Einer der Gründe, dass wir umzogen mussten war, dass meine Mutter in der neueröffneten Pariser Oper auftreten sollte. Und darauf hatte sie sich sehr gefreut. Nichts hatte sie sich sehnlicher gewünscht, als einmal in ihrem Leben in Paris aufzutreten. Und nun hatte sie die Chance, die sie mehr als verdient hatte. Ihr Gesang würde seinesgleichen suchen, wenn ich es nicht besser wüsste. Nun, natürlich hatten wir über die Gerüchte über dieses Opernhauses gehört und von der Legende, dass dort ein Phantom hausen sollte. Doch Gerüchte kümmerten mich wenig. Warum Gerüchte und Geschichten glauben, wenn sie ebenso gut erfunden und gelogen sein könnten? Nun wie dem auch sei.
Nachdem wir es uns in einer kleiner Wohnung eingerichtet hatten, so begleitete ich meine Mutter zur Oper. Sie würde dort vorsingen. Ich zweifelte kein bisschen, dass sie sie es schaffen würde. Und dennoch war sie aufgeregt. Aber ich versuchte sie zu beruhigen. Und je näher wir unserem Ziel kamen, umso ruhiger wurde meine Mutter. Ihre Aufgeregtheit legte sich schon bald. Und schon waren wir am Ziel. Das prachtvolle Gebäude sah von außen her wirklich beeindruckend aus. Der Architekt hatte da gute Arbeit geleistet. Wie wir sahen, waren noch einige kleine Arbeiten vorzunehmen, da Arbeiter und Handwerker Material und Gerüst in die Oper transportierten.
Wir wollten schon weiter gehen, als ein junger Mann mich ansprach: „Hey, du siehst kräftig aus, mein Freund. Kannst du uns beim anpacken helfen?“ Meine Mutter wollte schon etwas einwenden, doch ich stimmte bereits zu. „Keine Sorge, Mutter. Du kennst mich. Ich wünsche dir viel Erfolg beim Vorsingen, ich werde auf dich in der Eingangshalle warten.“ Sie nickte mir zu. Noch ein Küsschen auf die Wange und schon begab sie sich in das imposante Gebäude. „Ich bin Gerard. Und das sind Gordy, Jean-Pierre, Louis, Philippe, Joseph, Pierre und Simon.“ „Sehr erfreut. Womit kann ich euch helfen?“
„Hahaha! Tüchtiger junger Mann. Die Bretter dort. Die müssen hineingeschafft werden. Ich zeige dir den Weg. Du bist neu hier, nicht wahr?“ „Ja, ich und meine Eltern sind vorgestern erst hier eingezogen wissen Sie...“ „Haha... Humor hat der Junge. Hey, hier auf dem Bau sind wir nicht so förmlich, das ist so … fremd. Wir arbeiten eng zusammen also Förmlichkeiten gibt es hier nicht und einige von uns sind als Bühnenarbeiter für diese Oper tätig. Wie heißt du denn?“ Dieser Gerard sah in seinem verschmutzen Arbeiteraufzug verdammt heiß aus: schlanker Körper, blaugraue Augen und lange aschblonde Haare zu einem Pferdeschwanz gebunden. Aber daran durfte ich zunächst nicht denken. Um der Frage auszuweichen behaarte ich darauf endlich zu helfen. „Hehehe... solch fleißige Helferlein findet man selten weißt du? Na schön, Monsieur Geheimnisvoll. Wenn die Arbeit erledigt ist, verrätst du uns deinen Namen, ja? Wir beißen nicht.“
Er grinste mich an. Es stand ihm unausgesprochen gut. Aber er würde mich garantiert nicht hier arbeiten lassen, wenn er wüsste, dass ich eine Frau war. Ja, es hatte schon seine Vorteile so ein Mannweib zu sein. Die Arbeiten, die mich interessierten, waren nicht zwingend für Frauen gedacht. Naja Frauen arbeiteten normalerweise auch nicht außerhalb vom eigenen Heim. … Und somit half ich den Jungs und packte mit an.
Nach getaner Arbeit und in Schweiß gebadet legten wir eine Pause ein. Einer der Jungs, der Joseph hieß, verteilte Bier an uns und dankend nahm ich auch eine Flasche an. „Du bist ja noch stärker als wie du aussiehst, Junge.“ „Danke. Ich bin so was gewohnt, da ich als einzelnes Kind meiner Eltern meinem Vater immer half. Und um ehrlich zu sein, ich habe da meine Freude daran. Handwerklich bin ich nicht ungeschickt, wisst ihr.“ „Sieh an! Die besten Voraussetzungen hierfür. Möchtest du nicht bei uns anheuern? Die Bezahlung ist meist auch nicht so schlecht...“ Ich grinste nur.
Gerard stieß mich in die Seite und grinste mich ebenso an: „Nur nicht so bescheiden mein Freund. Natürlich kannst du dir das noch überlegen.“ „Ich fühle mich geehrt, meine Herren. Aber ich denke, dass das euer Boss nicht erlauben wird.“ Und wieder lachten die Jungs. So wohl habe ich mich schon lange nicht mehr gefühlt. Umso schader finde ich es, dass ich nicht bei ihnen arbeiten kann. „Celine.“ „Wer? Deine Freundin?“ „Nein, Jungs. Das ist mein Name.“ Jetzt musste schon ich lachen als ich die Gesichter der jungen Männer gesehen hatte. „Das ist doch ein Mädchenname, oder?“