Der Traum

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Nachdem der Schultag ohne weitere Peinlichkeiten vorbei gegangen war, trafen wir drei uns in einem kleinen gemütlichen Café um die Ferien zu planen.

Wie immer war ich die letzte die ins Café kam. Immer zu spät zu kommen ist doch auch eine Art Zuverlässigkeit oder?

Kira und Corbyn saßen schon in einer Ecke und unterhielten sich. Ich setzte mich neben Kira und streifte meine schwarze Jacke von den Schultern. „Das du nicht einmal pünktlich sein kannst" lachte Kira und stieß mir leicht in meine Rippen. "Sind ja nur 5 Minuten" zuckte ich mit den Schultern. "Solange du mich nicht wieder 45 Minuten warten lässt wie letztes Mal" gab Kira etwas genervt von sich, sie ist immer genervt wenn ich zu spät komme, da sie es nicht verstand was so schwer daran ist pünktlich zu kommen. Ich zuckte nur mit die Schultern und bestellte mir einen Schoko Cappuccino. Corbyn hatte bis jetzt noch gar nichts gesagt sondern sah mich einfach nur an. Seine blauen Augen strahlten, als ich den Blickkontakt erwiderte. Jedes Mal aufs neue konnte ich mich in seinen Augen verlieren.

Kira räusperte sich und grinste mich an. Ich verdrehte die Augen und sah auf mein Handy. Was ein Wunder hatte ich keine Nachrichten, wer würde mir denn schon freiwillig schreiben. Dank Maja war ich nicht einmal im Klassenchat.

Als unsere Getränke und Kira's Schokoladenkuchen kamen, nahm ich einen Schluck und musste unwillkürlich Lächeln. In dem Moment machte Corbyn ein Foto von mir. "Musste das sein?" Fragte ich und stellte meine Tasse wieder hin. "Es sah putzig aus, dein kleines Gesicht mit der Riesen Tasse" grinste er und trank nun selber von seinem Kaffee.

Wir unterhielten uns über Gott und die Welt und Kira war ungewöhnlich still. „Kira warum bist du still?" fragte ich meine rechte Sitznachbarin und zog die Linke Augenbraue nach oben. „Ich werde in den Ferien nicht hier sein" sagte sie und sah bedrückt auf den Tisch. „Was warum?" geschockt sah ich zu Corbyn der nur mit den Schultern zuckte. „Meine Tante liegt im Krankenhaus und meine Eltern haben beschlossen das wir für eine Woche dahin fahren um uns um ihr Haus und ihre Katzen zu kümmern. Da es 5 Stunden von hier entfernt liegt können wir ja schlecht zwei mal am Tag hin und her fahren. Ich hab mich schon so auf die Ferien mit euch gefreut" sie sah mich mit glasigen Augen an und ich nahm sie in den Arm.

Nachdem wir ihr gefühlt tausend mal versichert haben dass wir es wirklich nicht schlimm fanden, wenn sie uns für eine Woche allein ließ, hatte sie schon wieder bessere Laune. Diese wurde aber durch ihr Handy klingeln sofort wieder schlechter. „Ich muss nach Hause" erklärte sie, stand auf, umarmte uns und ging dann.

Nun waren der blondschopf und ich alleine. „Und was machen wir in den Ferien?" fragte er und sah mich an. Ich überlegte kurz. „Ich habe keine Ahnung" - „weißt du überhaupt etwas?" lachte er. „Pff" schnaubte ich und verschränkte meine Arme vor meiner Brust. „Wir könnten ja zu mir einen Film anschauen und uns dabei überlegen was wir machen könnten?" Schlug er vor. Ich überlegte kurz und nickte anschließend langsam.

Bis heute war ich noch nie bei ihm zu Hause gewesen, wir waren meistens in der Stadt oder bei Kira, da sie das größte Haus von uns hatte. Sein Zimmer war relativ groß und schlicht eingerichtet. Da er ein großes graues Boxspringbett besaß, nahm ich Anlauf und schmiss mich auf sein weiches Bett. Er kam mit einem Grinsen auf mich zu und legte sich neben mich, ohne den Augenkontakt zu unterbrechen. Eigentlich konnte ich Augenkontakt nicht lange standhalten, mich schüchterte sowas total ein. Außer bei ihm. Bei ihm ist alles anders. Das machte mir Angst. Sehr sogar.

Ich räusperte mich kurz und stützte mich auf meine Ellenbogen ab. „So und welchen Film schauen wir jetzt?" fragte ich und sah zu seinem Riesen DVD Regal auf der linken Seite. „du hast die Auswahl zwischen Horrorfilmen und Horrorfilmen" lachte er. „Du hast sonst keine anderen?" geschockt sah ich ihn an. „Doch aber die sind alle langweilig. Also welchen?" grinste er mich an. „Ähm der wo am harmlosesten ist" meinte ich und sah zu wie er zu dem dunklen Holzregal ging. Er zog einen heraus und hielt die Verpackung in die Luft. „Friedhof der Kuscheltiere der Remake. Ist der perfekte Einsteiger Film. Meiner Meinung nach" meinte er und ich sah ihn skeptisch an. "Ich bring dich um, wenn der voll gruselig ist." Sagte ich in einem sehr ernsten Ton von mir. Er versicherte mir noch, dass er wirklich nicht schlimm sei und startete dann auch schon den Film.

Vorher hatte er noch eine Schüssel voll Chips aufs Bett gestellt. Ich hatte mich in seine Decke eingekuschelt. Am Anfang war der Film sogar Lustig, aber als die Szene mit ihrer verkrüppelten Schwester im Speiseaufzug kam, war es aus für mich. Ich verkroch mich schreiend unter der Decke und schloss meine Augen. Ich redetet mir ein, dass es alles nur ein Film ist und das nicht der Realität entsprach. Aber mein Gehirn wollte es einfach nicht glauben. „Rose?" hörte ich Corbyn fragen und man hörte, dass er ein Grinsen auf den Lippen hatte. „Ich hasse dich." murmelte ich, als er die Decke wegzog. „So gruselig war das doch gar nicht" meinte er und ich sah ihn mit einem Todes Blick an. „Für dich vielleicht" schmollte ich und setzte mich wieder aufrecht hin. „Können wir was anderes anschauen? Was lustiges?" fragte ich und setzte meinen besten Hundeblick auf. Er sah mich einige Minuten grinsend an bevor er schließlich nickte und wieder zum Regal ging.

Diesmal war es eine Serie und kein Film. Er hat Rick und Morty ausgesucht was auch wirklich lustig war. „Na ist das besser?" neckte er mich. Ich nickte und suchte eine bequeme Position, was allerdings schwer war, da ich wie eine Sushirolle aus einer Bettdecke aussah. Er sah mich etwas irritiert an, da ich mich von Seite zu Seite rollte. „Unbequem" kaum hatte ich das Wort ausgesprochen, schon lag ich in seinen Armen, was mir ein bisschen die Röte ins Gesicht schießen ließ. „Besser?" murmelte er gegen mein Haar und als Antwort kuschelte ich mich nur noch mehr an ihn, was ihm ein Lachen entlockte. Ich liebe sein Lachen. Ich sah kurz zu ihm und grinste. Danach konzentrierte ich mich auf den riesigen Bildschirm vor mir.

Corbyn malte mit seinen Daumen die ganze Zeit über beruhigend kleine Kreise auf meinen Rücken. Was auch der Grund war, das ich nur 2 Folgen der Serie sah und danach eng an den Blondie gekuschelt einschlief.

Ich war in einem riesigen leerstehenden Haus. Es waren keine Möbel darin, keine Bilder hingen an der Wand. Das einzige was ich fand, war Staub, Spinnweben und das Geräusch von Mäusen die an den alten Holztüren nagten. Wie ich hier gelandet war oder was ich hier wollte weiß ich nicht. Ein leises Poltern von oben ließ mich zusammenzucken. Ich war doch alleine hier, oder etwa doch nicht? „Hallo?" fragte ich vorsichtig und leise. Meine zittrigen Füße trugen mich, von dem Flur in dem ich stand, in eine große Küche. Sie war ebenfalls leer bis auf eine alte hölzerne Küchenzeile. An der gegenüberliegenden Wand war ein Speiseaufzug.

„Du bist an allem schuld" es hörte sich an wie das Rauschen des Windes. Ich drehte mich in alle Richtungen. Sehen woher es kam konnte ich nicht. "Rose, wegen Dir kann ich nicht weiter leben" hallte es wieder und diesmal war das Poltern direkt über mir. Ich zuckte zusammen und ging automatisch weiter zurück. "Hör auf" schrie ich ängstlich und die ersten Tränen bahnten sich den Weg über mein Gesicht.

Das Poltern über mir nahm zu. Ich wollte weg laufen aber meine Beine blieben wie versteinert stehen. „Nur du allein bist schuld" nach diesen Worten polterte es nochmals ziemlich laut. Bevor der Speiseaufzug von oben nach unten fuhr. Unten öffnetete er sich quietschend und was ich da sah, ließ mein Blut in den Adern erfrieren und ich konnte nicht anders als zu schreien.

Meine Schwester hing verkrüppelt in diesen Aufzug. Sie war blass und hatte die Augen geschlossen. Plötzlich öffnete sie die Augen und flüsterte „du bist schuld, Rose" und schloss ihre Augen wieder.

Keep me alive.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt