28. Kapitel

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Mit Koffer und Handtasche bewaffnet schritt ich auf unser Gleis und beobachtete wie der Zug einfuhr. Viel zu schnell, für meine Bedürfnisse. Luke trat neben mich und wie Automatisch lehnte ich mich an ihn an. Erstaunlich, wie nahe wir uns in der kurzen Zeit gekommen waren...
"Wir müssen rein...", murmelte Luke von meiner Seite und schaute mich Entschuldigend an.
Seufztend stemmte ich mich auf, regte mein Kinn nach oben und trat an den äußersten Rand, zur Maschine, um den Zug zu betreten.
Wir bewegten uns auf unsere reservierten Sitzplätze zu. Ich ließ mich neben einem älteren Mann plumpsen, der einen lustigen Schnauzer trug und fast keine Haare mehr auf dem Kopf hatte. Er schaute mich entrüstet mit seinen großen Augen an, wand seinen Blick dann aber wieder auf den alten Bahnhof.
Ich stütze meinen Kopf auf meine Hände ab und tat es ihm gleich. Paris hatte mir gut getan. Ich hatte lange nicht mehr dieses Gefühl gehabt, endlich einen freien Kopf zu haben. Es hat mir vielleicht das gegeben, was ich die ganze Zeit über gebraucht hatte. Vielleicht war es Luke, vielleicht war es das Gefühl allem zu entkommen. Aber vielleicht war es auch nur dämliche Einbildung.
Mit einem Ruck bewegte sich der Wagen plötzlich nach vorne und der Zug rollte aus der Station heraus. Nicht zurückschauen, Jade, ermahnte ich mich und richtete meinen Blick auf Luke, der mich ohne Scham musterte.
"Gehts dir gut?", fragte er vorsichtig. Sein Blick lag auf mir, fordernd und fragend.
Hastig nickte ich und lächelte.
"Ja, ja alles in Ordnung...", meinte ich, "Verging alles nur viel zu schnell...", fügte ich murmelnd hinzu, hoffte aber trotzdem würde verstehen.
Langsam nickte er. Seine Augen klepten immer noch an mir. Bloss seine Stirn lag nun in Falten.
"Mir gehts genauso...aber", er stockte. Ich konnte in seinen Augen lesen, dass er nach den richtigen Worten suchte, "Es war das beste Wochenende das ich je hatte."
Und das war das süßeste was ein Junge je zu mir gesagt hatte...
Augenblicklich verzogen sich meine Lippen zu einem lächeln. Ich wusste nicht so recht was ich antworten sollte, deshalb beließ ich es dabei.
Er wusste schon das mir dieses Wochenende etwas bedeutet hatte. Mehr als etwas, vielleicht.

"Nächste Station, Zeuen. Ausstieg in Fahrtrichtung rechts." Im ersten Moment war ich froh eine Deutsche Stimme zu hören, aber im zweiten wurde mir klar, wie sehr ich mich wieder in der Realität befand. Viel zu sehr.
"Ach komm, ein bisschen musst du dich auf zu Hause freuen.", meinte Luke schmunzelnd als er mein Gesicht sah.
Verbissen schüttelte ich den Kopf.
"Niemals...", seufzte ich und setzte meinen Koffer auf den Boden auf.
Luke zog seine Augenbrauen nach oben, beließ es aber dabei.
"Na ja also-", wollte ich anfangen, aber da trat Tya in mein Blickfeld und schon lagen die beiden Geschwister sich in den Armen. Sie war ja eigentlich mit mir in Paris gewesen und Luke holte nur netterweise seine kleine Schwester ab.
Betreten schaute ich weg. Ich war nicht Eifersüchtig. Auf jeden fall nicht so. Aber alleine die Tatsache, dass sie sich einfach so in der Öffentlichkeit Intimität zeigen durften, ließ mich kleinmütig.
Im nächsten Moment tauchte auch schon meine Mutter auf, die mich unbedingt abholen wollte. Hauptsächlich um mit Tya zu sprechen, wahrscheinlich. Sie mochte es, sich mit meinen Freunden zu unterhalten, wahrscheinlich erhoffte sie, dass ich bei ihnen erzählte was für eine tolle Mutter ich wohl hätte.
"Schatz!", rief sie und warf sich in meine Arme. Meine Brust zog sich zusammen, bekam ich überhaupt Luft?
"Hey Mom...", erwiederte ich kleinlaut und warf einen hilfesuchenden Blick zu Tya. Sie löste sich von Luke und zwinkerte mir zu.
"Frau Bogger, schön Sie wieder zu sehen!", schoss sie gleich drauf los und meine Mutter zog sich aus unserer Umarmung raus und richtetete sich zu Tya, um sie gleichdarauf zu erdrücken.
"Wir sind doch mittlerweile bei Du. Angelina, mein Name.", meinte sie und legte ihren Kopf schief.
Tya nickte. Ich schielte zu Luke, der sich ein Lachen verkniff.
"Natürlich.", antwortete Tya.
"Und wie war das Wochenende?" Meine Mutter richtete sich wieder an mich "Ach und der junge Mann lässt sich auf wieder blicken. Luke, richtig?"
Bevor ich etwas darüber erzählen konnte, wie aufregend alles war, meldete sich Luke zu Wort: "Schön auch Sie wieder zu sehen. Ja, meine Name ist Luke, ich bin hier um Tya abzuholen."
"Wie wäre es einfach, wenn ihr uns einen Besuch abstattet? Dann könnt irh ganz detalliert über Paris sprechen."
Einen Besuch? Nein. Der letzte war noch erträglich, aber...
"Unser Vater kommt heute wieder, ich weiß nicht-", wich Tya aus, aber meine Mutter ließ sich natürlich nicht iritieren.
"Dann kommt euer Vater eben mit. Dienstags, 18:00 Uhr bei uns.", meinte sie und ich blinzelte dreimal. Das war das schlimmste was eintreffen konnte überhaupt.
"Mama, vielleicht haben sie gar keine Zeit.", versuchte ich hastig zu sagen.
"Nein, nein, nein. Dann nehmt euch Zeit Kinder."
Tya und Luke schauten sich stirnrunzelnd an. Ihnen musste etwas einfallen! Musste, musste, musste...
"Wir kommen gerne.", sagte Tya plötzlich. Was? Sie wusste doch in welche Gefahr sie ihren Bruder da brachte?
Zu meiner Verwunderung stimmte Luke zu. Viel ändern hätte er eh nicht.
"Dann bis morgen.", verabschiedete ich mich bei Tya und Luke. Ich umarmete beide, wobei ich mich einfach nicht von Luke los reißen konnte.
"Tut mir leid. Schaffen wir das?", flüsterte ich ihm ins Ohr.
"Ja, wir finden eine Lösung.", antwortete er murmelnd und gab mir einen Kuss auf die Wange.
Anschließend führte mich meine Mutter zum Auto, um mich nach Hause zu fahren.



"Jade ist wieder daaaaa...!", rief Mama als wir unser Haus betraten. Papa und Chucky kamen her gelaufen. Wohleher Papa hergetrotet und Chucky fiel mir in die Arme.
"Hey süßer.", lachte ich ihn und drehte mich mit ihm freudig im Kreis herum. Aus den Augenwinkeln sah ich wie Mama Papa einen warnenden Blick zu warf. Wenn er wüsste was diesen Freitag mit mir passieren sollte, würde er mehr Interesse an mir zeigen. Oder? Er war doch mein Vater?!

Nach dem Abendbrot schleppte ich mich auf mein Zimmer und packte meine Sachen aus. Die meisten bestand eh aus Mitbringsel an meine Freunde - auch an Casie hatte ich gedacht, auch wenn ich mir am Wochenende eher keine Gedanken um sie gemacht hatte. Schuldbewusst kramte ich mein Handy heraus und öffnete Whats App.
14 Nachrichten in 5 Chats.

Casie hat sich gemeldet. Sie hat eine böse Erkältung - wegen dem Streit, solltest du vielleicht noch mal persönlich zu ihr kommen :) Sie kommt morgen übrigens wieder in die Schule
Wie war Paris?

Mir fiel ein Stein vom Herzen, als ich die Message las. Ich wollte meine beste Freundin so schnell es ging, wieder sehen, sonst würde ich keinen Tag mehr überleben. Okay, zwei Tage auf Garantie.

Die anderen Nachrichten waren von mehreren anderen Leuten, aber ich überflog sie nur und antwortete knapp, weil ich nur an Arthus Nachricht denken konnte.
Ich hatte mir etwas vorgenommen. Ich würde Casie alles sagen. Alles. Meine Vergangenheit, alles über Calvin und Calvie und über... Luke, obwohl mir das schwer fallen würde.
Es war war wichtig, das sie es erfuhr. Außerdem hatte sie vielleicht Beziehungstipps oder sie konnte mich einfach aufmuntern. Sie musste mir einfach verzeihen. Ich würde nicht wollen das Arthur sich zwischen uns entscheiden musste. Wir waren einfach eine Dreierclique - füreinander geschaffen und wir durften nicht so schnell auseinander brechen, nicht so schnell aufgeben.
Erschöpft ließ ich mich auf mein Bett fallen und machte mich daran die Bettdecke so gemütlich wie es ging, um mich zu schlingen. Ich schloss meine Augen und versuchte alle finsteren Gedanken zu verbannen.

Morgen würde ein langer Tag werden.



Sry, für kurzes Kapitel :/

lg

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