- fünf -

255 14 1
                                    

Ich presste meine Augen zusammen. "Bitte Gott, lass mich doch einfach verschwinden", dachte ich. Na ja nachdem ich zwei Menschen getötet habe wird Gott mir wohl kaum noch weiterhelfen, aber einen Versuch wars wert. "So wie bei meiner Verwandlung." Krampfhaft versuchte ich mich an das komische Gefühl der Verschmelzung zu erinnern, doch es kam nicht wieder. Ich konzentrierte mich noch ein letztes Mal bevor die Tür aufgerissen wurde. "Hier drin! Hab ichs doch gew...", die Frau stoppte abrupt im Satz, um im nächsten Moment  hysterisch nach Luft zu schnappen. Langsam öffnete ich meine auf einmal müden Augen. Ich erwartete in ihr wütendes Gesicht zu blicken, sah aber nur einen kleinen Streifen ihrer haarigen Waden, die unter ihrem Kleid hervor schauten. Meine Sehstärke hatte abgenommen, aber im Vergleich zu meinen menschlichen Augen war sie bei den schlechten Lichtverhältnissen

der Kammer noch ungewöhnlich gut. Es dauerte ein paar Sekunden bis ich es realisierte... ich war zu der Katze geworden, auf dessen Schwanz ich gerade noch gestanden hatte! "Hunger...Maus?...Mensch!", sagte etwas in mir, wie als ob es mich korrigieren wollte. "Okay ich bin nur mit dir verschmolzen.", gab ich zu und musste innerlich grinsen. "Ich ...ich", die Stimme der Frau riss mich wieder aus meinen Gedanken. "Bei Gott! Ich habe gerade noch das Gesicht einer jungen Frau gesehen! Und dann... dann war es auf einmal weg". Die beiden Herren waren mittlerweile zu ihr gekommen und drückten sie unsanft beiseite. Prüfend schauten sie in die Kammer, bis ihr Blick auf mich fiel. Ich versuchte einen Unschuldsblick aufzusetzen. Der etwas ältere Herr von ihnen trat einen Schritt zurück und wandte sich zu der Frau. "Mit Verlaub, ich sehe keine Menschenseele hier drinnen." Die Frau zögerte einen Moment und starrte ihn zornig an. "Vielleicht war es ja auch keine Menschenseele", zischte sie. "Vielleicht war es eine Hexe. Ja ich bin mir ganz sicher! Dies war keine Seele Gottes! Ich habe ihr rotes Haar gesehen. Sie steht mit dem Teufel im Bunde!". Der Mann vor mir betrachtete mich erschrocken. In seinen Augen konnte ich sehen was er dachte. Der ältere Herr allerdings rieb sich nur nachdenklich den gräulichen Bart. "Nun denn, wir werden der Sache nachgehen. Und wenn Ihr diese Gestalt wieder erkennen solltet, zögert nicht zu uns zu kommen". Er wandte sich zum Gehen. Der junge Mann sah mich nocheinmal abscheuend an. Dann spuckte er vor mir auf den Boden und gab mir einen Tritt.  "Verfluchtes Hexenpack", sagte er noch und ging. Ich war in der hintersten Ecke der kleinen Kammer gelandet, mein kleiner Katzenkörper schmerzte. Im ersten Moment wollte ich einfach nur von hier verschwinden, doch dann überlegte ich es mir anders. Ich bin nicht mehr das kleine, unbeholfene Mädchen, das sich nicht verteidigen kann. Zwar hatte er eigentlich vorgehabt die Katze zu treten und nicht wirklich mich, aber das war mindestens genauso schlimm. An Hexen und den Teufel hatte ich noch nie geglaubt und ich verabscheute es, wenn andere für die Fantasie Verrückter leiden mussten.

Blutiges VerlangenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt