Kapitel 2: Und wieder beginnt das alte Lied (Part 3)

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Mit der Rückkehr in die heile Welt meines Pokéballs, flauten die restlichen Schmerzen in meinem Körper schlagartig wieder ab. Doch um welchen Preis? Ich war erneut gefangen. Hilflos schwebend den Gesetzen dieses Ortes ausgeliefert...
„Was denkt der Typ sich nur dabei?", dachte ich wutentbrannt.
Hatte ich ihm nicht klipp und klar verständlich gemacht, dass ich auf seine schäbige Hilfe auch gut und gern verzichten konnte?

Doch viel Zeit um all meine hasserfüllten Gedanken zu sammeln bekam ich nicht. Nur wenige Augenblicke später wurde ich erneut, als Spielball der übermächtigten Kräfte dieses Ortes, aus meinem Gefängnis befreit.
Schlagartig fand ich mich auf einem kleinen schmalen Tisch im Inneren irgendeines Hauses wieder. Sofort, wie hätte es anders sein können, klappten meine Beine erneut zusammen. Mein ganzer Körper erschauderte, als mein Leib mit dem kalten Tisch unter mir in Berührung kam. Und, als ob das Ganze noch nicht genug war, stand vor mir der Mensch, der mich am gestrigen Abend so schamlos gefangen hatte. Merkwürdig nervös, gaffte er in eine Ecke hinter mir. Ansonsten war glücklicherweise niemand zu sehen.

Irgendwie kam mir dieser Ort eigentümlich bekannt vor. Ich hätte schwören können, dass ich hier schon einmal gewesen war. Auch der Geruch war mir vertraut, stellte ich fest, als ich die strenge und künstliche Luft in meine Nase hinein sog. Doch die Einrichtung war vielleicht gleich, aber der Aufbau stimmte mit nichts aus meinem Erinnerungsvermögen überein. Als ich zuletzt in einem ähnlichen Raum war, war ich während den Streifzügen mit meinem Ex-Trainer verletzt gewesen. Er brachte mich daraufhin an einen ähnlichen Platz wie diesen, wo meine kleinen Schürfungen und Prellungen versorgt wurden.
Ja, das musste es sein. Ein Pokémon-Center. Sagte nicht auch der Mensch das vorhin zu mir?
Mein Blick ging langsam in die Höhe. Noch immer stand er regungslos nur so da und schien scheinbar dem Gras beim Wachsen zuzusehen, was zugegebenermaßen recht interessant sein kann, zumindest wenn weit und breit keine Mülltonne auf einen wartete. Aber Menschen haben schließlich für solche Schönheit keinerlei Zeit. Also, auf was zum Plaudagei wartete er dann?

Langsam aber sicher verwandelte ich mich auf dem kalten Tisch zu einem lebendigen Eisklotz. Ein leiser, ungewollter Klagelaut entfloh meinen Lippen.
„Nein, wie peinlich", dachte ich in dem Moment, als der Blick des Menschen plötzlich zu mir hinunterwanderte. Doch das Unheil war bereits angerichtet. Ein von mir kurz angedachter Fluchtplan schien nun entgültig aussichtslos.
Seine recht sanften, doch eigenartig nervösen Augen trafen die meinen. Einige Sekunden lang starrten wir einander stumm an. Plötzlich ertönte ein helles, kurzes Aufläuten. Ich blinzelte neugierig zu meiner Seite. Mein... Trainer hatte eine kleine Klingel neben mir betätigt, scheinbar in der Hoffnung, dass er endlich die Aufmerksamkeit bekommen würde, nach der er sich sehnte.

„Intelligenzbestie...", murrte ich. „Warum nicht gleich so? Bist wohl einer von der langsamen Sorte."
Hätte ich weiterhin keinen Mucks von mir gegeben, so wäre ich wohl tatsächlich zum Eiszapfen erstarrt.

Leise, unheilvoll näher kommende Schritte, kündigten die Ankunft eines weiteren Menschen an. Richtig sehen was passierte oder wer da kam, konnte ich aber nicht. Nicht das es mich in irgendeiner Form interessierte, aber ich lag mit dem Rücken zu der Quelle der Geräusche.
„Hallo", hörte ich plötzlich jemand hinter mir sagen. Ich zuckte erschrocken, wenn auch nur leicht, zusammen.
„Ähm, hallo", antwortete mein... Trainer nervös.
Einige Sekunden lang geschah nichts. Was ging da nur vor sich? Tauschten die beiden etwa stumm irgendwelche Komplimente aus? Mein Blick wanderte zu den Augen meines... Trainers hoch. Er wirkte nervöser denn je. Seine Augen huschten, scheinbar in heller Aufregung, von einer Seite des Raumes in die Andere.
„Ist das dein Pokémon?", ertönte die Stimme hinter mir endlich, nach lang angehaltenem Schweigen, erneut.
„Äh, ja", antwortete er. „Ich fand es gestern schwer angeschlagen ungefähr Zwei Kilometer östlich von hier. Ich dachte es wäre besser, wenn ich es hierher bringen würde."
„Du meinst wohl eher entführen", rief ich zu ihm herauf. „Und außerdem bin ich ein er und kein es! Klar?!"
Mein Fluchen erstarb schlagartig, als mich plötzlich recht zierlich wirkende Hände langsam abtasteten.
Ich knurrte. Niemand durfte mich jemals anfassen. Das würde ihm oder ihr noch Leid tun.
„Er..." (Na also. Geht doch. Trotzdem mag ich dich nicht.) „... ist arg in Mitleidenschaft gezogen worden. Ich sehe, du hast bereits erste Hilfe geleistet?"
Mein... Trainer zuckte leicht zusammen.
„J-Ja, das habe ich", antwortete er und begann in seinem Rucksack zu kramen. „Sehen Sie, ich habe das hier verwendet." Ich konnte noch einen kurzen Blick auf die rote Flasche erhaschen, mit der er mich vor Kurzem besprüht hatte. „War das richtig?"
„Sagen wir es so: Hättest du es nicht getan, dann wäre Sheinux wohl jetzt nicht mehr bei uns..."
Ich schluckte auf. Er hatte mein Leben gerettet? Das verkomplizierte die Lage ungemein...
„Oh, gut...", stammelte also mein, schnaub, Lebensretter.
„Wir kümmern uns um Sheinux. Er wird heute zwar noch hier bei uns bleiben müssen, aber morgen ist er wieder voll auf dem Damm. Was ihm fehlt ist eine ausgiebige Erholungskur, eine ordentliche Mütze voll Schlaf und natürlich etwas ordentliches zu essen.

Normalerweise wäre ich bei dem Wort "essen", sofort aufgesprungen. Doch hatte ich zu dem Zeitpunkt ganz andere Sorgen. Was mich so besorgte, fragt ihr? Nun, das könnt ihr natürlich nicht wissen. Vielleicht werdet ihr es auch nicht verstehen, selbst wenn ich es euch erkläre...
Während meines ganzen Lebens, hatte ich fest nach den ungeschriebenen Gesetzen der Straße gelebt. Es war ein strenges, aber auch ein schönes Leben. Im Prinzip kann man das tun, was man will. Eine Sache jedoch, stand für uns freiheitsliebende Pokémon immer an höchster Stelle. Das Gebot der Pflicht und Ehre. Das Gesetz der Straße besagt nämlich, dass, wenn man sein Leben einem anderen verdankt, sei es nun Pokémon oder Mensch, solange in dessen Schuld steht, bis diese Verpflichtung mit Zins und Zinseszins abgegolten ist.
Was das heißt, fragt ihr? Das heißt, dass ich solange im Dienst meines Trainers stehen muss, bis zu dem Tage, an dem ich sein Leben rette, so wie er es für mich getan hatte...




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Hey Leute. Tut mir Leid, dass ich mich so lange Zeit nicht mehr gemeldet hab. (._. ) Aber ab jetzt werde ich wieder regelmäßig Kapitel hochladen. Viel Spaß ^^

Pflicht und EhreWo Geschichten leben. Entdecke jetzt