2 | 𝐏𝐚𝐬𝐭𝐞𝐥𝐥𝐟𝐚𝐫𝐛𝐞𝐧

327 15 2
                                    

Alenias hohe Schuhe klappern auf dem schneeweißen Boden, während sie sich ab und zu mit einem Grinsen zu uns dreht.
»Euer Apartment ist im siebten Stock, da ihr ja auch Distrikt 7 seid.«, kichert sie und läuft zu einem Fahrstuhl.
Kurz landen meine Augen auf Chan, der meinen Blick erwidert und mit den Schultern zuckt.

Der sogenannte Fahrstuhl ist ein Glaszylinder, wobei man gar nicht das Glas sieht.
Sicherheitshalber trete ich einen Schritt vom Rand weg und richte meine Augen wieder geradeaus.

Im 2. Stockwerk steigt ein Junge mit festem Gesicht in den Fahrstuhl und sieht uns kurz grimmig an, bevor er uns seinen Rücken zuwendet und die Hände verschränkt.
Die Stille ist zum Zerschneiden dick und ich weiß nicht, ob es an ihm liegt oder einfach daran, dass ich immer noch keine Worte über meine Lippen bekomme.

Im 6. Stock steigt der Junge wieder aus, doch dabei entgeht mir nicht, dass er kurz über seine Schulter zu mir sieht. Erschrocken halte ich die Luft an, doch lasse sie wieder entweichen, als der Fahrstuhl weiterfährt.
»Das war JB aus Distrikt 6.«, teilt uns Cyrian mit und beendet somit das Schweigen.
»Werden wir alle Tribute noch richtig kennenlernen?«, erhebt Chan die Stimme und ich nicke kurz, da die Frage mich auch interessiert.
Alenia quiekt kurz erschrocken auf, doch schüttelt dann mit dem Kopf und vergräbt den Kopf in den Händen.
Beim nächsten Ping steigen wir alle aus und laufen wieder diesen schneeweißen Gang entlang, der uns zu einem Glastunnel führt.
Meine Augen weiten sich ein Stück, da die Stadt sich noch viel weiter erstreckt, als ich dachte.
»Heute Abend findet ein großes Essen mit allen Tributen, Präsident Blaze und dem Spielemacher Anntoin statt.«, unterbricht Alenia meine Gedanken und wedelt kurz dramatisch mit dem Finger.
»Dem Spielemacher? Warum?«, runzle ich die Stirn und Cyrian zieht lachend die Luft ein.
»Meiner Meinung nach, wollen die Beiden euch nur ausspionieren. Gucken wie ihr tickt und so weiter.«, brummt er und senkt den Kopf ein wenig.
»Die nächsten Tagen wollen sie uns eh nur ausspionieren, damit sie genau wissen, wen sie auf wen schicken.«, zischt Chan ein wenig genervt, doch ich kann ihm dabei nur zustimmen und nicke knapp.

Unser Gespräch kommt zu einem Ende, als Alenia mit einem breiten Grinsen vor einer Tür stehen bleibt.
»Eure schlechten Gedanken könnt ihr in eurem Kopf behalten.... Jetzt lernt ihr erstmal euer Apartment kennen, was ihr sehr lieben werdet; genau wie ich.«, quiekt sie wieder und hüpft kurz in die Luft, weshalb meine Mundwinkel in die Höhe zucken. Sie ist schon sympathischer Mensch...
Während Cyrian die Augen verdreht, drückt Alenia die Klinke nach unten und lässt uns den Vortritt.
Helle Farben erscheinen und wirklich bizarre Möbelstücke stehen in dem Raum, der größer als mein Haus in Distrikt 7 ist. Mit leicht geöffnetem Mund drehe ich mich zu Chan, der ebenfalls die Augenbrauen in die Luft gehoben hat.
»Sieht es nicht herrlich aus!«, seufzt Alenia glücklich und quetscht sich an uns vorbei.
Kurz vor den Tränen breitet sie die Arme aus und dreht sich einmal, bevor sie genau uns anguckt.
»Das ist alles nur für euch.«
Mit einem sanften Nicken antworte ich ihr und trete weiter in den Raum, um alles besser zu sehen.
Das Sofa sieht sehr gemütlich aus und die Kissen...
Plötzlich spüre ich das Verlangen, mich da rein zu legen und einfach nur zu schlafen, doch als Cyrian in die Hände klatscht, zerplatz mein Gedanke wie eine Seifenblase.
»Fallt nicht in dieselbe verträumte Blase, wie Alenia ist. Das Essen findet in zwei Stunden statt, also lebt euch einfach ein. Die Zimmer sind da hinten.«
Der Flur ist mit mehreren Bildern von Landschaften in dunklen Farben verziert, was einen sehr großen Kontrast zu den hellen Möbeln und den Wänden herstellt.
Chan geht ohne ein weiteres Wort in sein Zimmer und schließt die Tür hinter sich, weshalb ich ebenfalls die Tür vor mir öffne und sofort in einem Meer aus Pastellfarben umgeben bin.
»Ihr wisst wirklich, was man unter Übertreiben versteht.«, nuschle ich vor mich hin und schließe die Tür hinter mir.
Die Kissen auf dem Bett sind die Gleichen wie auf der Couch und ich sehe sie einen Moment an, bevor ich zögernd darauf zugehe und die Hand ausstrecke.
Oh mein Gott... Das ist wohl der weichste Stoff, den ich je berührt habe.
Kurz vergesse ich, dass ich bald Menschen umbringen muss und springe in das Bett, was mich sanft abfängt und kurz in die Luft schubst, bevor ich weich wieder auf die Laken falle.
Das Lächeln auf meinen Lippen kann ich nicht verhindern und schließe kurz die Augen, um das alles in mich auf zu saugen.
Doch von diesem Moment schweife ich zurück nach Hause und meine Mundwinkel sinken wieder nach unten.
Langsam richte ich mich wieder auf und sehe mich im Raum um, der immer noch in hellen Farben mich gruselig angrinst.
Entsetzt über meine Leichtsinnigkeit springe ich auf die Füße und starre das Bett an.
Noch keine Stunde und ich werde schon zu diesen verrückten Monstern hier.

Während ich meine Hände falte, drehe ich mich um, um die anderen Dinge im Raum zu begutachten.
Meine Augen fallen auf den in grau gehaltenen Kasten, der sich als Schrank herausstellt, als ich ihn öffne.
Samtige Hemden, Kleider, Hosen und unzählige Oberteile grinsen mich verlockend an und ich fahre kurz mit der Hand darüber.
In Distrikt 7 haben wir gerade mal ein kratziges Kleid und zu dünne Socken, wobei die Zehen im Winter immer abfrieren. Der Gedanke daran lässt mich kurz zusammenzucken.
Schnell schließe ich den Schrank wieder und laufe weiter.
Ein riesiger Fernseher und ein Badezimmer, das fast genauso groß ist, wie das Zimmer hier, bieten weitere Dinge, von denen ich eigentlich nur träumen konnte.

Irgendwann kommt plötzlich Alenia ins Zimmer und sieht sich kurz im Raum um.
Entweder sie denkt, ich habe irgendwas kaputt gemacht oder eine weitere Person sollte hier sein.
»Und? Wie findest du dein Zimmer? Ist es nicht phänomenal?«
Ihre Wimpern klimpern begeistert und sie schaut mich durch ihre grünen Kontaktlinsen an.
»Es ist ganz okay.«, sage ich nett.
Es ist keine Lüge, aber trotzdem auch nicht die ganze Wahrheit.
»Siehst du! Es ist gar nicht so schlimm, wie du denkst und jetzt...«
Alenia klatscht grinsend in die Hände.
»...machen wir dich mal für das Essen fertig. Ich will, dass mein kleiner Engel die schönste ist.«

Noch mitten im Satz läuft sie zu meinem Kleiderschrank und öffnet ihn, danach schaut sie mit tiefen Faltern in der Stirn durch die Kleider, bevor sie ein nachtblaues mit silbernen Glitzersternen herauszieht.
»Das betont deine Augen!«, sagt sie mehr zu sich selbst, statt zu mir und hält es von sich weg, während sie weitersucht.
Zögernd nehme ich es ihr ab und halte es an meinen Körper. Hässlich ist es nicht, da muss ich ihr Recht geben.
Plötzlich erscheint vor mir ein Spiegel, wo gerade noch die Zimmertür war und Alenia zwinkert mir grinsend zu.
Mit einem leichten Lächeln gehe ich an den Spiegel heran und sehe es mir an.
Ganz in meinen Gedanken bemerke ich gar nicht, wie Alenia hinter mir auftaucht und dramatisch die Hände vor den Mund schlägt.
»Das ist es. Probiere es an!«
Ehe ich mich versehen kann, schickt mich die Frau in das Badezimmer und verschließt die Tür.
Allein und mit einem Kleid in der Hand sehe ich leicht verwirrt in den Spiegel über dem Waschbecken und gebe dann ein Seufzen von mir. Es nützt doch jetzt nichts, wenn ich mich weigere...
Mit einem tiefen Luftzug lege ich meine Sachen ab und schäle mich in das nachtblaue Kleid, was mich mit einer solchen Leichtigkeit, wie die Kissen aus dem Bett, umgibt.

Als ich wieder aus der Tür trete, hat Alenia schon sehnsüchtig gewartet und sie wirft erneut die Hände vor den Mund.
»Das ist es! Auf jeden Fall!«
Weint sie jetzt etwa?
Eigentlich bin ich in dem Verlangen, die Augen zu verdrehen, doch ich halte mich zurück und gebe ein schwaches Lächeln von mir.
»Und jetzt noch deine Haare und ein wenig Make-Up und Schwups!... Du bist die hübscheste im Raum.«
Mit erhobenen Armen kommt sie auf mich zu und geht mit mir ins Badezimmer, wo sie plötzlich, von wo auch immer, einen Stuhl herbeiholt und danach die Schieber unter dem Waschbecken öffnet.
Alenia sieht von dem Stuhl zu mir und dann wieder zu dem Stuhl, was ich als Zeichen deute und mich setze.
Als erstes bürstet sie meine Haare richtig durch und setzt dann ein komisches Ding in Einsatz, das ich als Altmetall angesehen hätte.

Nach gefühlter Ewigkeit lässt Alenia mich und mein Gesicht in Ruhe und dreht mich zum Spiegel, wo ich erschrocken die Augen weite.
»Was ist? Oh Gott, es gefällt dir nicht!«, plappert sie los und lässt schüttelnd den Kopf sinken.
»Nein, ich... Es ist nur ungewohnt, aber deine Arbeit ist toll geworden.«, beruhige ich sie und greife nach ihrer Hand, die sie mit einem leichten Lächeln drückt.
Ein Klopfen ist an der Badezimmertür zu hören und Alenia eilt sofort zur Klinke.
»Ist sie fertig? Wir sollte langsam los.«
Ich erkenne Cyrian erst, als Alenia einen Schritt zur Seite geht, doch das Lächeln auf seinem Gesicht sehe ich sofort.
»Ich wusste, dass du glänzen kannst.«, grinst er und ich stehe leicht verlegen auf.

Die Beiden führen mich raus, wo ich Chans Rücken im Wohnzimmer treffe.
Cyrian räuspert sich und schon treffe ich die dunklen Augen meines Partners, die kurz überwältigt aussehen. Er trägt ebenfalls einen dunkelblauen Anzug, der meinem Kleid gleicht.
»Wow...D-Du siehst gut aus.«, stammelt er neben der Spur und ich senke erneut die Augen, um mein Grinsen zu verbergen.
»Dann zeigen wir Mal, dass wir glänzen können.«, kichert Alenia und geht zur Tür.
Bevor ich über die Schwelle trete, lässt mich Chan mit einem leichten Lächeln vor.
Ich habe ihn noch nie wirklich lächeln gesehen...
Mit einem aufgeregten Atemzug von mir laufen wir weiter und steigen in de Fahrstuhl, der im 13.Stock hält.
Das Essen kann beginnen.

⁰¹ 𝐡𝐮𝐧𝐠𝐞𝐫 𝐠𝐚𝐦𝐞𝐬 ━ kpopWo Geschichten leben. Entdecke jetzt