Vergleich

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Mein Leben hat sich immer noch nicht normalisiert.
Ich wache seit drei Wochen, jede Nacht auf, weil ich von meiner Schwester Träume. Die in einem weißen, wunderschönen, Kleid vor meinen Bett steht.
Jedes Mal aufs neue, hoffe ich, dass sie wirklich wieder vor mir steht, wenn ich aufwache.

Doch das, wird nie wieder passieren. Verstanden bzw. Verkraften werde ich es wahrscheinlich nie. Auch nicht nach Monaten oder Jahren. Ob es wirklich so ist, werde ich noch sehen. Oder auch nicht.

Schlimmer wie mir, geht es nur meiner Mutter, die ohne Tabletten nicht mehr einschlafen und nicht mehr durch den Tag kommt. Jedes mal wenn ich sie sehe, dann sieht sie mich mit einem total leeren und starren Blick an und sie versucht jedes mal zu lächeln, scheitert aber jedes mal wieder.

Mir ist auch aufgefallen, dass sie immer dünner wird. Muss an den Tabletten liegen, meinte sie. Ob das stimmte, wusste ich nicht. Weil immer wenn ich von der Schule komme, hat sie angeblich schon gegessen und zu Abend isst sie nichts mehr. Sie kann sonst nicht mehr schlafen wenn sie so spät noch was zu sich nimmt.

Das Problem hab ich nicht, ich könnte immer essen und danach einfach einschlafen. Es sei denn ich hätte Hunger. Was seit dem Tag der Beerdigung nicht mehr der Fall war. Ich weiß auch nicht an was das es liegt. Ich esse nur das nötigste, so das ich nicht umkippe, würde ich mehr essen, würde ich mich übergeben müssen. Kennt ihr das Gefühl?

Ich ging seit drei Wochen nicht mehr zur Schule, aus Angst das mich jeder blöd anschauen würde und fragen stellen würde. Bereit, über den Vorfall zu sprechen, war ich noch lange nicht. Jedes Mal wenn ich mit meiner Mum darüber reden will, verlässt mein Mund kein einziges Wort. Es wäre so als hätte ich das sprechen verlernt. Mein Mund bewegte sich zwar, doch kein einziges Wort kam raus. Immer wenn meine Tante zu besuch war, redeten sie über diesen Vorfall und ich konnte es langsam nicht mehr hören.

Meine Tante redete nur noch über sie, wie leid es ihr doch tue und sie sich nicht in meine Mum rein versetzen wollen würde. Weil sie hält den schmerz ja kaum aus und wenn es dann noch ihre eigene Tochter wäre, würde sie der Schmerz umbringen. Tolle Unterstützung. Sie fragte nicht einmal nach mir, kein 'wie geht es Rose?' oder 'wie geht sie damit um?'. Es schien als würde sie mich vergessen haben. So wie meine 'Freunde' sie schreiben mir nicht mehr oder kommen vorbei. Deshalb hab ich es aufgegeben und seit einer Woche nicht mehr aufs Handy geschaut. Bringt schließlich nichts, wenn einem keiner schreibt. Das machte mich wirklich traurig. Die einzige die noch immer ab und zu noch vorbei schaute war meine beste Freundin Kira. Sie war so süß, sie brachte mir immer Schokolade und Gummibärchen als Nervennahrung mit. Wir kannten uns schon seit wir Babys sind, da unsere Mütter sich gut verstanden und nur eine Straße weiter wohnten.

Außer mit meiner Mutter und mit Kira, habe ich mit sonst keinem geredet. Wenn irgendwelche Verwandten kommen, verzieh ich mich in mein Zimmer um nicht mit ihnen reden zu müssen. Es würde sich bloß alles nur um meine Schwester drehen und keiner würde sich um mich kümmern bzw. um mich sorgen machen. Außer meiner Mum und Kira ist keinem aufgefallen das ich dünner geworden bin. Ich müsste eigentlich mal wieder shoppen gehen, aber als Schüler hat man einfach nicht viel Geld übrig, was mich mehr als nur nervt. Meine Mutter möchte ich auch ungern fragen weil sie hat glaub ich momentan andere Geld sorgen. Die Beerdigung meiner Schwester muss einen Haufen Geld gekostet haben. Es war alles so wunderschön, wie sie. Wir sehen uns nicht ähnlich. Nicht ein winziges Merkmal hatten wir gleich.

Unterschiedliche Augenfarben, Haarfarbe, Körperbau und die Auswahl der Klamotten. Wenn man es nicht wusste, hätte man meinen können wir wären nur Bekannte. Jeder, den wir kannten, sagte das wir uns nicht ähnlich sahen. So als würde ich nicht dazu gehören.

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