Manuel PoV
Jenny wirkt verletzt. Sie ist sehr stolz und tapfer und das bewundere ich unglaublich an ihr. Sie hat in den meisten Dingen soviel mehr drauf, als die meisten Männer, die ich kenne. Wieder huscht mir ein Lächeln über mein Gesicht, wie so häufig in den letzten Tagen, jedes mal wenn meine Gedanken in ihre Richtung gehen. Ich beginne zu begreifen, dass ich wahrscheinlich einen großen Fehler gemacht habe, sie mit zum Schloss zu nehmen. Aber ich konnte sie ja schlecht allein ihrem Schicksal überlassen.
Ich gebe den Befehl zur Rast. Wir sind jetzt schon so weit von der Grafschaft entfernt, dass ich keine Sorge um Jenny und ihren Bruder haben muss. Dieser elende Schweinehund. Ich würde ihm zutrauen, dass er uns gefolgt ist, nur um seinen absolut niederträchtigen Plan gegen Jenny durchzusetzen. Ich bin so froh, dass Pat das Gespräch des Grafen mit dem Hauptmann seiner Wachen mitbekommen hat und mich sofort gesucht und informiert hat.
Aufgeregt rannte Patrick auf mich zu und zog mich mit der Hand seines unverletzten Armes ein wenig von der Menschenmenge weg. Seine Stimme überschlug sich fast, als er mit seiner Erzählung begann. „Ich war gerade in der Burg auf der Suche nach etwas zu essen. Da habe ich den Grafen ziemlich böse schimpfen gehört." Ich unterließ einen dummen Spruch wegen seiner Verfressenheit, viel zu neugierig war ich, warum er so aufgebracht war. Dass der Graf vorhin schon recht ungehalten war, hatte ich ja mitbekommen. Und vielleicht konnte Pat mir jetzt den Grund liefern „Der Graf hat irgendwas davon gebrüllt, wie: Ich lasse mich doch von diesem verfluchten Bauernmädchen nicht komplett verarschen. Meint sie, ich erkenne sie nicht, nur weil sie sich Männersachen anzieht?" Fragend sah ich ihn an, bis bei mir langsam die Erleuchtung kam: Er war davon überzeugt, dass der letzte Schütze... Jenny, das Bauernmädchen war... und damit wäre sie ebenfalls Pats und meine Lebensretterin. Ich schüttelte meinen Kopf. So ganz konnte ich es nicht glauben. Aber die Statur und die geschmeidigen Bewegungen des Schützen... Aber Patrick war noch nicht fertig „Er sucht sie überall und will sie gegen ihren Willen verheiraten. Sie sind auf dem Weg zu ihrem Zuhause." In mir zog sich alles zusammen. Das konnte ich nicht zulassen. Welchen Grund auch immer der Graf hatte. Es war nur ein kleines Mädchen. Zwar ein sehr cleveres und rebellisches, aber alles in allem nur ein Mädchen. Was bitte konnte sie schon angestellt haben, dass er sich von ihr so bedroht fühlte? Aber für weitere Mutmaßungen blieb keine Zeit. Ich schickte Pat in den Stall der Burg. Er sollte unsere Pferde fertigmachen lassen, während ich mich auf die Suche nach Maurice und Micha machte. Und zum Glück kamen wir noch rechtzeitig am Bauernhaus an, bevor der Graf sie wirklich an den fiesen Metzger verschachern konnte oder ihr Stolz ihr ihren hübschen Kopf kosten würde.
Der Platz ist für ein Lager optimal. Auf einem kleinen Hügel ist hier eine seichte Mulde. So können wir die Gegend gut überblicken und werden gleichzeitig nicht sofort gesehen. Der Morgen dämmert langsam. Wir sind die ganze Nacht durch geritten und die Pferde haben sich eine Pause verdient. Ich schicke Maurice und Micha Holz für ein Feuer holen und Pat soll sich mit dem kleinen Bauernjungen um die Pferde kümmern. Ich durchsuche unser Gepäck, aber außer etwas trockenem Brot und ein wenig Obst haben wir nichts zu essen dabei. Das wird ziemlich knapp, wir werden jagen müssen. Und als hätte Jenny meine Gedanken erraten, nimmt sie ihren Bogen und geht den Hügel hinunter. Ich schnappe mir ebenfalls den Bogen von Pat und folge ihr leise. Schon nach kurzer Zeit haben wir einige Tauben und Rebhühner erlegt. Es ist immer noch erstaunlich für mich, wie gut sie mit dem Bogen umgehen kann. Auf dem Rückweg nimmt sie noch ein paar Beeren und Pflanzen mit. Skeptisch frage ich „Bist du dir sicher, dass man die essen kann." Ohne aufzuschauen erwidert sie „Ja, klar. Ich habe alles über Heilpflanzen und essbaren Pflanzen gele..." Sie stockt kurz und sieht mich erschrocken an, dann spricht sie weiter „...gelernt. Ich habe alles darüber von meiner Mutter gelernt." Ihre Wangen haben einen leichten Rotstich und ich beobachte sie skeptisch. Warum kam sie ins Stottern? Irgendwas verheimlicht sie doch. Aber fragen kann ich sie nicht, denn sie ist schon wieder bei den anderen und beginnt das Geflügel für die hungrigen Männer zuzubereiten.
Als alle gegessen haben, seufzt Pat selig und grinst in Jennys Richtung „Du hast dich wieder selbst übertroffen. Ganz ehrlich, dich würde ich wirklich heiraten." Ich werfe ihm einen vorwurfsvollen Blick zu. Er soll doch nicht wieder mit seinem Blödsinn anfangen. Aber Jennys Konter bringt alle zum Lachen „Patrick. Sei vorsichtig, ich könnte deinen Antrag beim nächsten Mal auch einfach annehmen." Sie grinst ihn zuckersüß an. Und auch wenn ich vor Lachen losprusten muss, wegen Pats überraschtem Gesichtsausdruck... Der Gedanke gefällt mir gar nicht...
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Hier für Michelle die Erklärung, woher Manu wusste, dass Jenny seine Lebensretterin ist ^^ Die ganze Wahrheit, warum der Graf so schlecht auf sie zu sprechen ist, wird aber erst im Laufe der Geschichte aufgeklärt :D
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Der Prinz und das Bauernmädchen | GLP | Freedomsquad
FanfictionJenny ist ein 16jähriges Bauernmädchen. Sie lebt mit ihrer Familie in einem kleinen Dorf, was von einem tyrannischen und geizigen Grafen regiert wird. Nach dem Tod ihrer Mutter übernimmt sie die anfallenden Hausarbeiten und hilft bei der Ernte. Aber...