Im Visier

Kapitel 15

So fest sie konnte, schlug Alan auf den Boxsack ein. Sie ließ ihre ganze Wut an ihm aus, bis er schließlich aufriss und der Sand auf den Boden rieselte.
Zwei Wochen. Verdammte zwei Wochen waren Tony, Clint und Steve schon verschwunden. Sie drehte sich um und wickelte sich die Bandagen von den Fäusten. Der kaputte Boxsack interessierte sie im Moment überhaupt nicht. Plötzlich wurde die Tür zum Trainingsraum brutal aufgerissen.
„Wir haben etwas!", rief Tasha kurz und verschwand gleich wieder. Doch Alan kam ihr sofort hinterhergelaufen, um den Fortschritt zu begutachten. Oben angekommen, traf sie nicht nur auf Bruce, sondern auch auf Fury und Coulson, die sie bei ihrer Suche unterstützten.
„Was haben wir?", wollte das Mädchen wissen. Bruce zeigte bloß auf eine große, digitale Landkarte, auf der man einen roten, blinkenden Punkt erkennen konnte.
„Haben Sie schon jemanden losgeschickt?", fragte sie Fury. Eigentlich wäre sie gerne selbst auf die Suche gegangen, doch inzwischen hatte sie akzeptiert, dass sie den Tower nicht verlassen durfte.
Der Dunkelhäutige verneinte.
„Was!? Warum nicht?", rief sie aufgebracht, „wer weiß, was die durchstehen müssen!"
„Ihnen geht es gut. Beruhigen Sie sich!", erwiderte Coulson, „HYDRA hat uns Koordinaten und Standpunkt in Form eines Videos geschickt. Dort sind sie auch zu sehen und es geht ihnen gut." Das Mädchen sah ihn verwirrt an.
„HYDRA hat uns kontaktiert?"
„Ja! Sie wussten, dass wir jemanden losschicken würden und waren vorbereitet. Nun wollen sie einen Deal. Oder eher gesagt: ein Treffen. Sie würden die Geiseln mitbringen, aber im Gegenzug müssen Sie drei auch anwesend sein. Natürlich kommt das nicht in Frage, also...", erklärte Fury, wurde aber von einer furiosen Alan unterbrochen.
„Bitte, was!? Das kommt nicht in Frage!? Sind Sie denn noch zu retten!? Das ist die einzige Chance, die drei heil rauszubekommen!"
„Ms. Morris! Ich denke, ich habe Ihnen bereits erklärt, dass Sie den Tower nicht..."
„Mir ist egal, was Sie mir erklärt haben! Dieses Treffen wird stattfinden! Und da ich weiß, wie viel Ihnen an den Avengers liegt, werden Sie uns wohl oder übel mit einigen Ihrer Agenten unterstützen müssen! Sonst wird es die berühmten Avengers bald nicht mehr geben und das allein Ihretwegen! Wollen Sie das etwa? Ich glaube nicht. Also, wann und wo soll das Treffen sein?", tobte Alan und brachte den Erwachsenen so zum Schweigen. Für eine Weile sah er sie einfach nur an und wenn er könnte, hätte er sie mit seinem Blick wahrscheinlich getötet. Aber schließlich sah er ein, dass sie recht hatte. HYDRA ließ nicht mit sich verhandeln.
„An einem alten Flughafen, der schon vor einiger Zeit geschlossen worden ist. Keine Menschen oder Gebäude in unmittelbarer Nähe. Es wird wahrscheinlich zum Kampf kommen, aber wir werden Ihnen natürlich Leute zur Verfügung stellen. Das Treffen ist morgen. Ruhen Sie sich gut aus, wir fliegen um Punkt sechs Uhr!", sagte Fury ruhig. Mit diesen Worten verließen er und Coulson den Raum und gaben somit den drei Avengers Zeit, um sich auf den morgigen Tag vorzubereiten.

Clint trat wütend gegen die Wand und brüllte laut.
„So werden wir auf jeden Fall rauskommen", meinte Tony ironisch. Der Bogenschütze reagierte aber nicht darauf, sondern wanderte gereizt in der Zelle auf und ab.
„Clint, du solltest dich wirklich ein bisschen beruhigen", meinte der Cap.
„Beruhigen? Die wollen die anderen in eine Falle locken und ich soll mich beruhigen!?", schrie er aufgebracht. Darauf erwiderte niemand etwas, denn es stimmte. Das einzige, das ihnen blieb, war Hoffnung. Hoffnung, dass die anderen einen Plan und sie etwas Glück hatten. Denn das würden sie dringend brauchen.

Tasha tippte in regelmäßigen Abständen auf den Boden. Alan saß mit geschlossenen Augen auf einem der Sitze und versuchte, sich mental auf den bevorstehenden Kampf vorzubereiten. Auch Bruce konnte man die innere Nervosität, bis auf den etwas beschleunigten Atem, nicht wirklich anmerken. Nur Fury war unübersehbar aufgebracht. HYDRA war ihnen einen Schritt voraus gewesen. Das bedeutete, dass sie möglicherweise einen Maulwurf bei SHIELD hatten. Er hatte Coulson bereits beauftragt, sich unauffällig umzuhören und niemandem davon zu erzählen. Im Moment schien einfach alles im Eimer zu sein.

Der Cap schwitzte. Seit zirka 20 Minuten versuchte er nun schon, sich von den Ketten loszureißen. Doch sie wollten einfach nicht zerspringen. Auch Clint gab sein bestes, aber wenn es der Cap schon nicht schaffte, wie sollte er es dann. Tony hatte bereits aufgegeben. Sie konnten einfach nur hoffen, dass ihre Freunde nicht aufkreuzen würden.
„Sie kommen!", rief plötzlich ein Agent.
„Macht euch bereit!"

Nun standen sich die beiden gegnerischen Seiten gegenüber. Auf der einen Seite Tony, Clint, Steve und fünf HYDRA-Agenten - auf der anderen Tasha und Al im Vordergrund, Bruce etwas weiter hinten in Menschengestalt. Tasha sah sich nach weiteren Agenten um. Und als Alan bemerkte, dass es keinen erkennbaren Anführer gab, wusste sie, dass dies hier ein Gemetzel, eine blutige Schlacht werden würde.