Kapitel 2

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Er öffnete die Tür zu seiner Wohnung und machte das Licht an. Aber es war trotzdem nicht viel heller. Dieses gedämpfte Licht war Alltag in seiner Wohnung. Er legte die Lottoscheine zusammen mit seinen anderen Zetteln mit den Rechnungen auf den Tisch im Wohnzimmer, das gleichzeitig auch seine Küche war. Dann ging er zum Kühlschrank, um sich einen Wein herauszuholen und setzte sich damit an den Fernseher.

Gegen Abend ging er ins Bad und betrachtete sich im Spiegel. Raiden ärgerte sich über seine Falten im Gesicht, obwohl es nur wenige waren. Aber er sah älter als 43 aus.
Dann zog er seine Klamotten aus und stieg in die mit Wasser gefüllte Badewanne. Er nahm sich Zeit, denn er hatte ja nur sich. Er hatte keine Familie. Und seine Eltern lebten schon lange nicht mehr. Aber daran wollte er jetzt nicht zurückdenken. Er wollte sich nicht mit seiner Vergangenheit beschäftigen, sondern in die Zukunft schauen. Also schloss er die Augen und entspannte sich.
Leute, die ihn halbwegs kannten, würden sagen, er wäre ein aufgeschlossener Mensch. Aber manchmal verhielt er sich seltsam. Dieser Mensch war er nur in der Öffentlichkeit. Eigentlich war er ein Einzelgänger, der sich nicht gerne in großen Menschenmengen aufhielt und er war einsam. Sehr einsam sogar. Größtenteils hielt er sich zu Hause oder in dem Lokal auf. Das Dorf verlies er fast nie, nur, wenn er zum Psychologen ging. Einmal in der Woche, jeden Freitag.
Raiden Schulze war immer umgeben von dieser Stille. Genau wie jetzt. Er hörte nichts außer seine Atemzüge.

Plötzlich vernahm er ein Klopfen und er zuckte zusammen. Seine Augen öffneten sich ruckartig und erst dachte er, er hätte sich das nur eingebildet.
Jetzt umgab ihn wieder Stille. Er beschloss noch ein paar Minuten in der Badewanne zu bleiben, dann stieg er heraus, trocknete sich ab, zog sich an und ging in sein Zimmer.

Da war es wieder, dieses Klopfen. Diesmal war er sich sicher, dass es vom Eingang der Wohnung kam. Komisch! Vorher hatte er das Gefühl, das Klopfen käme aus einer anderen Richtung. Aber egal! Er begab sich zur Tür und öffnete sie.
Davor stand eine kleine alte zierliche Dame. Sie war fast zwei Köpfe kleiner als er.

"Hallo!", begann sie.

"Hallo! Haben sie vorhin schon einmal geklopft?", fragte Schulze sie.

"Ähm, nein? Sie können das nicht machen!" Die Dame wurde wütend und zog einen Zettel hervor, auf dem stand: Ich komme dich holen. Genieß deine letzten paar Tage R. S.

"Das hat meine Enkelin gestern unter ihrem Kopfkissen gefunden ! Können sie mir mal sagen, was das soll? Sie haben sie zu Tode erschrocken. Damit könnte ich zur Polizei gehen! " Sie funkelte ihn böse an.

"Was? Dieser Zettel stammt nicht von mir. Das muss ein Fehler sein. Und außerdem habe ich sie hier noch nie gesehen, hier in diesem Gebäude. Und auch sonst nirgendwo. Er ist eine Frechheit, mir so etwas vorzuwerfen. "

"Wer war es dann? Das sind Ihre Initialen: R. S. Hören Sie mir zu! Egal, ob Sie das waren oder nicht. Sie werden meiner Enkelin kein Haar krümmen, haben Sie verstanden?!", schrie sie.

Was für eine Frechheit! Das wollte er sich nicht länger anhören lassen, also schlug er ihr die Tür vor der Nase zu.

Das Klopfen - du kannst nicht entkommenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt