Kapitel 4

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Freunde sind Menschen, die dir nicht den Weg zeigen,
sondern ihn einfach mit dir gehen.

Im Kino stellte sich Nick alleine an, um die Karten zu kaufen, da Finley noch einmal auf die Toilette wollte. Als er fast schon an der Reihe war – vor Nick standen nur noch zwei Mädchen in seinem Alter und eine Oma mit ihrem Enkelkind – stieß ihn jemand freundschaftlich von hinten gegen die Schulter. Er drehte sich um – und es war Carter, hinter dem sich drei seiner Freunde versammelt hatten, wahrscheinlich die drei, mit denen er vorhin im Auto gesessen hatte. Obwohl zwei der vier Jungs ihre Arme vor der Brust verschränkt hatten, hatte die Situation nichts Bedrohliches, sondern war eher etwas merkwürdig und seltsam ungewohnt, denn außerhalb der Schule redeten Nick und Carter eher wenig.

„Ihr auch hier?", stellte Carter belustigt fest, „Ich hätte es mir denken können. Welchen Film wollt ihr schauen?"

„Die unglaublichen Abenteuer von Bella", erwiderte Nick und deutete zu dem stummen Fernseher, der über dem Kartenverkaufsstand von der Wand hing, „da oben läuft gerade die Vorschau."

Alle Jungs sahen skeptisch zu dem Bildschirm, wo zu sehen war, wie ein braunweißer Hund durch einen Wald streifte und nach einem Schnitt von einem jungen Pärchen gestreichelt wurde. Unten in der Ecke konnte man das kleine ‚FSK 6'-Zeichen erkennen.

„Ein Kinderfilm?", fragte dann einer von Carters Freunden perplex und fuhr sich mit einem sommersprossigen Arm durch die roten Haare, „dein Ernst Nick?"

Nick zuckte nur mit den Schultern.

„Wir wollen Glass gucken", verkündete Carter, „du weißt schon, der Film, wo der eine Typ 30 Persönlichkeiten hat. Der mit den drei Durchgeknallten Typen. Wenn ihr wollt, könnt ihr ja mitkommen, noch sind die Tickets nicht gekauft."

„Ich glaube nicht, dass Finley so ein Film gefallen würde", gab Nick ehrlich zu, „vielleicht ein anderes Mal."

„Du willst wirklich lieber mit dem einen Kinderfilm gucken?", hakte ein afroamerikanischer Freund von Carter mit dem Spitznamen Kenny perplex nach, „Das ist doch voll öde."

„Finley ist mein bester Freund", berichtigte Nick und warf Kenny einen tödlichen Blick zu, „und ja, ich gucke lieber Kinderfilme mit meinem besten Freund als ihn in einen Film zu schleppen, den er scheiße findet."

Kenny hob abwehrend die Hände, doch bevor er etwas sagen oder sich entschuldigen konnte, rief der Kassierer hinter Nick:

„Der Nächste bitte!"

Nick drehte sich um und orderte zwei Tickets für den Hundefilm, ohne mit der Wimper zu zucken. Hinter sich hörte er ein verächtliches Schnauben, als er gerade sein Portemonnaie wegsteckte. Verärgert drehte Nick sich um.

„Hat jemand von euch ein Problem?", giftete er los und während Carter und zwei andere sofort die Köpfe schüttelten, verschränkte der Rothaarige Typ die Arme vor der Brust. Er war ziemlich schlaksig, sein weißes T-Shirt schlackerte an dem dünnen Körper und aus den Ärmeln ragten dürre Arme und Beine voller Sommersprossen.

„Dein Kumpel ist so ein Baby", behauptete er, „Kinderfilme, also wirklich. Und dann ist der ja auch noch zwei Jahre älter. Warum gibst du dich überhaupt mit ihm ab?"

„Weil ich ihn gerne mag!", zischte Nick mit einem aggressiven Unterton und baute sich vor dem Rothaarigen auf, obwohl dieser bestimmt 15 Zentimeter größer war als Nick, „reicht dir das als Antwort?"

„Nein", entgegnete der Sommersprossige frech, „weißt du, eigentlich könntest du bestimmt ganz cool sein, wenn du nicht immer mit diesem zurückgebliebenen Idioten zusammenstecken würdest."

„Sag das noch mal", drohte Nick.

„Ich sagte, du wärst ganz cool", grinste der andere süffisant, „wenn du nicht immer mit diesem zurückgebliebenen-..."

Bevor der Rothaarige seinen Satz beenden konnte, hatte Nick ihn am Kragen gepackt und den Größeren zu sich nach unten gezogen, die freie Hand zur Faust geballt und zum Schlag erhoben.

„Beleidige noch einmal Finley und ich schwöre dir, du wirst es bereuen!", zischte Nick, „willst du ein blaues Auge, hm?!"

„Hey!", rief plötzlich einer der Mitarbeiter des Kinos und kam im Eilschritt auf die Gruppe der Jungen zu, „Was macht ihr denn da?"

„Ich warne dich!", hauchte Nick noch, dann ließ er den Rothaarigen los und ging eilig in Richtung der Toiletten davon, wo ihm Finley entgegenkam.

„Alles okay?", wollte er wissen, „wieso hast du so ein rotes Gesicht?"

Nick seufzte nur, legte einen Arm um Finley und hielt ihm die Kinokarten hin.

„Ist nicht so wichtig", wiegelte er ab, „Lass uns schon mal in den Kinosaal gehen, der Film fängt in fünf Minuten an."

„Was ist mit Popcorn?", wollte Finley wissen, „hast du schon welches gekauft?"

„Nein, noch nicht", gab Nick zu, „ich kann jetzt aber welches holen. Willst du mitkommen oder dich schon hinsetzen?"
„Ich setz mich schon hin", überlegte er, „kannst du mir eine Apfelschorle mitbringen?"

„Geht auch Wasser oder Fanta?", hakte Nick nach, „ich weiß nicht, ob sie hier Apfelschorle haben."

Finley nickte nur kurz, dann betrat er aufgeregt den Kinosaal.

Als sie zehn Minuten später nebeneinander vor der Leinwand saßen und die Werbung begann, fiel Nick ein, dass Carter ihn auf die Party eingeladen hatte – ihn und mehr oder weniger auch Finley.

„Du Finley", zischte er, „Carter hat dich und mich auf eine Party am Freitag eingeladen. Wenn du möchtest, können wir zusammen hingehen."

„Ich weiß nicht", Finley zuckte skeptisch mit den Schultern, „muss ich?"

„Nein, natürlich nicht", beruhigte ihn Nick, „wenn du nicht willst, dann musst du nicht. Ich kann auch alleine gehen."

„Ich mag Carters Freunde nicht", gab Finley zu, „Peter, der mit den roten Haaren, hat mich schon mal geschubst."

„Ich weiß", entgegnete Nick nur und konnte nicht verhindern, dass ihm ein leises Grollen über die Lippen kam, „wenn er nochmal sowas macht, dann sag mir Bescheid und ich kümmere mich darum."

Nick verschwieg, dass er und Peter sich bereits fast geprügelt hatten und dass er auch nicht mit dem Rothaarigen reden, sondern ihm wahrscheinlich sofort eine dengeln würde.

„Das heißt, du gehst nicht zur Party?", hakte Nick zur Sicherheit noch einmal nach.

„Nein, geh du einfach alleine", Finley starrte gebannt auf den Bildschirm, „und jetzt pscht, der Film fängt an."

friend (boyxboy) || DEWo Geschichten leben. Entdecke jetzt