Teil 8

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Oliver

Ihre Worte holten mich vollends wieder zurück. Was war gerade passiert? Verwirrt schüttelte ich leicht den Kopf. „Nein." war alles was mir gerade dazu einfiel. Sie guckte mich empört an. „Du solltest nicht aufgrund von Vermutungen entscheiden, sei weise und kläre alle offenen Fragen." Mit flehendem Blick schaute sie mich an. Sie lag nicht falsch.

„Meine Luna hat Recht. Ich werde den Sachverhalt überprüfen lassen. Wir treffen uns in zwei Tagen wieder hier." „Wir haben keine Zeit für die Zweifel einer Frau, die anscheinend noch nicht lange bei euch ist. Je länger wir warten, umso mehr werden sterben!" versuchte er mich aufgebracht umzustimmen. Dachte er, ich würde mich unter Druck setzen lassen?

„Geht nun." knurrte ich die Beiden an. Unzufrieden und wütend verließen sie den Raum. Als ich die Eingangstür zuknallen hörte wandte ich mich an meine Mate. „Erklärung." sagte ich höchst frustriert.

„Ganzer Satz." war ihre widerspenstige Antwort. Wie sie da mit verschränkten Armen vor mir stand, wollte ich sie am liebsten übers Knie legen. Kurz schüttelte ich mich und versuchte mich wieder etwas zu entspannen. „Bitte erkläre mir, was hier gerade passiert ist."

Sie wirkte zwar besänftigt, fing jedoch nicht an zu sprechen. Ihr Blick ging an mir vorbei zu den zwei anderen Werwölfen, die das ganze Gespräch mit angehört hatten. Dann folgte ein Räuspern von der Tür und Finn tauchte auf. „Mich würde auch interessieren, was hier gerade geschehen ist."

Alle sahen meine Mate erwartungsvoll an. Ergeben seufzte sie und setzte sich hin. Nachdem sie ihre Beine angezogen hatte und ihren Kopf darauf ablegte, guckte sie mich traurig an. „Ich weiß, ihr glaubt mir nicht. Ich würde mir an eurer Stelle wahrscheinlich auch nicht glauben, aber ich kenne die Zukunft. Ich weiß, was passieren wird und ich möchte nicht, dass auch nur ein Einziger von euch stirbt, nichtmal du Finn." Sie guckte so unglaublich unglücklich, dass ich mich auf den Stuhl neben sie setzte und sie auf meinen Schoss hob.

„Was soll dieser Mist? Sterben? Du denkst, wir sterben?" Finn klang sehr skeptisch, und trotzdem schien die ehrliche Traurigkeit meiner Mate auch seine Eisschicht langsam zu schmelzen. Da die anderen noch nicht wussten, was Disi mir gestern Abend anvertraut hatte, fasste ich es für sie kurz zusammen. Den Tod ihrer Freunde ließ ich dabei lieber aus, ich wollte Sie nicht wieder weinen sehen.

Als ich alles erzählt hatte, fing Finn an zu lachen. Er konnte manchmal echt ein unsensibles Arschloch sein. Wahrscheinlich hätte ich ihn schon längst härter bestraft, wenn ich den Grund nicht gewusst hätte. Vor zwei Wochen, als wir den ersten Menschen auf unseren Gebiet auflasen, da hatte Clara, seine Schwester sich um diesen Menschen gekümmert. Zu spät bemerkten wir, dass dieser Clara nach und nach mit Silber vergiftete. Clara überlebte es nicht. Finn war daran zerbrochen, auch wenn er es versuchte zu verstecken.

„Du glaubst doch nicht diesen Scheiss, den Sie da von sich gegeben hat, oder?" fragte er direkt an mich gewandt. Seine Augen funkelten vor Wut. Ich hatte ihr gesagt, das ich ihr glaubte, doch tat ich es wirklich? Ich schaute ihr tief in die traurigen Augen, erinnerte mich an ihre Tränen gestern und da wusste ich es. „Ich glaube jedes Wort. Und wenn Sie sagt, dass wir in Gefahr sind, dann nehme ich es umso ernster."

Er schnaubte ungläubig, doch es war mir egal. Ich hatte meinen Entschluss gefasst. „Disi, würdest du uns jetzt bitte sagen, was hier gerade los war?" fragte ich sie liebevoll. Sie guckte mir tief in die Augen. „Dieser Mann, er ist der böse Magier. Natürlich viel jünger, aber hast du nicht bemerkt, wie er dich manipulieren wollte?" Ich runzelte meine Stirn, was meinte sie nur? Als sie merkte, dass ich nicht wusste, worauf sie hinauswollte, wandte sie sich an die anderen zwei Werwölfe. „Aber ihr habt es doch mitbekommen, oder? Wie abwesend Oliver war?" fragte sie verzweifelt.

Die beiden guckten sich an und dann mich. Plötzlich senkten sie ihren Kopf. Bill, der ältere von beiden, sagte leise „Ich gebe es ungerne zu, aber das Mädchen hat Recht. Für einen Moment schien es, als wärst du gar nicht anwesend Alpha. Normalerweise bist du sehr umsichtig, du klärst immer alle Eventualitäten ab, bevor du eine so wichtige Entscheidung triffst, aber es schien, als wärst du kurz davor einzuwilligen." Überrascht schaute ich von den zwei zu meiner Mate. Ich wusste wirklich nicht, was sie meinten, aber wenn selbst meine Berater dieser Meinung waren, dann musste der Magier mich mit einem Zauber belegt haben.

„Erzähl bitte weiter." Erleichtert blickte sie mich leicht lächelnd an. „In den Geschichtsbüchern steht geschrieben, dass die ersten Tötungen der Vampire Ende 2020 stattfanden, deswegen dachte ich erst, ich hätte mich getäuscht, als ich seine Stimme hörte. Aber dem ist nicht so, ich habe ihn sofort erkannt. Sein Gesicht war das Letzte was ich gesehen habe, bevor ich hier landete." kurz schniefte Sie und Finn gab einen undefinierbaren Laut von sich, er glaubte ihr einfach nicht. „Ich würde den Mann, der alle meine Freunde getötet hat, immer und überall erkennen!" schrie sie aufgebracht. Finn senkte seinen Kopf, ich war mir sicher, dass er an seine Schwester dachte.

„Warum bist du der Meinung, dass er lügt?" „Es passt einfach zu gut zusammen, spielt ihm total in die Hände. Wäre er sich seiner so sicher, dann wäre es doch egal, ob ihr vorher mit den Vampiren sprecht, oder?" Finns Kopf ruckte wieder hoch. „Wir sollen mit den Vampiren sprechen? Nur über meine Leiche. Ein Wort und ich schwöre dir Oliver, ich verlasse dieses Rudel." Finn war mir immer ein guter Freund gewesen, jedenfalls bevor seine Schwester gestorben war.

„Wir werden diese Entscheidung nicht mehr heute treffen. Geht wieder euren Aufgaben nach. Finn, du wirst dich um Disi kümmern und reiß dich dabei gefälligst etwas zusammen." Meine Mate blickte mich ungläubig an. „Ich muss noch etwas erledigen, Süße. Aber ich bin bald wieder bei dir."

In ihren Augen blitzte etwas auf. Ich hoffte, dass beide sich nicht die Köpfe einschlugen bis ich wiederkam.

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995 Wörter

Mates - Through all TimesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt