Ruf der Vergangenheit

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Den ganzen Tag verbrachte Lumen damit, Patrick bei der Reparatur des Schuppens zu helfen. Nachdem er den Dach überprüft hat, ging er zurück nach Hause, wo er auf der Kreissäge die Bohlen schnitt, mit denen er die alten vermodernten Bretter ersetzten wollte. Mehrmals fuhren sie mit seinem Wagen dahin und dorthin, denn sie brauchten verschiedenes Werkzeug und mehr Bretter. Patrick war immer unzufrieden, obwohl Lumen vorkam, dass der Dach längst ganz in Ordnung war. Anstatt nur ein paar Bretter zu wechseln, hat er schließlich den ganzen Dach neu geschafft. Er war nicht groß, doch als sie fertig waren, war bereits der Abend. Patrick's verschwitztes Arbeitshemd klebte an seinem Körper und seine Haare waren von Sägemehl bedeckt. Er war erschöpft, doch seine tiefrote Wangen glühten und seine Augen strahlten, als er sein Werk begutachtete.

"Bist du immer so pedantisch?" fragte Lumen, nachdem er endlich den Hammer ablegte.

"Immer. Wenn ich etwas mache, muss es absolut perfekt sein. Meine Geschwister hassen mich dafür," grinste er spitzbübisch.

"Das kann ich vollkommen verstehen! Also deine Geschwister," fügte sie hinzu und sprang zur Seite, als er sie mit dem Kitzeln bestrafen wollte. Sie fingen an, sich über den Garten zu jagen, bevor Lumen's Oma sie störte.

" Woher nehmt ihr so viel Energie?" fragte sie lachend und ging zu den Schuppen, um den Dach zu beäugen.

"Was sagen Sie?" fragte Patrick zaghaft, als er ihrem kritischen Blick begegnete.  

 "Junge, dich hat mir der Himmel geschickt!" jubelte Lumen's Oma mit Tränen in den Augen und lud ihn ein zum Abendessen. 

Sie aßen im Garten, denn der Abend war angenehm warm und außerdem wollte Patrick ihre Küche nicht beschmutzen. Sie bombardierte ihn mit verschiedenen Fragen, die mehr oder weniger taktvoll waren, doch er beantwortete sie alle mit einer stoischen Ruhe und ohne Augenzwinkern. Zum Glück horchte sie nicht über Rosalie auf, sie fragte meistenteils auf seine Familie und sein Leben als ein Musiker.
Lumen warf ihm mitleidige Blicke, die er mit seinem Lächeln quittierte und hoffte, dass er mit einem verzweifelten Geschrei nicht davon laufen wird.

"Es tut mir leid, meine Kinder, aber ich muss zur Probe!" kündigte Oma nach dem Essen an. Patrick warf einen fragenden Blick zu Lumen.

"Meine Oma ist jetzt eine große Schauspielerin!" verriet sie ihm schmunzelnd.

"Ich habe von diesem Theaterstück etwas vernommen. Es ist gut, dass jemand so etwas macht. Wann gibt es die Premiere?" fragte er mit Interesse.

"Schon die nächste Woche," sagte Oma strahlend und fügte hinzu: "Ich bin so aufgeregt. Kommen Sie mal nachschauen?"

"Sehr gerne. Kommst du mit?" fragte er und wendete sich zu Lumen. Sie konnte ihren Ohren nicht glauben. Wer hat ihn gewechselt? Noch vor einigen Wochen hat er den gesamten Menschenkontakt vermieden und jetzt wollte er ins Theater gehen?

"Ja, türlich!" brach sie überrascht heraus.

"Verabredet! Lumen, räum das Geschir ab, ich muss mich beeilen. Auf wiedersehen Patrick, Sie sind ein Engel und ein Mann für die Heirat geschaffen! Glückliche die Frau, welche Sie auf ihrer Seite einmal haben wird!" merkte die Oma an, ehe sie die Zwei verliess.

Lumen sah Patrick verlegen an. Ihre Oma konnte sich einfach die letzte Bemerkung nicht verkneifen.

"Es tut mir leid, dass..."

"Lass es gut sein, Lu! Ich helfe dir mit dem Geschir," unterbrach er sie und fing an die Teller zu sammeln.
Lumen war auf ihre Oma sauer, dass sie nicht ihre Zunge im Zaum hielt. So ein schöner Tag war es und sie musste ihn mit einem Satz verderben. Später wird sie mit ihr darüber reden müssen.

Zwischen den ÄhrenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt