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    Jin erwachte schon sehr früh am nächsten Morgen. Jimin lag nicht mehr bei ihm und er wusste nicht, was er tun sollte. Nun war er frei und war doch nicht glücklich darüber. Er wollte sich auf den Rücken drehen, ließ es dann aber mit einem schmerzvollen Stöhnen bleiben. Irgendwie schaffte er es, sich ohne größere Schmerzen aus dem Bett zu quälen. Dann ging er ins Bad. Schnell verrichtete er seine Morgentoilette und zog sich an. Planlos blieb er mitten im Zimmer stehen und überlegte, ob er das Zimmer verlassen sollte. 
    „Fuck, ich bin frei, ich darf das jetzt“, sprach er sich selbst Mut zu und öffnete die Tür. Langsam ging er die Treppe hinunter. Schon auf den untersten Stufen hörte er, wie Jimin sich mit jemandem unterhielt. 
    „Du hast den Vertrag gebrochen, nicht Jin! Und jetzt willst du dich weigern, ihn freizulassen? Das kannst du nicht machen, Namjoon. Das hat Jin nicht verdient, nach allem, was er bereits durchmachen musste.“ Jimin war mit jedem Wort lauter geworden, bis er zum Ende hin sogar schrie.
    „Mäßige deinen Ton, Jimin. Du bist zwar mein Freund und der Arzt dieses Hauses, aber du bist immer noch mein Untergebener!“ Namjoons tiefe Stimme klang kalt und gefühllos.
    Jin war näher getreten. Hatte er richtig verstanden? Namjoon wollte ihn nicht freilassen? Jins Herz begann in seiner Brust zu rasen. War es aus Angst oder vor Aufregung? Er versuchte, in sich hineinzuhören, doch er war zu verwirrt. Mittlerweile stand er vor der Tür und lauschte weiterhin dem Gespräch.
     „Sag mir, dass du ein Schlupfloch gefunden hast, Hoseok.“ Namjoons Stimme war umgeschlagen und man hörte Verzweiflung heraus.
    „Tut mir leid, Boss. Da Jin nicht versucht hat zu fliehen und sogar freiwillig zurückgekommen ist, obwohl er die Möglichkeit dazu hatte, steht es ihm frei zu gehen.“ Hoseok legte eine kurze Pause ein und hob die Achseln, dann fuhr er fort. „Du bist der Einzige, der den Vertrag nicht eingehalten hat. Er hat das Recht, auf die Einhaltung des Vertrags zu beharren.“ 
     „Verdammt, nicht du auch noch. Erst Jimin und Jungkook und jetzt auch noch du?“ 
    „Es ist eine Tatsache, dass du deine Verträge immer einhältst, egal welchen Nachteil du davon hast. Warum möchtest du diesen Vertrag mit Jin nicht einhalten?“, hakte Hoseok nach.
    „Er gehört mir, verdammt noch mal. Und was mir gehört, behalte ich auch.“ Namjoons Antwort war immer leiser geworden, sodass Jin am Ende sein Ohr gegen die Tür pressen musste. Er fing an, vor Aufregung zu zittern. Namjoon wollte ihn nicht gehen lassen! Sollte er jetzt nicht eigentlich wütend darüber sein? Stattdessen befiel ihn Aufregung. Verdammt, er war echt gestört! Zog er tatsächlich in Erwägung, hierzubleiben? Und wenn so etwas wieder passieren sollte? 
    „Habt ihr Lia und ihre Begleiter gefunden?“ Nach einer kurzen Pause sprach der Mafia-Boss endlich in normaler Lautstärke weiter. Lia? Wer war Lia?
    „Ja. Sie wurden eingesperrt und warten darauf, dass du mit ihnen sprichst.“ Das war Yoongis tiefe Stimme. Er war auch da?
    „Bringt sie zu mir.“ Jin hörte Schritte und huschte unter in eine Nische. Kurz darauf erschien der Chauffeur und lief zur Haustür, durch die er verschwand. Jin blieb vorsichtshalber in Deckung. Nach ein paar Minuten kam Jimins Lebensgefährte mit einer schreienden Frau zurück, in der Jin eine der Bediensteten erkannte. Yoongi zerrte sie durch die Tür zum Esszimmer, die sich sogleich hinter ihnen schloss. Sofort stürzte Jin wieder dorthin und spitzte die Ohren.
    „Sag mir, Lia. Warum hast du mich angelogen?“ Namjoons Stimme klang tödlich tief und viel zu ruhig.
    „Das habe ich für uns getan“, sagte eine weinende Frauenstimme. „Du liebst mich doch, das weiß ich! Er steht uns im Weg und ich wollte dir damit zeigen, dass er nicht der Richtige für dich ist.“ Lia schrie die Worte regelrecht heraus. „Wenn ich erst einmal deine Frau bin ...“, fuhr sie fort, wurde aber unterbrochen. 
    „Du und meine Frau? Niemals! Nur weil ich dich ein paar mal in mein Bett geholt habe, bedeutet das nicht, dass ich dich heiraten möchte.“ Namjoon hatte geschrien und die Frau wimmerte ängstlich.
    „Beruhige dich, Namjoon“, wurde er von Jimin aufgefordert. Kurz herrschte Stille. 
    „Du bist schuld daran, dass ich einen Vertrag gebrochen habe, der mir wichtig ist. Ich kann nicht zulassen, dass man mich für schwach hält. Du und deine beiden Helfer werden dafür mit dem Tode bestraft. Jungkook wird ...“,
    Namjoon wurde von der Tür, die gegen die Wand krachte, unterbrochen und Jin stürmte herein.
    „Nein! Ich werde nicht zulassen, dass meinetwegen jemand stirbt.“ Jin sah Namjoon entrüstet an, der ungläubig zurückstarrte.
    ‚Danke Gott, es geht ihm gut!‘ Namjoon hatte schon gedacht, er hätte sein Kätzchen endgültig gebrochen. Doch nun stand dieser fauchend vor ihm und starrte ihn mit blitzenden Augen an. Eine Welle der Zärtlichkeit überflutete ihn. Am liebsten würde er ihn in seine Arme ziehen und dessen süßen Duft einatmen, aber er beherrschte sich. 
    „Das ist nicht deine Entscheidung, Jin.“ meinte der Mafia-Boss ernst und sah Jin einfach nur an. 
    Lia fing wieder an, leise zu weinen. „Bitte, Jin. Ich möchte nicht sterben“, wandte sie sich an ihn. Schweigend sah er die Frau an. Obwohl diese herzzerreißend weinte, empfand er kein Mitleid für Lia. Sie war schließlich schuld an diesem ganzen Dilemma. Allerdings bot sich hier vielleicht eine Möglichkeit, doch noch zu bekommen, was er für sich selbst wollte. Während er noch überlegte, kaute er nachdenklich auf seiner Unterlippe. Keiner der hier Anwesenden hatte bisher etwas gesagt. Langsam glitt sein Blick zu dem Blonden, von dem er sich nicht trennen wollte.
    „Oh doch, Namjoon. Das ist meine Entscheidung“, meinte Jin entschieden und nickte.
    „Ach ja? Und was habe ich davon?“ Namjoon beobachtete ihn genau. Er war einen Schritt näher getreten und hatte die Arme vor der Brust verschränkt.
    Jin kam auch näher und verschränkte ebenfalls die Arme vor der Brust. Er wirkte selbstbewusst, musste sich aber extrem zusammenreißen, nicht davonzulaufen. Es war seine einzige Chance zu bekommen, was er wollte, nämlich Namjoon. Direkt vor diesem blieb er stehen und sah zu ihm auf. 
    „Mich! Du bekommst mich“, flüsterte er leise und wartete angespannt.
    In Namjoon Augen blitzte Hoffnung auf. „Was sind deine Bedingungen?“ Fragend legte der Mafia-Boss den Kopf schief. Er kannte Jin mittlerweile gut genug, um zu wissen, dass dies nicht alles war.
    Jin stieß erleichtert den Atem aus, den er angehalten hatte. Namjoon war bereit, seine Bedingungen anzuhören. „Wir erweitern den Vertrag um ein paar Punkte zu meinen Gunsten.“ Jin wartete auf die Zustimmung des Mafia-Bosses. 
    Dieser zog eine seiner Brauen in die Höhe und fragte: „Welche Bedingungen?“
    „Du tötest keinen der drei. Sie bleiben am Leben“, begann sein Kätzchen. 
    Namjoon war überrascht. Jin wusste ganz genau, wie er zu formulieren hatte, um kein Schlupfloch zu bieten, denn nicht er hätte sie getötet, sondern Jungkook. „Weiter.“
    „Du wirst dir immer und ich meine wirklich immer meine Seite anhören, bevor du mich bestrafen möchtest. Sollte ich tatsächlich eine Bestrafung verdienen, werde ich diese auch annehmen. Aber ich sollte die Gelegenheit haben, mich zu erklären.“ Jin holte tief Luft und wartete auf Namjoons Zustimmung. Dieser nickte und schwieg. „Ich darf kommen und gehen, wann ich will. Ich werde kein Gefangener mehr sein.“
    „Nein“, warf Namjoon kalt ein.
    „Doch! Ich werde hier wohnen, in deinem Schlafzimmer, wenn du es so wünschst. Ich bin jede Nacht da, aber ich darf auch, ohne dass du es verhinderst, einkaufen oder auch mal einen Kaffee trinken gehen.“ Er wartete kurz und hob die Hand. „Keine Angst, ich komme immer wieder zu dir zurück“, fügte Jin hinzu, als er sah, dass Namjoon erneut widersprechen wollte.
    Namjoon überlegte, doch dann nickte er widerstrebend. 
    „Du nimmst mich mit zu Veranstaltungen. Ich möchte nicht in dieser Villa eingesperrt bleiben, sondern am Leben teilhaben.“ Wieder ein kurzes Nicken. „Zu guter Letzt. Du wirst lernen, mir zu vertrauen. Nur so kann dieser Vertrag funktionieren. Bist du mit diesem Punkt nicht einverstanden, gehe ich!“ Jin hielt unwillkürlich die Luft an. 
    Namjoon betrachtete Jin, der mit erhobenem Kopf vor ihm stand. Er unterdrückte das Bedürfnis, ihn zu küssen und in den Arm zu nehmen. Ihm war sein falsches Verhalten vollkommen bewusst und er konnte froh sein, dass sein Kätzchen bereit war, trotz allem bei ihm zu bleiben und zu verhandeln. Da war nur noch eine Sache, die geklärt werden musste. „Ich darf weiterhin mit dir schlafen?“ 
    Jin atmete langsam aus. „Ja“, antwortete er leise. „Bist du mit meinen Punkten einverstanden?“ 
    „Bin ich, solange du ebenfalls deine Vertrags-Punkte einhältst. Hoseok“, wandte sich der Mafia-Boss an seinen Anwalt. „Hol den Vertrag. Er muss geändert werden. Ich hoffe, du hast dir alles gemerkt.“ Hoseok nickte und verschwand. Die ganze Zeit, während Jin mit Namjoon verhandelt hatte, war kein einziges Wort von den anderen gefallen. 
    Nun wandte sich Jimin an Jin. „Bist du dir sicher, dass du das tun möchtest, Jin?“
    „Jimin“, mahnte Namjoon streng. Er hatte Angst, Jin könnte doch noch abspringen, solange der Vertrag nicht geändert wurde. 
    Jimin ignorierte seinen Boss und sah seinen Freund forschend an. „Überleg es dir gut, ob du das wirklich willst. Versteh mich nicht falsch, ich bin froh, dass du bleiben möchtest, denn du bist mir ein lieber Freund geworden. Aber du solltest auch an dich denken.“ 
    Jin hörte Jimin nachdenklich zu, dann drehte er sich zu dem Mafia-Boss um. „Wirst du mich noch einmal vergewaltigen?“ 
    „Das habe ich nicht vor“, gab Namjoon tonlos von sich. 
    „Gut, denn versuchst du noch ein einziges Mal mir Gewalt anzutun, solltest du mit offenen Augen schlafen oder mich gleich töten. Du verstehst, was ich meine?“ Obwohl es der normale Jin war, der gesprochen hatte, war da der gleiche Unterton des anderen, starken Jin zu hören. Das wurde sowohl Jimin, Yoongi, als auch Namjoon bewusst.
    „Das wird nicht nötig sein, denn es wird nicht wieder vorkommen. Und falls doch, hast du jedes Recht dazu, dich gegen mich zur Wehr zu setzen.“ 
    „Siehst du, Jimin. Deine Sorgen sind unbegründet. Er hat mir indirekt die Erlaubnis gegeben, ihn zu töten, sollte er mir das noch einmal antun. Ist es nicht so, Namjoon?“ Jin sah den Blonden mit zusammen gekniffenen Augen an. Er hatte so kalt gesprochen, weshalb jeder im Raum eine Gänsehaut bekam, aber nur Jimin sich über die Arme rieb. 
    Namjoon musste schlucken. Jin konnte tatsächlich eiskalt sein, wenn er das wollte. Er hoffte nur, dass er nicht so blieb, denn er wollte sein anschmiegsames Kätzchen zurück haben. Dafür würde er wirklich alles tun, musste er sich mehr oder weniger selbst eingestehen. „Ja“, bestätigte er schließlich Jins Frage. 
     Er hörte Yoongi scharf einatmen. „Aber Boss ...“, fing dieser an, doch er hob die Hand. „Lass es gut sein, Yoongi. Ich habe ihn mit Gewalt genommen und ihn dabei verletzt. Darum ist es sein gutes Recht.“ 
    Namjoon sah Jin zufrieden lächeln und hoffte, er müsste das niemals bereuen. 
    „Yoongi, bring Lia zurück auf ihr Zimmer und lass sie bewachen, bis ich mir überlegt habe, was wir mit ihr machen. Vielleicht übergebe ich sie an Minhyun, der sie schon beim letzten Mal haben wollte. Sie würde gut in sein Bordell passen.“
    Yoongi befolgte den Befehl seines Bosses, packte die Bedienstete am Arm und zog die jammernde Frau hinter sich her zur Tür, durch die er mit ihr verschwand. Zu dritt warteten sie schweigend auf die Rückkehr von Hoseok, dem Anwalt.

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Bordell ... mir fiel nix besseres ein, um die Frau am Leben zu lassen. Naja, da ist sie wenigstens eine Gefangene.
Nun, Jin bleibt dann wohl. Hoffen wir nur, das Namjoon dieses Mal den Vertrag einhält.
Aber... ein eiskalter original Jin? Was passiert mit ihm? Drängt sich da gerade Böser-Bube-Jin in den Vordergrund?🤔
Erfahrt ihr, wenn ihr weiter lest. 😜

Mafia: Gefangene Unschuld (Namjin) Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt