26/08/18

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Theo.

Ich war da. Ich hab's getan. Ich stand vor zwei Stunden bei dir auf Arbeit.

Das war sowas von spontan. Ich konnte einfach nicht mehr. Zuerst bin ich bis zu dir gelaufen, hab bei dir geklingelt und ich hatte fast geahnt, dass du nicht Zuhause sein würdest.

Und ich hatte mir fest vorgenommen, dich dann woanders zu finden. Hauptsache, ich finde dich. Und das habe ich. Es war so verrückt. Ich wusste nicht einmal, wo du arbeitest. Alles was ich noch wusste, waren exakt zwei Dinge. Du arbeitest in einem Café, das bis spät abends geöffnet ist. Und dieses Café liegt in Weißensee.

Mehr Informationen hatte ich nicht. Es hat dennoch gereicht, um meine Sehnsucht zu stillen. Ich hätte niemals damit gerechnet, dass ich einen Volltreffer landen würde, als ich diese beiden Begriffe in die Suchleiste bei Google eingab. Café Weißensee. Und ich fand auf gut Glück einen Laden, der alle Voraussetzungen erfüllte, als ich bemerkte, dass es das einzige Café aus den Vorschlägen war, das noch geöffnet hatte.

Ich muss gestehen, ich war nicht nüchtern, als ich mich auf den Weg zu dir machte. Ich glaube sogar, dass es zwangsläufig notwendig war, sonst hätte ich dieser Schnapsidee niemals festen Boden geschaffen.

Ich kann dir nicht sagen, was ich dachte, als ich gegen halb zwölf in der Nacht vor besagtem Café stand. Ich stand dort mehrere Minuten. Wusste nicht, was ich tat. Wusste nicht, ob ich überhaupt richtig war. Schämte mich schon in diesem Moment in den Grund und Boden.

Dann sah ich dich. Sah, wie du durch das Café liefst. Mein Herz setzte aus.

Ich wollte immer wieder umkehren. Das war doch verrückt! Komplett verrückt! Ich hatte solche Angst, ich zitterte am ganzen Leib, mit der ganzen Seele.

Ich hatte Zeitdruck. Irgendwann war es Viertel vor Null, Viertel vor Feierabend. Wenn ich das Café jetzt nicht betrat, würde es zu spät sein. Wenn ich jetzt wieder gehen würde, wäre ich umsonst gefahren, hätte mir umsonst so lang den Kopf über all deine möglichen Reaktionen zerbrochen.

Ich haderte minutenlang mit mir. Ich war Panik erfüllt und außerdem vernebelt. Ich steigerte mich in all meine Empfindungen hinein.

Doch irgendwann wagte ich den Schritt. Ich lief zögernd über die Straße, die mich vom Café trennte. Ich war so kurz davor, auf dem Schritt kehrt zu machen und wieder nach Hause zu fahren. Ich fühlte mich so schlecht. Was sollte das? Warum tat ich das? Wie könntest du etwas anderes denken, als Psychopathin, sobald du mich erblicken würdest?

Fast wäre ich umgekehrt. Fast wäre ich weggelaufen. Doch dann hatte ich plötzlich eine Art Adrenalinschub und blendete alles andere aus. Mein Herz raste, ich glaubte, es würde mir bald aus der Brust herausspringen. Ich dachte nicht mehr über meine Schritte nach. Ich dachte gar nichts mehr. Ich lief einfach weiter. Ich verdrängte jegliche Angst bis hin zu diesem Moment als ich das Café betrat und meine Augen nach dir suchen ließ.

Ich habe absolut keine Erinnerung mehr daran, wie viele Sekunden vergingen, bis sie dich fanden und mein Blick sich mit deinem verhakte. Es könnten Stunden gewesen sein.

Als du mich entdecktest, mitten im Eingang stehend, still und starr, völlig unbeholfen, so unfähig noch etwas anderes zu tun als zu atmen und dich zu betrachten, dauerte es kaum eine Sekunde als du auf mich zukamst. Ich fühlte mich so verloren.

Du nahmst mich in den Arm und deine erste Frage war nicht "Was machst du hier?", sondern wie es mir geht. Ich wusste es nicht und ich weiß auch jetzt nicht, was ich dir antwortete.

Wir setzten uns nach draußen in die nächtliche Frische des Sommers an die Tische. Du hast eine Zigarette geraucht, ich schwieg, sah dich nicht an und kämpfte mit dem Chaos in meinem Inneren. Fragte mich in Dauerschleife, was du jetzt alles denken könntest. Ich konnte es einfach nicht einschätzen und das machte es so fürchterlich.

𝐁𝐫𝐢𝐞𝐟𝐞 𝐚𝐧 𝐓𝐡𝐞𝐨Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt