Kapitel 3

29 1 0
                                    

Abby

Die Visitenkarte glänzt im Sonnenlicht. Ich drehe sie hin und her, obwohl ich doch nicht mehr finden werde als das, was ich schon gelesen habe: Der Firmensolgan, der Name des Unternehmens und die Kontaktdaten des gigantischen Montgommery-Towers in der Innenstadt. Aber nichts spezielles über Lucas oder den Rest seiner Famile. Ich halte meine Hand gegen das Licht und starre sie an, als hätten seine Lippen rote Abdrücke hinterlassen. Meine Arme überzieht eine Gänsehaut, während ich daran denke, wo mich seine Lippen noch berühren könnten und wie talentiert sie wohl wären. "Abby, Liebes, darf ich reinkommen?" Cole schiebt die Tür einen Spalt auf. Er trägt, wie jeden Samstagmorgen, nur eine Jeans und das Hemd lässig offen. Ich springe vom Bett auf und schließe die Tür hinter ihm. "Wie viele Dienstmädchen sind diesmal in Ohnmacht gefallen?" Coles tiefes, warmes Lachen, was ihn so berühmt gemacht hat, hallt durch mein Zimmer. "Keine, Abby. Weißt du schon, was machen du wirst?" Er meint nicht den Tag, sondern meine berufliche Laufbahn. Meine Familie vermittelt mir immer wieder durch die Blume, was sie von meinem Wunsch, Drehbuchautorin oder Schriftstellerin zu werden, hält - nämlich nichts. Ich habe nicht genug Talent. Eigentlich müsste man meinen, als Millionärstochter würden einem alle Türen offen stehen, aber dem ist nicht so. "Noch nichts, Cole". Meine Tonlage ist schlagartig um einige Grad gesunken. "Ich weiß, du magst das Thema nicht, Abbs, aber irgendwann wirst du dich damit beschäftigen müssen", versucht er mir sanft klar zu machen. Es ist ja nicht so, als wüsste ich das nicht. Also entschließe ich mich dazu, ihm zu sagen, was ich inzwischen wirklich in Betracht ziehe zu tun. "Ich habe einen Job als Model bekommen", erwidere ich kühl. Cole sieht überrascht aus und ich bereue es, das gesagt zu haben. "Ach tatsächlich? Bei welchem Unternehmen denn?" Ich hole einen Moment lang tief Luft, um mich zu sammeln, dann antworte ich. "Bei Montgommery". Mein Bruder wechselt die Gesichtsfarbe von Blass zu Rot und wieder zurück. "Das ist toll, Schwesterherz", krächzt er. "Ich überlege, das Angebot anzunehmen". Cole überlegt kurz, bevor er nickt. "Ja. Du solltest es annehmen, aber vorher solltest du ausziehen. Eine WG mit Freunden vllt?" Obwohl ich weiß, dass er das sagt, um mir zu helfen, ist es wie eine Ohrfeige. Ich nicke. In der Stadt in einem Penthouse leben zwei Freunde, zu denen ich ziehen könnte. Valerie und Ash, zwei meiner besten Freunde. "Ja, das ist eine gute Idee. Ich frag mal nach". Ich zücke mein Smartphone, das Neuste auf dem Markt, und schreibe Val.

Abby

Hey, Süße. Könnte ich eine Zeit lang bei dir unterkommen?

Zu meiner Überraschung antwortet sie fast sofort. Sonst braucht sie immer ewig.

Val

Hey, Sweetheart! Gibt's Regen im Paradies? Aber klar, kannst du.

Ich grinse gewinnend. Sie hat mich noch nie abgelehnt. Ich zwinkere Cole zu. "Val meint, es ist kein Problem. Ich werde dann packen und relativ schnell aufbrechen. Hältst du mir Mum und Ashley vom Hals?" frage ich verschmitzt. Cole hält mir die Faust hin. "Geht klar, Schwester". Wir schlagen die Fäuste gegeneinander und ich mache mich daran, Kleidung zusammen zu suchen. Nur ein paar Sachen, 7 Pullover, 2 Hosen, ein Rock, frische Unterwäsche, Haarbürste und Schminkuntensilien. Alles, was ein Mädchen eben so braucht.

***

Als ich fertig zur Abreise bin, nehme ich alles mit nach unten, wo Cole bereits auf mich wartet. "Ich habe sie dazu genötigt, meinen neusten Film zu gucken", erklärt er grinsend und nimmt mir den Koffer und die Tasche ab. Es ist mehr geworden als ich anfangs dachte. Meine Sachen verfrachtet mein Bruder ohne größere Anstrengung auf die Rückbank seines schwarzen, schnittigen Ford Mustangs und hält mir die Tür auf, als ich einsteige. Ich bedanke mich und schnalle mich an. So groß das Vertrauen zu meinem Bruder auch sein mag, ich bin nicht lebensmüde. Er fährt wie ein tollwütiger Hund. Aus diesem Grund dauert die Fahrt auch nicht länger als 5 Minuten. Als Cole hart bremst, wird mir alle Luft aus dem Lungen gepresst. Wieso habe ich nochmal nicht den Chauffeur genommen? Genau, ich wollte nett sein. Dumme Idee, wirklich. Mit etwas wackligen Beinen steige ich aus und hole die Tasche von Rücksitz. Cole nimmt den Koffer und hakt sich bei mir unter, während er mich rein bringt. Ash wartet in der Lobby auf mich und kommt mir grinsend entgegen. "Hey, Süße", grüßt er mich mit seiner tiefen, samtigen Stimme. Er hat an jedem Finger ein Mädchen, das ihm zu Füßen liegen würde, aber aus irgendeinem mir unersichtlichen Grund, weigert er sich strikt, eine Beziehung zu starten. Ash ist der gut erzogene, unerreichbare Playboy von nebenan. Zum Leidwesen von wie vielen Mädchen auch immer. Ganz selbstverständlich nimmt er Cole den Koffer ab. "Pass auf sie auf, ja? Tu, was immer nötig ist. Ich will nicht, dass ihr ein unanständiger Kerl zunahe kommt". Die beiden Männer blicken einander an. Ash hält ihm die Hand hin. "Geht klar. Was auch immer bei euch los ist, schau, dass du es gerade biegst. Wofür hast du denn sonst dein Filmstar-Grinsen?" Cole schlägt ein und lässt mich dann bei ihm. Ash schaut auf mich hinab. "Gib mir die Tasche. Ich trag sie". Er wartet nicht einmal auf Widerworte, zieht sie mir einfach von der Schulter und legt sie auf seine eigene. Während wir zum Aufzug gehen, kann ich die starrenden Blicke im Rücken spüren. Ash ist der Sohn der Lockwoods, die ein Unternehmen für super treue und hoch qualitative Kosmetik betreiben. Die Paparazzi werden jeden Moment ihre Kamera zücken und ein Beweis-Foto davon schießen, wie Ash mit einer Abgelegten von Cole Ravenscar im Aufzug verschwindet. "Sollen wir für ein paar gute Fotos sorgen?" fragt er, als meinen Blick über seine Schulter bemerkt. "Woran hast du denn....Aaah! Au!" rufe ich aus, als ich umknicke. "Bist du verletzt?" Ash hat mich aufgefangen und mustert mich besorgt. "Nein, geht schon", entgegne ich, gerade, als die Aufzug-Türen sich lautlos öffnen. Ash stellt den Koffer in den Aufzug. "Du gehst kein Risiko ein", sagt er bestimmt, schlingt einen Arm um meine Taille. "Raus aus den Schuhen". Ein Absatz ist mir abgebrochen, deshalb habe ich gar keine andere Wahl. Ich bereue die enge Jeans jetzt irgendwie. Nachdem ich rausgeschlüpft bin, halte ich die Stiefeletten hoch. Ash nickt und hebt mich hoch, als würde ich nichts wiegen. Ich laufe rot an und vergrabe den Kopf an seiner Schulter. Ein Blitz erwischt uns, bevor die Türen sich schließen können. Na, das wird tolle Schlagzeilen geben - Ash Lockwood mit Unbekannten gesichtet - etwa neue Freundin? Er wird es witzig finden. Man erwischt Ash ja auch ständig mit neuen Frauen an seiner Seite, eine hübscher als die andere. Ash lacht leise. "Warum denn plötzlich so schüchtern, Süße? Ist ja nicht so, als hätten wir nicht schon viel seltsamere Dinge erlebt". Er beugt sich vor, sodass sein Atem mein Ohr kitzelt. Ash will mich nur necken, dass weiß ich, aber die Röte wird dennoch dunkler. "Hör auf damit, Ash", sage ich leise. "Ich ärgere dich ja nur". Er öffnet die Tür zum Penthouse und setzt mich ab. "Hey, Sweetheart!" Val kommt angelaufen und umarmt mich stürmisch. Ich lache auf und beobachte Ash, der uns kopfschüttelnd zusieht. "Na komm, wie sollten dein Zimmer einrichten", sagt Valerie schließlich. Wenn ich damit fertig bin, wird sie wissen wollen, was los ist und dem Blick ihres Mitbewohners nach, er auch.

***

Als ich fertig bin mit Auspacken und Einräumen, setze ich mich zu den beiden auf die Couch. Ash legt Val und mir den Arm um die Schultern. "Jetzt erzähl", sagt Val und beugt sich neugierig vor. "Ihr wisst ja, dass ich nicht weiß, was ich machen will", fange ich an, aber mein Kumpel unterbricht mich. "Wieso steigst du nicht bei deiner Mutter ins Unternehmen ein?" Ich seufze. "Ich bin nicht wie du, Ash. Aus mir wird keine Unternehmerin werden. Ich habe weder diese Präsenz noch das Vertrauen. Außerdem hab ich nicht die Unterstützung meiner Familie. Für dich war immer klar, dass du das Unternehmen deiner Eltern übernehmen würdest, aber bei mir war das aber nicht der Fall", erkläre ich. "Und weshalb bist du ausgezogen?" hakt Val nach. Ich seufze nochmal. "Ich hab einen Job bekommen. Von den Montgommerys. Aber ihr wisst ja, wie meine Familie dazu steht und dann auch fürs Modeln. Und Lucas weiß nicht einmal, wer ich bin. Er hat mich einfach nur deshalb angesprochen, weil er mich hübsch fand. Nicht wegen meiner Familie", erkläre ich und spüre, wie sich Wärme in meinem Inneren ausbreitet. Ash grinst. "Ich glaube nicht, dass das der einzige Grund war".

Million PrinceWo Geschichten leben. Entdecke jetzt