Aufwiedersehen

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Eine Woche ist nun schon vergangen seit du deinen letzten Atemzug nahmst.

Seitdem ist nichts mehr so wie es einmal war.

Nun waren wir alleine.

Ganz alleine.

Die ganzen Blicke der anderen Menschen, störten mich.

Sie waren so mitleidig.

Ich wollte doch gar kein Mitleid.

Es waren so viele Leute gekommen, die ich alle nicht einmal kannte.

Ich konnte nicht einmal schätzen wie viele es waren.

100? mehr? weniger? ich weiß es nicht.

Was mir aber auffiel, es waren sehr viele Junge Menschen anwesend.

Wir standen alle um das Grab herum, meine Mum und ich saßen davor.

Meine Beinen hätten es nicht geschafft so lange zu stehen, ohne einzuknicken.

Die Hand meiner Mutter hielt meine ganz fest.

Aus meinen Augen kamen schon keine Tränen mehr.

So viel wie ich in den letzten sieben Tagen geweint hatte, ich hatte einfach keine Tränen mehr.

Der weiße hölzerne Sarg, wurde ganz langsam, von vier Männern,  in das Erdloch runter gelassen.

Aus Angst der Sarg könnte zu schnell runter fallen und unten aufschlagen.

Auf den Sarg meines Vater.

Als der Sarg unten war und es an der Reihe war, die Rosen und Briefe mit nach unten zu geben, stand meine Mutter als erstes auf und ging auf wackeligen Beinen auf das Grab zu.

Sie stand zitternd davor, in ihren Händen hielt sie eine weiße Rose.

Wir hatten uns für weiße Rosen entschieden, weil Ally die schon immer lieber mochte als die roten Rosen.

Ihre Begründung war jedes Mal als ich sie fragte warum das so sei, dass jeder rote Rosen mochte und sie wollte anders als die andern sein.

Meine Mutter sagte zwar etwas, aber man konnte es nicht verstehen, da sie so leise sprach das nur sie es verstand. Sie wurde immer wieder von heftigen Schluchzern unterbrochen.

Als sie fertig war mit reden, schmiss sie ihre Rose rein, drehte sich langsam um und kam dann wieder zu mir.

Nun war ich an der Reihe.

Ich stand mit zitternden Beinen auf und machte mich auf den Weg vor das Grab.

Der Weg kam mir lange vor, obwohl es nicht weit war. Vielleicht ein oder zwei Meter.

Alle Blicken lagen auf mir, das spürte ich und ich hasste im Mittelpunkt zu stehen.

Da stand ich nun, mit meiner Rose und einem Abschiedsbrief.

Ich hatte mir nicht vorgenommen irgendetwas zu sagen, doch die Worte sprudelte nur noch so aus mir raus.

"Ich vermisse dich so sehr, das kannst du dir nicht vorstellen. Warum kannst du nicht einfach wieder zu mir kommen? Mich wieder in dem Arm nehmen, wenn ich einen Alptraum habe? Ich wünschte ich könnte dich noch einmal umarmen. Nur noch ein einziges mal dein wunderschönes lächeln sehen. Dich sehen. Aber ich kann dich nie wieder sehen und das macht mich so fertig. Ich hätte nie gedacht das es mal soweit kommt das ich mich für immer von dir verabschieden muss. Dich nicht mehr wieder sehen kann und dich nie mehr ärgern kann. Ich hoffe du bist jetzt bei Papa und ihr seid glücklich zusammen. Ich liebe dich."

Ich ließ die Rose und den Brief gleichzeitig in das Erdloch sinken.

Nach diesen Worten, brach ich in Tränen aus.

Ich konnte es nicht mehr beeinflussen, es nicht mehr zurück halten.

Meine Beine konnten mich nicht länger tragen, doch bevor ich den kalten Boden berühren konnte, merkte ich zwei starke Arme um mich, die mich wieder zu meiner Mutter brachten.

Als ich mich wieder auf meinen mittlerweile kalten Stuhl befand, konnte ich erst erkennen, wer mich wieder auf den Stuhl gebracht hatte.

Mein Onkel stellte sich hinter mich und hielt seine Hände auf meiner Schulter, während meine Mutter mich in dem Arm nahm.

Ich sah zu wie als erstes unsere Familie, dann ihre Freunde und zum Schluss, die mir nicht bekannten Leute, sich von meiner Schwester verabschiedeten und Rosen ins Grab fallen ließen.

Manche kamen zu uns und sprachen ihr Mitleid aus, manche sahen uns einfach nur an, weil sie nicht wussten was sie machen sollten.

Als die beste Freundin meiner Schwester vor ihren Grab stand, fing ich noch heftiger an zu weinen.

Der Grund war ganz einfach, sie war wie eine Schwester für mich, als ich sie so fertig sah, machte mich das noch trauriger.

Sie ist zwar vor zwei Jahren weggezogen, fand aber immer Zeit für Ally und sogar für mich.

Die Menschen um uns herum verschwanden langsam und wir konnten uns auch wieder einigermaßen beruhigen.

Wie nun unser Leben aussehen wird?

Ob ich jemals wieder lachen oder glücklich sein könnte?

Ich weiß es nicht.

Doch ich hoffte es.

Nach einem Rückschlag kann es nur noch bergauf gehen oder konnte es tatsächlich noch schlimmer als jetzt kommen?

Keep me alive.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt