Zurück im System

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Müde, aber glücklich sitzen Laykén und Samira am nächsten Montag in der Schule. Samira dreht sich in den ersten beiden Stunden ihre Zigaretten für den heutigen Tag und Laykén holt den Schlaf nach, den sie am Wochenende nicht hatte. "Würden die gnädigen Damen wohl so freundlich sein und ihre Aufmerksamkeit auf Heinrich den Achten richten?", fragt der Geschichtslehrer wütend. "Heinrich der Achte ist doch mindestens seit fünfhundert Jahren tot, das würde vermutlich ziemlich stinken, wenn wir ihn uns anschauen würden.", entgegnet Laykén im Halbschlaf. Samira bekommt vor Lachen keine Luft mehr. Drei Minuten später sitzen die Mädchen im Büro des Direktors. "Herr Steiner ist wegen euch ziemlich durcheinander. Was habt ihr euch dabei gedacht? Ihr könnt doch nicht einfach so frech zu sein.", sagt er. "Wissen Sie, wir lernen nicht wirklich etwas bei ihm. Der Unterricht ist so langweilig, dass die Hälfte der Klasse einschläft. Durch diese Kommentare bleiben Laykén und ich wach. Wir können gar nichts anderes tun.", erklärt Samira mit einer engelsgleichen Stimme. Die Mädchen müssen innerlich grinsen. Fünf Minuten später verlassen sie das Büro und fühlen sich wie die coolsten Menschen auf dieser Schule.

Zuhause ist Laykén allerdings nicht mehr der coolste Mensch. "Was hast du dir eigentlich dabei gedacht? Du kannst doch nicht so frech zu deinen Lehrern sein!", schimpft Anna. "Ich bitte dich, der Unterricht ist so langweilig. Der Lehrer sollte echt mal über seinen Unterricht nachdenken und wie er die Schüler dazu bringen kann, nicht vor Langeweile zu sterben.", entgegnet das Mädchen. "Du warst doch früher nicht so. Was ist passiert?", fragt Anna. "Vielleicht will ich diese beschissenen Tabletten nicht mehr nehmen, vielleicht bin ich jetzt erwachsen.", erklärt Laykén. Anna schüttelt verständnislos den Kopf. "Aber dir geht es doch gut mit den Tabletten, du hattest gute Noten.", sagt sie. "Du denkst, dass es mir damit gut geht? Ich fühle mich wie ein verdammter Zombie. Diese Tabletten bringen mich dazu, nichts mehr zu fühlen. Keinen Hunger, keine Freude, keine Trauer, ich bin dann noch nicht mal müde. Das kann nicht gesund sein!", ruft das Mädchen und stürmt nach oben in ihr Zimmer. Dort schließt sie sich ein und hört Musik.

Gegen Abend bemerkt sie, dass jemand von außen die Tür aufschließt. Nur ihr Vater hat einen Schlüssel für ihr Zimmer, denn das Mädchen vertraut nur ihm. "Hallo mein Schatz, ich habe gehört was heute in der Schule los war. So toll finde ich die Aktion natürlich nicht, aber ich kann mir vorstellen, dass es sehr lustig war.", sagt er und setzt sich zu ihr auf das Bett. "Warum bekommen wir in der Schule irgendeine Scheiße in den Kopf gehämmert, die wir wahrscheinlich nie wieder brauchen? Wie wäre es, wenn wir etwas Sinnvolles lernen, wie zum Beispiel der richtige Umgang mit Menschen? Jeder schaut nur auf sich selbst und das macht mich fertig.", sprudelt es aus dem Mädchen heraus. "Ich weiß es nicht, aber ich bin auch nie gerne zur Schule gegangen. Trotzdem musst du das irgendwie überleben. Wenn dir jemand dumm kommt, verteidige dich, aber leg es bitte nicht darauf an.", erklärt Anton. Er nimmt seine Tochter in den Arm und sie lässt es zu. Er ist ihr Held. Anton war immer für sie da und hat versucht, zwischen ihr und Anna zu vermitteln. Die beiden Frauen haben sich schon früher viel gestritten, aber Anton war immer da, um beide zu beruhigen.

"Es ist ein verdammt abgefucktes System, in dem wir leben. Aber du musst versuchen, das Beste daraus zu machen. Ich bin mir sicher, dass du es schaffst. Du bist doch meine kleine Löwin.", sagt er stolz und das Mädchen bekommt wieder ein bisschen Mut. "Aber Mama lebt komplett in diesem System. Können wir ihr da irgendwie raus helfen?", fragt sie. "Ich habe es schon so oft versucht, aber sie schafft es nicht. Sie will es nicht einmal erkennen.", flüstert Anton traurig. Jetzt nimmt Laykén ihren Vater in den Arm und versucht ihn zu trösten. Dabei schwört sie sich, nie ein Teil von diesem System zu sein.

Error - Laykén funktioniert nicht mehr Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt