Wettkampf

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Manu PoV

Ich stehe am Fenster meines Gästezimmers in der gräflichen Burg und starre hinaus. Der Himmel beginnt sich langsam rosa zu färben, weil gerade die Sonne aufgeht. Wieder habe ich kaum geschlafen und es letztendlich aufgegeben. Viel zu viele Gedanken halten mich davon ab zur Ruhe zu kommen. Einige handeln noch immer von dem Überfall im Wald, bei dem ich beinahe Pat verloren hätte. Micha und Maurice hatte ich aufgetragen sich nach einem jungen Bauern um zu sehen, der vielleicht unser geheimnisvoller Retter gewesen sein könnte. Ich konnte ihn gut beschreiben, er war sehr mager und auch bestimmt einen halben Kopf kleiner als ich gewesen. Bedauerlicherweise hatte er eine Kapuze tief ins Gesicht gezogen, so dass ich nicht sagen kann, wie er weiter aussieht. Aber bisher war ihre Suche erfolglos. Vielleicht kommt er ja auch gar nicht aus diesem Dorf hier. Aber das nächste ist mindestens zwei Tagesreisen zu Pferd von hier entfernt. Als der Graf das mitbekommen hat, hat er mir seine Unterstützung angeboten, aber ich habe dankend abgelehnt. Er ist mir nicht sehr sympathisch seit dem Moment, als ich ihn das erste Mal sah.

Wir kamen mit dem Karren an der Burg an und der Bruder des Bauernmädchens half mir noch dabei Pat vom Wagen zu wuchten. Der Vielfraß ist nämlich echt nicht gerade leicht. Aber der junge Bauer war groß und kräftig und es schien für ihn keine Mühe zu machen. Die beiden hatten wirklich eine großzügige Belohnung verdient und ich wies den Grafen an, dem Jungen einige Silbertaler zu geben. Der Blick des Grafen hätte mich beinahe getötet, aber natürlich tat er was ich von ihm verlangte. Aber der Bauernjunge lehnte eine Bezahlung strickt ab. Seine Schwester würde das nie gut heißen. Für sie ist es selbstverständlich in der Not zu helfen. Zufrieden steckte der Graf seine Silberlinge wieder ein. Und der nächste Satz von ihm brachte mich zum Kochen „Deine Schwester, hm? Ist sie nicht 16 geworden? Wird jetzt auch mal langsam Zeit, dass sie verheiratet wird. Ich werde in den nächsten Tagen mit deinem Vater sprechen." Ich sah, dass auch Flori, wie er von seiner Schwester liebevoll genannt wurde, sich beherrschen musste seine Wut zu unterdrücken. Aber unterwürfig nickte er nur.

Und das sind die anderen Gedanken, die mich nicht schlafen lassen wollen. Es durfte mich normalerweise nichts angehen, was mit dem Bauernmädchen geschieht, aber irgendwie missfällt mir der Gedanke, dass sie in den Armen eines Anderen liegt. Und vor allem denke ich, dass sie es auch nicht glücklich macht. Ich hatte sehr wohl ihr geschocktes Gesicht bemerkt, als Pat den Scherz über die Heirat gemacht hat. Deshalb hatte ich auch sofort klar gemacht, dass er es nie so meint. Ihre Augen, die eine sehr eigenartige Mischung aus blau und grün haben und je nach Lichteinfall ihre Helligkeit änderten, werde ich nicht vergessen. Ich atme genervt aus. Ich muss sie endlich aus meinem Kopf bekommen. Sie ist nur ein Bauernmädchen und es ist ihre Aufgabe einem Mann zu dienen. Ändern kann ich daran sowieso nichts.

Der Graf hat mir zu Ehren ein Ritterturnier organisiert. Nichts langweilt mich mehr auf dieser Welt, aber ich will ja nicht unhöflich erscheinen. Micha und Maurice haben ihren Spaß daran und es ist auch eine ganz gute Übung für den Ernstfall, also warum nicht? Pat hat sich gut erholt und die Wunde hat sich nicht entzündet. Das Mädchen hat gute Arbeit geleistet und wieder geistert sie durch meinen Kopf.

Unbeteiligt verfolge ich das Geschehen. Nach den Kämpfen der Ritter, die Maurice gewonnen hat, folgt ein Wettschießen. Es ist an Langeweile kaum zu übertreffen. Aber die Ankündigung des Grafen lässt mich aufhorchen„Liebe Wettstreiter. Zum Abschluss dieses schönen Turniers kommen wir zum Bogenschießen. Und ich habe einen besonderen Preis für den Gewinner dieser Disziplin: Er bekommt die schöne Bauerntochter von unserem Kartoffelbauern zur Frau" Mir gefriert mein Blut in den Adern. Wie kann er es wagen? Sie hat ein Recht darauf selbst einen Mann zu finden, den sie liebt und dem sie vertrauensvoll ihr Leben anvertrauen kann. Sie ist keine Ware, die hier dem nächstbesten Tölpel angeboten werden kann. Natürlich weiß ich, dass es voll und ganz sein Recht ist, so über seine Lehnbauern zu bestimmen, vor allem wenn es um eine junge Frau geht. Aber alles in mir sträubt sich bei dem Gedanken daran. Ich rufe Micha und Maurice zu mir und befehle ihnen sich an dem Wettkampf zu beteiligen. Leider sind beide nicht die besten im Umgang mit dem Bogen. Pat hätte da weitaus bessere Chancen zu gewinnen, aber mit seinem verletzten Arm kann er keinen Bogen spannen und mir ist es untersagt mich an solchen Wettkämpfen zu beteiligen. Meine Wut auf den Grafen ist grenzenlos.

Gespannt verfolge ich einen nach dem anderen Schützen. Bisher sieht es ganz gut aus. Micha hat seinen Schuss wirklich sehr präzise geschossen und ist bisher am nächsten an der Mitte dran. Nur noch zwei Teilnehmer, dann ist es ausgestanden und Jennifer frei. Beim Gedanken an ihren Namen überkommt mich wieder dieses eigenartige Gefühl, was ich verzweifelt versuche zu unterdrücken. Der vorletzte Schütze ist ein fetter älterer Mann mit groben Gesichtszügen und dicken Fingern. Und zu meinem Entsetzen trifft er besser als Micha. Am liebsten wäre ich aufgesprungen und hätte dieses lächerliche Schauspiel beendet, aber mir sind die Hände gebunden. Ich kann nichts machen. Ich bin ein Königssohn und muss mit ansehen, wie ein Mensch verspielt wird. Ich vergrabe mein Gesicht in meinen Händen, damit niemand sieht, wie sehr mich das gerade mitnimmt. Als der Letzte der Schützen jetzt hervor tritt geht ein leises Raunen durch die Menge und der Graf bricht in schallendes Gelächter aus „Dieser Winzling will sich mit den besten Schützen meines Landes messen. Der kann ja gerade mal den Bogen halten." Ich hebe meinen Kopf und ich glaube meinen Augen nicht zu trauen. Er ist es! Der Bauernjunge aus dem Wald. Pats und mein Lebensretter. Ich stehe von meinem Platz auf um besser sehen zu können. Die Kapuze tief ins Gesicht gezogen, steht er da und spannt den Bogen ganz durch. Der Pfeil findet seinen Weg und wie ich es nicht anders erwartet habe: Genau ins Schwarze. Ich kann einen Jubelruf nicht unterdrücken, was mir einen verständnislosen Blick des Grafen einhandelt. Dieser kleine Junge hat gewonnen. Doch bevor ich Maurice oder Micha ein Zeichen geben kann, dass sie ihn zu mir holen, drängt er sich durch die erstaunte Menge und läuft weg. Der Graf neben mir tobt vor Zorn.

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Ich bin heute echt fleißig, oder? Viel Spaß beim Lesen und vielen vielen Dank für eure Bewertungen und Kommis <3 Das motiviert echt gerade voll schnell weiterzuschreiben <3

Der Prinz und das Bauernmädchen | GLP | FreedomsquadWo Geschichten leben. Entdecke jetzt