So wie ich bin.

15. Mein Licht

So schnell ich konnte, rannte ich durch die, mit kaltem Licht gezierten, Gänge des Schlosses. Meine Jacke, die ich nur schnell am letzten Zipfel des Ärmels gepackt hatte, bevor ich losgestürmt war, flatterte wild wie eine Fahne hinter mir her. Der klirrende Ton des Reißverschluss, der ab und zu gegen das Metall der Wand schlug und das laute, harte Schlagen meines Herzens klang wie ein Rythmus in meinem Ohr und langsam hatte ich das Gefühl, ich würde mich wie abgestimmt im Einklang mit ihm bewegen.
Eigentlich hätte ich, als Shiro mich über die Lautsprecher zur Brücke geordert hatte, nicht losrennen müssen, da wir weder angegriffen wurden und er auch nicht in seiner typischen Befehls Stimme gesprochen hatte und dennoch hatte ich danach so ein merkwürdiges Kribbeln im Magen gespürt und wollte keine Zeit verlieren. Außerdem hatte mich die Durchsage mitten aus meinem Training gerissen und so war der Sprint durch die verwinkelten Flure des Schiffen wenigstens ein kleiner Ausgleich, für mein versäumtes Sportprogramm.
Kurz vor der Tür, die zur Brücke führte, wurde ich mit jedem Schritt langsamer und hatte endlich Zeit meine Jacke, die jetzt nur noch schlaff über den Boden schlurfte, mit einem festen Knoten um meine Hüfte zu binden. Direkt vor ihr, schoben sich die Metallplatten der mechanischen Tür zur Seite und mit einem tiefen Atemzug trat ich ein.
Eigentlich war alles wie immer, Pidge saß an ihrem Laptob, so wie sie es in letzter Zeit nur noch tat und Hunk, Shiro und Allura standen mit ernsten Minen vor dem Monitor, der zurzeit eine Karte des Sternensystems anzeigte, in der wir uns gerade befanden.

Alles wie immer, so wie es von Anfang an gewesen war. Nur der leere Platz, auf den ich immer noch jedes mal sah, um zu sehen, ob er ebenfalls hier war, die Arme vor der Brust verschränkt und mit einem Blick, als würde er am liebsten einen von uns umbringen wollen, war immer wieder aufs Neue wie ein Schlag ins Gesicht. Schon lange wusste ich nicht mehr, ob die Kälte und der dicke schwarze Nebel in meiner Brust Wut oder Trauer war, oder ob es überhaupt nur noch ein Gefühl und kein eigenständiges Wesen war, das mich von innen heraus auffressen und zu Grunde richten würde, wie ein ekelhafter Parasit.
"Ah Lance, da bist du ja." Ich hatte gar nicht gemerkt, dass ich bereits weitergelaufen und schon in der Mitte des Raumes angelangt war, bis mich Shiros Stimme glücklicherweise aus meinen Gedanken riss, bevor ich noch tiefer darin versinken konnte.

Ich hatte zwar keine Ahnung, warum ich genau hier war, aber allein die Tatsache, dass alle Anwesenden bis gerade noch in ihre Arbeit vertieft waren, reichte aus, um zu wissen, dass es um ein weiteres langweiliges Meeting ging. Also stellte ich mich stumm neben meinen besten Freund und versuchte meine Konzentration auf das zu richten, was gleich kommen würde.
Die Blicke der drei Pladine vor mir, die trotz all ihrer Versuche nicht aufzufallen, mit Sorge gefüllt waren, ignorierte ich gekonnt, so wie ich schon seit fast zwei Monaten tat. Ich hatte einfach keine Lust mehr auf die Frage, wie es mir denn geht würde zu antworten, oder von allen zu hören, dass ich immer mit ihnen reden könnte, wenn ich es denn wollen würde.

"Also dann, lasst uns anfangen." Die Prinzessin durchbrach als erste die unangenehme Stille, die sich zwischen uns gebildet hatte und brache damit alle Anwesenden wieder auf das Wesentliche zurück.
"Lance, ich hoffe, du kannst dich noch an das Meeting nach der Befreiungsmission der Ambroxianer vor drei Tagen erinnern?" Fragte Allura mich auffordernd, mit einem Unterton, der deutlich machte, dass sie ein Nein nicht akzeptieren würde. Mich jedoch beeindruckte das schon lange nicht mehr, also wand ich mich gelangweilter von der Sternenkarte ab, um sie anzusehen.
"Du meinst das, als ihr uns gesagt habt, dass ihr drei einen Pailsender, der bei Scans nicht erkennbar ist, an Lotors Hauptschiff angebracht habt, während Hunk und ich beinahe drauf gegangen wären?" Antwortete ich ihr teilnahmslos mit einer ironischen Gegenfrage und erntete dafür einen tadelnden Blick von dem schwarzen Paladin, der mich jedoch völlig kalt ließ.

Als wäre es ein Witz gewesen lächelte mich Allura nur mit einem Hauch von Reue an und öffnete mit einem kleinen Knopfdruck eine neue Karte im Sternensystem.
"Ja genau, mein Sensor hat einen einprogrammierten Tarnungscode, der sich an jeden Scanner anpassen kann." Ertönte es plötzlich hinter mir, als der grüne Paladin, immer noch mit ihrem Laptop in der Hand, neben mir auftauchte und dabei noch genauso fixiert auf den Bildschirm starrte, wie zuvor. Mit hochgezogenen Augenbrauen musterte ich nun, wie alle anderen, die Karte und den darauf abgebildeten Kurs und bekam langsam eine leichte Vorahnung, worauf dieses Meeting hinauslaufen würde.
"Wie ihr euch wahrscheinlich schon gedacht habt, ist dies der bisherige Kurs," Mit einem leichten Winken, deutete Pidge auf den rotleuchtenden Streifen, der wie ein Faden einmal durch das gesamte Sternenbild fuhr.
"Den Lotors Schiff bis jetzt zurück gelegt hat. Genau vor vier Stunden hat es dann zum ersten mal einen Stopp eingelegt, dort auf dem Planeten Brrr." Wieder unterbrach der grüne Zwerg ihren Vortrag, um erneut auf ihrem Laptop herum zu tippen und nun ein genaues Bild von dem Planeten mit dem komischen Namen und der sich darauf befindlichen Basis auf den Schirm zu rufen. "So weit ist das nichts Auffälliges, da die Basis, laut einem Spion der Klinge von Mamora, nur als Lager und kleiner Außenposten dient." Erneut erschien neben den Bildern des großen Metallgebäudes eine Liste mit allen wichtigen Informationen, die mich jedoch herzlich wenig interessierten, da ich mir sicher war, dass eine einfache Lagerungsbasis, die es zu Hunderten im All gab, nicht der Grund war, warum wir uns fast alle außer Corran, der bei den Ambroxianern auf der Krankenstation war, versammelt hatten. Und allein Alluras Blick, der auf einen Schlag noch ernster geworden war, als zuvor, verriet mir, dass ich Recht hatte.
"Dennoch sind Pidge, Shiro und ich stutzig geworden. Normalerweise benötigen Schlachtschiffe, um ihre Ressourcen wieder aufzufüllen, nie mehr als zwei Stunden." Mit einem auffordernden Blick, so als ob wir das alles schon längst wissen müssten, machte sie eine dramatische Pause und sah einmal in die Runde.
"Doch Lotors Hauptschiff hat seinen Kurs erst vor wenigen Minuten wieder aufgenommen und somit zwei mal so lange gebraucht, wie andere Galraschiffe." Auch wenn es ein wenig kleinlich war, wegen so etwas gleich Verdacht zu schöpfen, musste ich zugeben, die Prinzessin hatte Recht. Gerade eine Rasse, wie die Galra, die beinahe das gesamte Universum erobert hatten, würden höchstwahrscheinlich weder Zeitpläne, noch gegebene Anweisungen ignorieren, oder sich für irgendetwas Zeit lassen.