Theo.
Es gibt viel zu sagen. Vieles, über das ich nachdenke.
Bevor ich mich in dem Chaos meiner verstreuten Gedanken verliere, werde ich als erstes an meinen letzten Brief anschließen.
Das Buch. Dein Geschenk. Hermann Hesse. Der Steppenwolf.
Ein bisschen fehlen mir noch immer die Worte, dabei ist das jetzt schon gut zwei Monate her. Na gut, nicht ganz. Es kommt mir ohnehin länger vor. Aber völlig irrelevant.
Dieses Buch ist wundervoll. Du hast mir weit mehr als ein Buch, eine neue Geschichte, damit geschenkt. Du hast mir meine Liebe zu den Worten, zur Literatur ganz allgemein, damit zurückgeschenkt. Nicht, dass ich mich je voll und ganz davon abgewendet hätte, aber doch so, dass ich mich zumindest davon entfernt hatte.
Ich habe selten geschrieben oder gelesen, tatsächlich von Monat zu Monat immer weniger, als ich mit ihm zusammen war. Ich will nicht sagen nie, aber es blieb auf diesen Zeitraum gesehen sehr überschaubar.
Ich weiß nicht genau woran das lag. Ein bisschen glaube ich, war ich dazu einfach nicht mehr in der Lage. Da war so viel Schlechtes zwischen ihm und mir in dieser Beziehung, an jedem Tag. So viel Dunkelheit. Ich glaube, das überlagerte all diese Hingabe zur Literatur. Ich habe mich immer weiter davon entfernt. Immer weiter von mir selbst. Und es viel zu lange nicht einmal bemerkt.
Und mir fehlte Motivation. Diese eine Motivation. Ein ganz besonderer Antrieb. Ein Reason Why. Irgendetwas.
Ich glaube, das bist du.
Diese eine Motivation. Dieser besondere Antrieb. Dieser Reason Why.
Seit ich dich kenne, komme ich dem Schreiben wieder näher. Stück für Stück, fast unmerklich.
Es hat wieder angefangen mit diesen albernen Briefen. Ich weiß eigentlich noch immer nicht so richtig, was ich mir dabei gedacht habe, was ich damit erreichen wollte. Weder für mich noch für dich. Ich kann es dir nicht genau sagen, auch wenn ich es damals in meinem ersten Brief an dich zumindest versucht habe, zu erklären.
Schon bald folgten die ersten Gedichte. An dich. Und über dich. In denen ich noch präziser als in diesen Briefen hier versucht habe, meine irrationalen Gefühle für dich, meine situationsbedingten und verwirrten Empfindungen, auszudrücken und zu verarbeiten.
Auch das war ein großer Schritt zurück zu mir selbst. So viel Herz und Seele hatte ich schon lange nicht mehr in etwas gesteckt. Schon gar nicht in Worte.
Durch dich habe ich im weiten Sinne wieder mit dem Schreiben begonnen. Du hast etwas in mir bewegt, das in mir kribbelte, etwas, das ich nicht einfach wieder von mir wegschieben und totschweigen konnte.
Das, was du in mir ausgelöst hast, musste ich einfach aufschreiben. Ich musste diesen Gefühlen, all den Worten, die durch deine Augen und dein Lächeln in meinem Herzen entstanden sind, Leben schenken. Ich konnte sie nicht für mich behalten. Ich konnte sie nicht in mir behalten.
Du weißt gar nicht wie schön das war. Wie schön das ist. Endlich wieder zu fühlen. So richtig. So ernst. So, dass es nach Wahrmachung verlangt indem man es aufschreibt und jedes Wesen Zeuge davon werden könnte, indem es all diese Worte durch das Lesen des Geschriebenen, des Gefühlten, in sein Bewusstsein dringen lässt.
Zwar habe ich dennoch nie etwas anderes geschrieben als diese Briefe und Gedichte an dich, doch das hat gereicht, um mich wieder zu finden. Um Kraft zu schöpfen und Ziele zu stecken.
Ich bin dir so dankbar dafür.
Und auch für den Steppenwolf. Ich liebe ihn. Hesse schreibt atemberaubend schön. Was er mit den Worten macht, das ist einfach wundervoll. Er ist eine ganz besondere Inspiration. Ich habe mich in jede Zeile dieses Buches verliebt, in jede Silbe. In die gesamte Geschichte, weil sie außerdem so groß und bedeutungsvoll ist und ich mich in so vielen Sätzen, in so vielen Zügen von Harry Hallers Wesen, in seinen Ängsten und Euphorien, in seinem Missmut und Zwiespalt über sich und die gesamte Welt, so schmerzvoll wiederfinden konnte. Weil ich mich mit so vielen seiner Tücken identifizieren konnte, weil ich erkannt habe, dass auch ich einen Steppenwolf in mir trage.
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𝐁𝐫𝐢𝐞𝐟𝐞 𝐚𝐧 𝐓𝐡𝐞𝐨
Teen FictionMir fallen außerdem zwei weitere Möglichkeiten ein, weshalb du diese Blätter jetzt in deinen Händen hältst. Entweder weil es vorbei ist oder weil es beginnt. Es kann gut sein, dass ich dir diese Briefe nun überlasse, weil es eine Art Abschied ist. E...