Die Protokolle

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Eine halbe Stunde später kamen alle Agenten und Sensiblen wieder dort zusammen, wo sie gestartet sind. Die silbernen Uniformen von Fittes und Clarks Sensiblen sammelten sich an einem Ort und sie pickte sich die ihren raus. Doch nicht dadurch, dass sie jeden einzelne aufsuchte. Nein. Sie steckte sich Zeige- und Mittelfinger von beiden Händen in den Mund und pfiff laut und ohrenbetäubend. "ANTRETEN!", rief sie noch hinterher. Ihre Schützlinge wuselten eifrig durch die Menge und formatierten sich vor ihr wieder zum Quadrat. Sie salutierten. "Die Protokolle bitte!" Sie hantierten kurz an ihren Bildschirmen und surrend spuckten diese kleine Zettel aus. Wie ein paar Kassenbons. Auf denen schienen wichtige Infos zu stehen. Dann reihten sie sich vor Clark in alphabetischer Reihenfolge auf und gaben die Papierchen ab. Sie überflog die Zettel immer kurz, nickte dann bestätigend und nahm dann das nächste Blatt entgegen.

Was eine Disziplin! Doch Disziplin konnten sie auch! Kipps drehte sich zu seinem Team und seine Hoffnung sackte in sich zusammen, als er sah, wie Bobby Dreck zwischen den Zähnen hervorpuhlte, Ned popelte und Kate sich dezent am Hintern kratzte, mit dem Gesichtsausdruck eines angewiederten Pferdes. Ohje. Er konnte es nicht anders sagen, aber: sie hatten sich heute mächtig blamiert und er fühlte sich bloßgestellt vor einem Haufen Sensibler.

Diese hatten sich bereits wieder formatiert. "Gute Arbeit!", lobte Clark sie, "Abtreten in..." Sie schnippste einmal und ihre Schützlinge ließen die zum Salutieren erhobene Hand fallen. Beim zweiten Schnippsen setzten sie mit einem synchronen Stampfen die Beine schulterbreit auseinander. Und beim dritten entspannten sie sich vollends. Auf einmal waren sie locker, sie lachten, sie drehten sich einander zu, bewegten sich von ihren Standpunkten fort, unterhielten und umarmtem sich. Es waren Menschen. Es waren Mädchen. Es waren wieder Kinder; und keine Soldaten mehr.

Kurze Zeit später waren sie auch alle verschwunden und nichts schien mehr vermuten, dass sie da gewesen waren. Kipps kam die vergangene Nacht wie ein seltsamer Traum vor. Nachdem er sich von seiner Gruppe verabschiedet und bei Barnes abgemeldet hatte, nahm er ein Nachttaxi nach Hause. Dort, in seiner Wohnung im zweiten Stock angekommen, knippste er das Licht an und ließ sich sofort in einen Sessel plumsen, wo er direkt einschlief. Die Protokolle konnten warten! Dafür war er jetzt einfach zu müde.

Seine eigenen Protokolle verfasste er erst, als er nachmittags wieder aufwachte. Nachdem er geduscht und sich etwas frisches angezogen hatte, setzte er sich an den Küchentisch seiner kleinen Wohnung zu setzen und zog einen der leeren Protokollformulare zu sich heran. Noch etwas müde begann er es auszufüllen. Nach einer halben Stunde war er dann fertig. Er rieb sich die Augen, räumte die restlichen Zettel in ein Ablagefach auf seinem Tisch, den Stift in die Tischschublade und packte dann die Protokolle ein. Erst dann machte er sich daran Frühstück zu zubereiten. Es war nicht mehr viel im Kühlschrank, doch ein paar Eier und Milch waren noch da plus ein paar andere Sachen. Das reichte für Rührei. Er würde nachher noch einkaufen. Nachdem er das Ei vorbereitet hatte, lehnte er mit einem Glas Saft an der Küchenanrichte und wartete darauf, dass die Pfanne heiß wurde. Erst dann kippte er das Ei rein. Kurze Zeit später saß er am Tisch und aß. Alleine, so wie immer.

KoKa MoonyWhere stories live. Discover now