Kapitel 13
„Let the stormy clouds chase. Everyone from the place, come on with the rain. I have a smile on my face. I'll walk down the lane with a happy refrain. Just singin', singin' in the rain..."
Seinen Regenschirm schwingend, tanzte Randy vor mir her und machte einen auf Frank Sinatra. Ich hingegen klammerte mich an meinen Schirm und konnte nicht mehr vor Lachen.
Wie sollte ich mich bei diesem Anblick nur je wieder beruhigen? Er sah urkomisch aus, wie er versuchte, gleitende Bewegungen zu machen.
Der Knauf knallte mit einem leisen ‚Bumm' gegen sein Schienbein, was Randy einen lauten Schrei entlockte. Immer noch lachend, blieb ich stehen und wartete darauf, dass er weiterging.
„Alles ok?" „Klar, starken Mann haut sowas doch nicht um!" Lachend schüttelte ich den Kopf und ging weiter. Schmerzverzerrt rieb er sich die Stelle. Eine Weile liefen wir still nebeneinander her, dann ergriff er deutlich ruhiger das Wort.
„Kommt es dir komisch vor, jetzt so viel über mich zu wissen?" Doch bevor ich antworten konnte, fügte er noch leise lachend hinzu: „Denn mir kommt es auf jeden Fall komisch vor, dass ich dir das alles erzählt habe, obwohl ich dich nicht wirklich kenne. Ich weiß so gut wie nichts von dir... Außer, dass du wahnsinnig gern heiße Schokolade trinkst."
Ich merkte aber, dass es ihm ernst war. „Was möchtest du wissen? Frag mich einfach."
Eine Aufforderung, die ihm sichtlich gefiel.
„Warum hast du mir deine Nummer gegeben? Versteh mich nicht falsch, ich bin dir dankbar, auch dafür dass du mir zugehört hast... Aber trotzdem. Warum?" Ein kleines Schulterzucken, dann versuchte ich, ihm eine ehrliche Antwort zu geben.
„Naja, ich habe deinen Streit mit Tom mitbekommen und ich weiß, dass ihr euch sonst gut versteht. Du sahst nicht so glücklich aus... Manchmal braucht man doch jemanden, mit dem man über alles reden kann, oder?"
Randy sah mich von der Seite an. „Ja, aber normalerweise bin ich für alle der, der ihnen den Kaffee bringt." Diesmal war er mit Schulterzucken an der Reihe.
„Ich wusste nicht, ob du jemanden zum Reden hast. Hm aber vielleicht liegt es auch genau daran. Du machst mir meinen Kakao immer so gut, dass ich gar nicht anders konnte."
Das brachte ihn zum Lachen und ich konnte wieder sehen, wie seine Augen strahlten.
Randy war groß geraten, sicherlich drei Köpfe größer als ich. Er war enorm schlank und wirkte unbeholfen und schlaksig, wenn er sich bewegte. Seine Haare waren nicht wirklich braun. Sie waren eher die dunklere Variante von einem Straßenköterblond. Seine Wangen waren im Gegensatz zu dem Rest seines Körpers füllig und sorgten dafür, dass sein Gesicht nahezu rund wirkte. Doch seine Augen waren von einem schönen braun und verrieten, dass einiges in seinem Kopf steckte und er viel nachdachte.
Nachdem ich ihm meine Nummer gegeben hatte, schrieb er mich einige Tage später an und fragte, ob ich Zeit hätte. Da mir zu Hause die Decke auf den Kopf fiel und ich dringend Abwechslung brauchte, sagte ich zu.
Wir hatten uns zusammen auf einen Kaffee getroffen und nach einem Moment, in dem wir uns leicht verlegen über das Wetter ausließen, sprachen wir über wichtigere Dinge.
Als wir uns schließlich dem wahren Grund des Treffens näherten, hatten wir beide unseren ersten Kaffe ausgetrunken.
„Im Moment läuft es nicht so gut mit deinem Vater?" Vorsichtig versuchte ich, das Gespräch in die richtige Richtung zu lenken.
„Na ja, es ist schwer. Er wird übervorsichtig. Und es nervt, weil ich alt genug bin, selbst Entscheidungen zu treffen." „Warum übervorsichtig?" Fragte ich interessiert und nippte an meinem Kaffee.
Randy seufzte tief und starrte auf sein heißes Getränk.
„Meine Mutter ist vor sechs Jahren gestorben. Zwei Halbstarke wollten ihr die Handtasche klauen, aber meine Mutter hat sich geweigert. Sie wusste nicht, dass einer von ihnen ein Messer dabei hatte." Ich verstummte. Das war nicht das, was ich zu hören erwartet hatte.
„Das tut mir leid." Das war alles, was ich flüsternd zu Stande brachte. *Wie furchtbar!*
Randy zuckte mit den Schultern. „Der Jahrestag rückt näher und mein Vater wird wie jedes Jahr halb verrückt." Seine Stimme klang trauriger und trauriger. „Sonst hat es mir nicht so viel ausgemacht, aber inzwischen habe ich nun mal ein eigenes Leben. Ich kann nicht immer Rücksicht auf ihn nehmen."
Wie von selbst legte sich meine Hand auf seinen Arm und versuchte, ihn zu trösten. „Hast du schon mal versucht, in Ruhe mit ihm darüber zureden?" „Oft, aber es bringt nichts." Wieder ein Schulterzucken. Ich spürte, dass er sich verschloss und versuchte es anders.
„Warum hast du deine Schichten verpasst?" Mit gerunzelter Stirn sah er mich an.
„Ähm.. also.. ich.." Er stotterte und wurde leicht rot im Gesicht.
„Ich meine nur... Vielleicht würde es deinem Vater helfen, wenn du ihm bescheid sagen würdest." *Warum stelle ich immer die falschen Fragen? Das geht mich doch wirklich nichts an, was er in seiner Freizeit macht!*
Es schien ihm mehr als unangenehm zu sein und schnell wechselte ich das Thema. Der Rest des Nachmittages verging schnell. Nun waren wir auf dem Rückweg. Die Zeit mit Randy hatte mir gut gefallen, auch wenn er mir von dem Tod seiner Mutter erzählt hatte.
Ausnahmsweise hatte ich keinen Gedanken an Stefan verschwendet. Wir liefen durch den Regen in die Richtung meiner Wohnung und Randy' s Stimmung schien sich enorm verbessert zu haben.
An der Kreuzung verabschiedete ich mich von ihm und umarmte ihn kurz. „Danke für dein Vertrauen und den Kaffee." Mit einem leichten Lachen löste ich mich von ihm.
„Gern geschehen. Danke fürs Zuhören. Na ja und deine Nummer..." Ich winkte nochmal und dreht mich dann um.
„Hey, Amy!" Mit einem fragenden Blick drehte ich mich um.
„Würdest du... Hättest du Lust mal wieder was zu machen? Ich meine, nicht reden, sondern ins Kino gehen oder so?" Seine Ohren glühten rot, aber ich nickte schon.
„Klar! Schreib einfach, wann du Zeit hast, dann machen wir was aus." Seine Augen strahlten wieder und mit einem kurzen Nicken ging er in die andere Richtung davon.
Ich ging noch schnell an den Briefkasten und holte die Post raus. Zwei Briefe und ein paar Flyer waren meine Ausbeute und auf dem Weg nach oben stellte ich fest, dass einer der beiden Briefe an mich adressiert war.
Genauer gesagt stand nur mein Name drauf. Kein Absender. Nichts. *Persönlich eingeworfen.*
Nachdem ich die Tür aufgeschlossen hatte, die restliche Post auf den kleinen Tisch im Flur geworfen hatte und in mein Zimmer gegangen war, öffnete ich endlich den Brief. Und war erstaunt von seinem Inhalt. *Was ist denn jetzt los?* Leicht verwirrt las ich den Brief ein zweites Mal.
„Mein schöner Engel,
ich sende dir meine ergebensten Grüße und hoffe,
dass wir einander bald wieder sehen.
Dein stiller Bewunderer"
Entnervt seufzte ich auf. *Der Spaßvogel hat mir grad noch gefehlt...* Ich schmiss den Brief auf meinen Schreibtisch, zog meine Schuhe aus und machte mich dann auf den Weg ins Bad, um früh ins Bett zu gehen.
Die Worte meines ‚Bewunderers' hatte ich bereits wieder vergessen.
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Nur ein kurzes Kapitel.. Aber ein wichtiges :) Im Nächsten wird jemand zurück in den Mittelpunkt kommen..
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Copyright © literaturegirl, Hamburg, 2010
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Gefährliche Obsession
Mystery / Thriller"Ich platzte ins Zimmer und blieb wie angewurzelt stehen. Vor mir spielte sich eine Szene ab, die ich nicht sofort verstand. Mein vom Alkohol benebelter Verstand arbeitete quälend langsam. Ich starrte mit offenem Mund in den Raum. Auf dem Waschbecke...