auch schon im Speisesaal sein.

Als wir pünktlichst in den Speisesaal schreiten, finden wir einen wunderschönen Raum vor, der anders, als der Rest vom Schloss, total bunt gestaltet ist. Auch einen riesigen Tisch, voll mit herzhaft lecker richendem Essen, und prachtvolle Deckenbeleuchtung.
Doch das Staunen vergeht mir, als ich Draculas Blick auf mir sehe. Er schaut rein, als würde er mich mit einem Bissen verschlingen wollen. Und das nicht wortwörtlich gemeint. Er sieht total verführerisch aus, als ob er mich wollen würde. Ganz bestimmt.
Aber Lulu hat mich gewarnt, also werde ich mich von ihm fernhalten, so gut es geht.

,,Kommt, setzt euch! Nehmt euch was und soviel ihr wollt! Das ist für unser Wiedersehen, mein liebster Lucifer und auf unsere neue Bekanntschaft, lieber Fynn."
Nach seiner ,,Rede" leckt er sich verführerisch über seine Fangzähne und blickt mir währenddessen ins Gesicht, doch Lulu scheint das alles gar nicht aufzufallen.
Bei diesem Anblick vergeht mir ehrlich gesagt der Appetit, aber ich lasse mir nichts anmerken.

Lulu und Dracula unterhalten sich über ihre vergangene Zeit zusammen, und wie sehr sie die alten Zeiten vermissen.
Zum Glück habe ich nichts mitbekommen, von wegen dass sie was miteinander hatten.
Ich habe bis jetzt nur ruhig gegessen, immerhin kann ich bei ihren Themen nicht mitreden. Aber Lulu scheint es nicht zu stören. Er beachtet mich gar nicht mal. Nur von Dracula bekomme ich immer wieder lustvolle Blicke zugeworfen.
Am liebsten würde ich einfach aufstehen und mich zum Heulen verkriechen.

,,Vielen Dank für das gute Essen. Wenn ihr mich entschuldigen würdet, ich müsste mal an die frische Luft."
Nickend sehen sie zu mir und unterbrechen für eine Millisekunde ihre Unterhaltung, aber setzen sie ohne Weiteres auch schon wieder fort.

Schnell zische ich nach draußen, vor das Eingangstor, um frische Luft zu schnappen, damit ich endlich mal einen klaren Kopf bekomme.
Jedoch: lange Rede, kurzer Sinn: mein ganzer Körper verkrampft sich bei all den Gedanken und kann das Schluchzen nicht mehr zurückhalten.
In Embryonalstellung liege ich auf dem sandigen Boden und lasse all meine Wut und Trauer raus.
Ich weiß, ich bin zu eifersüchtig und besitzergreifend. Aber ich liebe Lulu einfach zu sehr. Außerdem hatte ich noch nie eine Beziehung, um zu wissen, wie man mit solchen Situationen und Gefühlen umgehen soll...
Ob er sich wohl fragt, warum ich schon so lange weg bin...?

Doch noch bevor ich mich ausheulen konnte, werde ich von seltsamen Vibrationen im Boden unterbrochen, die immer stärker werden.
Ein Erdbeben? - Nein, das kann nicht sein.
Plötzlich sehe ich einen roten Punkt am Horizont, der bedrohlich schnell, zeitgleich mit den Vibrationen, größer wird.
Langsam erkenne ich eine Gestalt, und verfalle in Panik. Der Punkt sieht aus wie ein riesiges Monster, das immer schneller auf mich zukommt.

*Türknall*
,,Fynn, das ist ein Cerberus aus der Hölle! Sie zu dass du schleunigst ins Schloss verschwindest!", rufen Lulu und Dracula fast synchron.
Total zittrig, wegen dem Adrenalinschock, den ich gerade erleide, husche ich ins Schloss.

Sie haben uns gefunden... und das nach nicht mal einem Tag.
Total erstarrt vor Schock bleibe ich in der Haupthalle vom Schloss stehen.

,,Fynn, du musst jetzt stark sein. Du willst kein Opfer mehr sein? Dann nimm die Situation selbst in die Hand!"
Etwas verzweifelt versuche ich mir Mut zuzusprechen und schleiche mich ans Fenster, um die Situation zu checken.
Der Cerberus hat mittlerweile den Eingang erreicht.
Das Monster sieht aus wie ein gigantischer, dreiköpfiger Hund. Es ist flammrot, durch seine Adern fließt sichtbar Lava und sein Körper scheint aus glühendem Stein zu sein.

Ich habe solche Angst, aber ich muss dieses Versteckspiel endlich beenden, bevor noch jemand meinetwegen Schaden erleidet.

Mit langsamen, aber trotzen Schritten gehe ich zurück zum Eingang und nehme die Türschnallen in die Hand.
Du kannst das Fynn, beende es.

In Satans FängenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt