Kapitel 9

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Abby

Als ich endlich in mein Zimmer zurückkehre, finde ich meine Kleidung zusammen gelegt und gestapelt auf meinem Bett. Ich würde wetten, dass Ash so eine Aktion - also das Spuren-verwischen - nicht zum ersten Mal gemacht hat. Bevor ich hier eingezogen bin, hatten die WG eigentlich Ash und ein schwuler Kumpel. Val kam später dazu, während Marc, der Kumpel, wegen eines Streits wieder ausgezogen ist. Ich weiß nichts genaues - nur so viel: Marc hat sich mit Val wegen irgendeiner Kleinigkeit gestritten, das ist eskaliert, und man hat Ash aufgefordert zu wählen. Val wollte das nicht und wäre lieber ausgezogen, als Ash wählen zu lassen. Das Ende der Geschichte war, dass Ash gewählt und sich für Val, die viel feinfühliger war als Marc, entschieden hat. Von Marc hab ich seitdem nichts mehr gehört. Hässliche Geschichte, aber Ashs und Vals Beziehung zueinander könnte nicht besser sein. "Ich bin wieder da!" ruft Val von unten. Ich schlüpfe in Kleidung und tappe nach unten. Val strahlt mir entgegen. "Du siehst aus, als hättest du richtig guten Sex gehabt", stelle ich schmunzelnd fest. Sie zwinkert mir zu. "Ich hab einfach nur gute Laune". Ich hebe eine Augenbraue, sage aber nichts weiter dazu. "Wem erzählst du das? Deiner Oma?" Ash lacht und deutet mit einem Löffel auf sie. "Du kochst?" werfe ich überrascht ein. Val beginnt zu lachen. "Ich kann es echt gut", entgegnet mein Kumpel. "Warte", sagt Val an mich gewandt, "Jetzt sagt er gleich, dass er noch in was ganz anderem Talent hat". Ash grinst. "Wer sagt denn, dass das eine Lüge ist, Kleine?" Ich schaue zu meiner Freundin hinüber. "Überschätz dich nur nicht, Sweetheart". Ash streckt ihr die Zunge heraus und öffnet seine Gürtelschnalle. "Muss ich es dir erst beweisen?" Jetzt lache ich auf. "Ich denke, das wissen wir". Ash lässt die Augenbrauen hüpfen, bevor er sich umdreht und sich seiner eigentlichen Aufgabe widmet. "Hatte er gerade echt ein Schürze an?" frage ich grinsend. "Gelesen, was drauf steht?" Val grinst. Ich schüttle den Kopf. "Nein. Da hab ich nicht darauf geachtet". Sie beugt sich verschwörerisch zu mir. "Kiss the Cook". Ich kichere. "Er erwartet aber nicht, dass wir das machen, oder?" Val schüttelt den Kopf. "Nee. Ich hab ihm das Teil mal geschenkt", fügt sie hinzu. Eine leichte Röte legt sich auf ihre Wangen. "Zu seinem Geburtstag vor 2 Jahren". Ich nicke leicht. Meine Gedanken driften in eine andere Richtung. Ich lehne mich an die Wand und mustere Val. "Worüber denkst du nach?" fragt sie prompt. "Nur über uns alle". Val legt den Kopf leicht schief. "Was heißt das?" Ich kann nicht anders als lächeln. "Nur, dass ich richtig froh bin, hier zu sein". Wir lächeln einander an und umarmen uns. "Lass uns den Tisch decken, sonst ist Ash vorher mit dem Essen fertig".

***

Nachdem Essen, das Ash für uns gezaubert hat, verkünde ich: "Ich mache den Abwasch". Ich sammle die Teller ein und lasse Wasser in die Spüle laufen. "Ich hab noch was für morgen zu erledigen", verabschiedet sich Val und marschiert in ihr Zimmer. Ash und ich bleiben allein zurück. "Es war vorhin übrigens nicht fair", sage ich mit dem Rücken zu ihm. "Was war nicht fair?" Dem Klang seiner Stimme ist zu entnehmen, dass er das sehr wohl weiß. Es gefällt ihm allerdings besser, mich zappeln zu lassen. "Dass du mir den Orgasmus verweigert hast", erwidere ich ruhig und lasse mir nichts anmerken. Er hat mich fast nackt gesehen - da muss mir ja nichts mehr peinlich sein, oder? Ich denke nicht. "Soll ich fortfahren?" Seine Stimme ist ein raues Wispern, während er nah hinter mir steht. So nah, dass ich seine Brust an meinem Rücken fühlen kann. Ich erschauere wohlig. "Val ist da. Und wie soll ich mich dann bitte aufs Abspülen konzentrieren?" Ash lacht leise, tätschelt mir den Hintern. "In Ordnung. Aber ich bin noch nicht fertig". Er drückt die Lippen auf meinen Nacken und geht.
Als ich mit dem Abwasch fertig bin, gehe ich nach oben, um mir für den Abend etwas bequemeres anzuziehen als eine Jeans. Aber ich stoppe, als ich die Stimmen von Ash und Val vernehme. Ich sollte nicht lauschen, sie klingen, als wäre es privat. Ich lehne mich an die Wand und presse mir die Hand auf die Lippen, um keinen Laut von mir zu geben. "Du und Abby habt mit einander geschlafen, oder?" Val klingt vorwurfsvoll. Ich beiße mir auf die Lippe. "Haben wir nicht, Val. Du weißt, warum ich das nicht tue", entgegnet Ash. Er hört sich resigniert an. "Ich will weder dich noch Abby zu so jemandem machen". Val lacht auf, aber in dem Lachen ist nichts freundliches. "Zu was für jemanden? Jemanden, den du berührt hast? Ich muss dich enttäuschen, das hast du schon!" faucht sie verbittert. "Ich hätte dich nie berühren sollen, das weiß ich, aber es ist passiert. Ich kann es nicht mehr rückgängig machen". Ich kann sehen, wie Ash die Fäuste ballt. "Aber Abby berührst du so!" schreit meine Freundin. Ich muss ein erschrockenes Luft holen unterdrücken. "Das habe ich nicht", erwidert er kalt. "Lüg mich nicht an, Ash". Vals Stimme ist ein Flüstern. "Keine Lügen, keine Geheimnisse. Du hast mein Wort. Aber so kann es nicht weitergehen. Du weißt, was ich tue. Du weißt, was es mit den Menschen macht. Aber ich werde nicht akzeptieren, dass du mir Vorwürfe machst, ohne überhaupt Beweise zu haben". Ash hat die Arme vor der Brust verschränkt. "Wir können es uns nicht leisten, dass Abby was von diesem Drama mitbekommt", fügt er hinzu. Val nickt widerwillig. "Du hast mich schon mal belogen, Ash. Wie soll ich dir jetzt glauben, dass du die Wahrheit sagst?" Sie macht einen Schritt auf ihn zu und sieht zu ihm auf. Es ist ziemlich waghalsig von Val, denn Ash strahlt im Moment etwas dunkles, gefährliches aus. "Sei vorsichtig, Kleine. Wir wollen ja nicht, dass das Eis bricht, oder?" Die Drohung ist kaum verhohlen und meinen Körper wird eine Gänsehaut überzogen. Ash geht auf Val zu, ganz die Autoritätsperson. Es lässt sie zurückweichen, bis sie mit dem Rücken an der Wand steht. Jetzt ist ihr die Furcht ins Gesicht geschrieben. Meine beiden Freunde trennen nur wenige Zentimeter. Ash ragt über ihr auf und streckt die Hand nach ihr aus. Val presst sich gegen die Wand und wendet den Kopf ab. "Du solltest mich nicht wütend machen, Val. Das weißt du doch?" Seine Finger streichen sanft wie Federn über ihre Wange, dann tritt er zurück und kommt in meine Richtung. Ich sehe mich panisch nach einem Fluchtweg oder Versteck um, aber da ist nichts. Also erstarre ich an der Wand und sehe zu Ash auf. Sein Gesicht ist versteinert. Er packt mich und drückt mich gegen die Wand, schließt den Platz zwischen uns. "Du hast also gelauscht", flüstert er an meinem Ohr. Ash umschließt meine Oberarme. "Das solltest du nicht nochmal machen, Süße. Sonst könnte es sein, dass du etwas hörst, was du nicht hören solltest". Die Drohung lässt meine Knie weich werden, zumal sie aus dem Mund meines Kumpels kommt. Mir wird schlecht und ich gleite an der Wand hinab. Ash lässt mich los und wirft einen letzten Blick auf mein verängstigtes Gesicht, bevor er die Treppe hinabschreitet, zwei zitternde Mädchen zurücklassend. Das kann nicht wirklich passiert sein.

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⏰ Letzte Aktualisierung: Feb 24, 2019 ⏰

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