Die Pubertät

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"Nein, ich will diese verdammte Scheiße nicht mehr anziehen! Mama, ich bin kein kleines Kind mehr!", ruft die vierzehnjährige empört. Ihre Mutter Anna legt enttäuscht die rosa Bluse zur Seite. Laykén hat auf dem Weg einen sehr coolen Laden gesehen, in dem die Zehntklässler immer ihre Klamotten kaufen. Dort schleift sie ihre Mutter hin. Anna ist von diesem Laden allerdings nicht begeistert, denn die Schaufensterpuppen haben Bauchnabelpiercings und kurze Lederröcke an. "Ich kaufe dir hier nichts, du bist immerhin erst vierzehn.", erklärt sie ruhig. Das zieht einen weiteren Wutanfall von Laykén nach sich. "Du hast mich nie richtig geliebt, nur weil ich anders bin als die anderen Kinder!", schreit das Mädchen. "In Ordnung, dann fahren wir jetzt nach Hause.", sagt Anna und zuckt mit den Schultern. Als sie sich in der Bahn auf einen Platz setzt, läuft Laykén provokant an ihr vorbei und setzt sich ganz nach hinten. Das Mädchen schaut beleidigt aus dem Fenster. Warum versteht Mama mich nicht?, fragt sie sich und eine Träne läuft über ihr Gesicht.

Zuhause knallt Laykén ihre Zimmertür zu und dreht die Musik auf. Den Plattenspieler hat Papa ihr geschenkt, als sie die Tabletten nehmen musste. Diese verdammten Tabletten, das scheiß ADHS. Abends klopft Laykéns Papa Anton an die Tür. "Skatt, darf ich rein?", fragt er. Laykén schließt genervt die Tür auf. Anton setzt sich zu seiner Tochter auf die Couch. "Mama versteht nicht, dass du jetzt nicht mehr ihr kleines Kind bist. Aber sie hat es auch nicht leicht, das weißt du. Vor allem, seit wir Paul letztes Jahr verloren haben.", erklärt er. "Paul wäre bestimmt ein besseres Kind geworden, als ich.", entgegnet Laykén, obwohl sie ganz genau weiß, dass sie das nicht sagen sollte. Antons Augen füllen sich mit Tränen. "Du wärst die allerbeste Schwester für Paul geworden. Wir alle haben ihn verloren. Deswegen macht Mama sich solche Sorgen um dich.", sagt er. Laykén nimmt ihren Vater in den Arm und tröstet ihn. Papa hat sie immer verstanden und er wollte auch nicht, dass sie diese blöden Tabletten nimmt. Für eine Weile scheint die Welt in Ordnung zu sein.

Am Montag sitzt Laykén unruhig in der Schule. Das Gespräch mit ihrem Vater geht ihr noch immer durch den Kopf. Auch Laykén vermisst ihren kleinen Bruder. So ein Babysarg ist verdammt deprimierend. Das Mädchen hatte sich schon ausgemalt, was sie alles zusammen machen könnten, wenn Paul älter wäre. Sie hatte schon alle ihre Lieblingsbücher sortiert, die sie ihrem kleinen Bruder schenken wollte. Natürlich vermisst Laykén ihren Bruder. Paul wurde nur drei Monate alt.

Laura, die zickige Klassensprecherin und eines der beliebtesten Mädchen der Schule, verteilt die letzte Deutscharbeit. "Oh Laykén, wieder nur eine fünf.", säuselt sie. "Weißt du was, Laura, halt einfach dein Maul und schmier dir noch fünf Kilo Makeup in deine hässliche Fresse.", entgegnet Laykén und zeichnet weiter. "Laykén, rede nicht so mit Laura. Entschuldige dich sofort.", ermahnt der Lehrer das Mädchen. "Sie können mich mal.", erwidert Laykén. Das war zu viel und sie bemerkt es. Der Lehrer verfrachtet sie in den Auszeit-Raum. Das ist gar nicht so toll, wie es sich anhört. Sie ist zwar nicht mehr mit diesen Vollidioten in einem Raum, aber dafür mit einem doofen Lehrer, der ihr einen Text gibt, den sie abschreiben soll. Laykén sieht diesen Raum in letzter Zeit öfter von innen, als den Klassenraum. Na toll, das wird Zuhause wieder ein riesiges Drama geben., denkt Laykén und schaut nachdenklich aus dem Fenster.

Error - Laykén funktioniert nicht mehr Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt