14. Fehlschläge und Hoffnungen

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"HUNK ACHTUNG, hinter dir!"
Schrie ich so laut ich konnte meinem Partner entgegen, der nur wenige Meter hinter mir stand.
Noch bevor der gelbe Paladin überhaupt reagieren konnte, stand der Galrasoldat auch schon hinter ihm, das Schwert bedrohlich über den Kopf gehoben und bereit es meinem besten Freund in den Rücken zu stoßen. Ohne darüber nachzudenken oder mir dessen bewusst zu sein, setzte ich meine Waffe an und schoss. Zielen musste ich schon lange nicht mehr, es war zu einem Reflex in meinem Bewusstsein und meine Waffe zu einem Teil meines Körpers geworden.
Ein kurzer, leuchtender Schuss und der Galra ging mit einem letzten erbärmlichen Schrei zu Boden und blieb regungslos liegen.
"Danke man." Entgegnete mir Hunk atemlos, als er leicht geschockt zwischen mir und dem Toten hin und her sah.

"Kein Ding." Antwortete ich knapp und schaute mich noch einmal in dem kleinen Raum um, ob sich nicht doch noch einer der am Boden liegenden Galrasoldaten bewegte. Auch wenn sie zu sechst in der Überzahl gewesen waren, hatten wir das Überraschungsmoment auf unserer Seite gehabt, als Hunk und ich in den Kommunikationsraum eingedrungen waren.
Es war auch nicht wirklich besonders schwer gewesen, die nur mit Schwertern bewaffneten Gegner auszulöschen und dennoch spürte ich keine Zufriedenheit oder Freude. Ich brauchte und wollte mehr. Also richtete ich meinen Blick wieder nach vorne zu meinem Partner, der gerade dabei war die Kommunikationsprotokolle der Basis in den Speicher seines Anzugs einzutragen.
"Wie lange brauchst du noch, wir müssen weiter?" Fragte ich ungeduldig und wand mich zur Tür. Wir hatten durch die notgedrungende Umstrukturierung des Plans sowieso schon zu viel Zeit verloren.
"Keine Sorge, ich bin sofort fertig." Das brachte mich zwar nicht gerade weiter und um ehrlich zu sein, hatte ich auch keine Lust noch weiter zu warten, während Lotors Soldaten wahrscheinlich schon längst in der Komandozentrale angekommen waren.
"Ich sichere schon mal den weiteren Flur." Ohne auf eine Antwort zu warten, setzte ich mich in Bewegung, brachte meine Waffe in Position und trat zur Tür.

Mit angehaltenem Atem schielte ich einmal nach links, in die Richtung, aus der wir gekommen waren, um sicher zu  gehen, dass uns niemand verfolgt hatte und trat hoch konzentriert und bereit zu feuern in den schwach beleuchteten Flur. Das dumpfe Geräusch der sich schließenden  Metalltür ertönte und ließ mich allein in der Stille, mit nichts außer meinem stätigen Herzschlag und meinen immer lauter werdenden Gedanken, die ich in den letzten Wochen immer weiter unterdrückt und ignoriert hatte.
Ich konnte einfach nicht über ihn und all das, was ich falsch gemacht hatte nachdenken. Am Anfang dachte ich noch, es würde irgendwann aufhören, dass die Schuldgefühle und die Albträume enden würden, wenn genug Zeit vergangen war. Doch ganz im Gegenteil, auch jetzt, eineinhalb Monate nach Keith's Tod wurde es jeden gottverdammten Tag nur noch schlimmer und schmerzhafter.
Immer wenn es still war, hörte ich seine Stimme, jedes mal, wenn ich die Augen auch nur für eine Sekunde schloss, sah ich ihn vor mir und jede beschissene Nacht spürte ich seine weiche, warme Haut auf meiner, bevor er mir selbst in meinen eigenen Träumen genommen wurde.

Mit einem leichten Schütteln versuchte ich meine Gedanken, die sich wie tausend blutsaugende Dämonen an meiner Seele festgesaugt hatten, zurück in die letzte Ecke meines Bewusstseins zu verbannen und mich wieder auf meine Mission zu konzentrieren. Ich durfte mich nicht ablenken lassen, es stand einfach zu viel auf dem Spiel und die derzeitige Situation im Krieg war schon schlimm genug.
Immer noch angespannt und bereit alles  abzuschießen, was dieses Flur betreten würde, blickte ich mich immer wieder um und versuchte zu hören, ob sich Gegner näherten oder nah waren. Die Tür im Rücken, richtete ich mich nach rechts, in die Richtung, in der unser Ziel lag, der Kontrollraum der kleinen Basis und scannte jeden Winkel des Flurs.
Begleitet von dem Drang zu kämpfen, zu töten und Rache an all denen zu üben, die mir ein Teil meiner Seele gestohlen hatten, spürte ich dieses angenehm, stechende Kribbeln durch jeden Muskel meines Körpers fahren, das mich wie besessen kontrollierte und einnahm. Die Wut war alles, was mich jeden Tag antrieb   aufzustehen, weiter zu machen und so viele wie möglich von dieser elendigen Rasse umzubringen. Sie hatten mir mein Leben genommen, dafür würden sie bezahlen. 

So wie ich bin.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt