4. Kapitel

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,,Rosenherz! Hol Nachtblüte schnell!", durchbrach Amselfeders Ruf die Nacht. Vor zwei Monden war die schwarze Kätzin in die Kinderstube gezogen. Erschrocken blinzelte Flammenjunges hinter seiner Mutter hervor. ,,Los, raus mit euch!", wies sie ihre Jungen an, woraufhin die fünf ihrer Mutter aus dem Bau folgten. Der Morgen dämmerte schon und die Morgenpatroullie wollte gerade aufbrechen, doch nun löste sich Feuerfunke aus der Menge und lief auf Rosenherz zu. Dann unterhielten sie sich kurz und Feuerfunke rannte so schnell er konnte zum Heilerbau. Dann stürmte Nachtblüte hinaus, Schwanenherz hinter sich, beide waren mit Kräutern vollgeladen. ,,Stirbt Amselfeder jetzt?", fragte Kirschjunges leise. ,,Nein, alles gut, mach dir keine Sorgen. Sie bekommt jetzt ihre Jungen. Kommt her", sagte Rosenherz, legte sich hin und kuschelte sich an ihre fünf Jungen. Flammenjunges genoss die Wärme und Geborgenheit, die sie ausstrahlte. Bei ihr fühlte er sich einfach wohl und sicher.

Flammenjunges schien eingeschlafen zu sein, denn als er die Augen wieder öffnete, war ihm kalt. Plötzlich realisierte er, dass er allein war, nur Rosenherz saß ein paar Mäuselängen entfernt von ihm. ,,Wo sind die anderen?", fragte er gähnend. ,,In der Kinderstube. Sie wollen alle die neuen Jungen sehen. Es sind drei: ein Kater und zwei Kätzinnen." Aufgeregt nickte Flammenjunges und schob sich in den Bau. Drinnen war es voll, überall standen Katzen und in einem Nest in der Mitte lagen Amselfeder, Feuerfunke und drei winzige Fellbündel. Mit denen würde sich Flammenjunges noch zwei Monde lang die Kinderstube teilen müssen, bevor er endlich Schüler wurde. Er drängte sich etwas weiter vor, um die kleinen Katzen näher betrachten zu können. Der Kater stach ihm sofort ins Auge. Es war ein großer, goldener Kater, der seine Geschwister wegdrückte, um am meisten Milch zu bekommen. Flammenjunges konnte darüber nur den Kopf schütteln. Wollte der Kater, das seine Geschwister verhungerten? Das nächste Junge war eine kleine, beige Kätzin, die Flammenjunges nicht weiter beachtete, weil er nun die letzte Kätzin sah: es war eine wunderschöne, silberne Kätzin, über deren Fell sich schwarze Streifen wie schwarze, elegante Schlangen zogen. Sie hatte schon jetzt eine anmutige Eleganz. ,,Wie heißen die drei denn?", fragte Lilienschweif, die direkt neben ihm stand und Flammenjunges so aus seinen Tagträumen riss. ,,Der goldene Kater ist Löwenjunges, die beige Kätzin Farnjunges und die silberne Kätzin Silberjunges", antworte Amselfeder stolz. Silberjunges, dachte Flammenjunges und ein warmes Gefühl breitete sich in ihm aus.

Winzige Zähne gruben sich in Flammenjunges' Schwanz und der rote Kater schüttelte ärgerlich Farnjunges von seiner Schwanzspitze weg. Die kleine Kätzin quiekte aber nur vergnügt und hüpfte dann zu Silberjunges. Kurz verharrte Flammenjunges' Blick bei den beiden Kätzinnen, dann wandte er sich wieder Krähenjunges zu ,,Wo waren wir stehen geblieben?", fragte der rote Kater gähnend. Die beiden Brüder hatten sich nebeneinander auf einem Stein niedergelassen und genossen die letzten warmen Tage. Bald würde sie kalte Blattleere kommen. Die Blätter hatten sich schon alle bunt gefärbt und hin und wieder segelte ein Blatt zu Boden. Genüsslich streckte Krähenjunges seine Krallen aus und nagelte ein rotes Blatt an den Boden. ,,Eichenstern hat uns immer noch nicht zu Schülern ernannt", erinnerte der schwarze Kater ihn. ,,Ach ja...", Flammenjunges' Schwanzspitze fing vor Ärger an zu zucken, was Silberjunges den Anlass gab, auf sie zu springen und sie wie Beute festzuhalten. Flammenjunges sah der kleinen Kätzin schnurrend zu, wie sie ausgelassen spielte. ,,Aber inzwischen sind wir echt alt genug!", nahm Krähenjunges das Gesprächsthema wieder auf. ,,Ja, schon... aber lass uns jetzt schlafen gehen, ich bin so müde", gähnte Flammenjunges und richtete sich auf. Sanft stieß er Silberjunges von seiner Schwanzspitze weg. ,,Komm, lass uns rein gehen", meinte er zu der kleinen silbernen Kätzin. Diese nickte und hüpfte neben ihm her in die Kinderstube. Flammenjunges genoss jede Minute mit ihr; in der Kinderstube hatte er sich in seinem Nest den Platz gesucht, der am nächsten zu dem anderen Nest, dem von Amselfeder, war. Müde ließ er sich nun in das Nest sinken, schloss die Augen und genoss den vertrauten Geruch von Silberjunges.

,,Alle Katzen, die alt genug sind, ihre eigene Frischbeute zu machen sollen sich unter dem Hochstamm zu einem Clantreffen versammeln!", riss Eichensterns Stimme Flammenjunges unsanft aus dem Schlaf. Gähnend richtete sich der rote Kater auf und schüttelte sich Moosreste aus dem Pelz. Dann unterzog er sich einer hastigen Wäsche und lief hinaus zum Hochstamm. Frost knirschte unter seinen Pfoten, als er über den von bunten Blättern bedeckten Boden lief und der Kater stellte sein Fell auf. Der Himmel war bewölkt und nur vereinzelt rissen die Wolken kurz auf. ,,Kirschjunges, Himbeerjunges, Flammenjunges, Krähenjunges und Sturmjunges, treten vor!" Beim Klang seines Namens zuckte Flammenjunges zusammen. Hatte er etwas falsch gemacht und sollte nun vor dem ganzen Clan getadelt werden? Nein, rief er sich selbst zur Ordnung, wenn es so wäre, dann wären die Anderen nicht auch vorgerufen worden! Also fasste er sich ein Herz, überquerte den Bachbaum zügig und stellte sich neben seine Geschwister. In Kirschjunges' und Himbeerjunges' Gesicht sah er die gleiche Verwirrung, die er selbst fühlte, Krähenjunges schaute mit einer Mischung aus Vorfreude und Angst dem Anführer entgegen und nur Sturmjunges schien sich zu freuen, auf das, was gleich folgen würde. ,,Ihr seid nun sechs Monde alt und somit bereit, eure Ausbildung zu beginnen!", sprach Eichenstern weiter und in Flammenjunges' Brust breitete sich warm Erleichterung und Vorfreude aus. Das war der Moment, auf den er schon so lange gewartet hatte! ,,Kirschjunges, du sollst von nun an Kirschpfote heißen. Hasenzahn, du hattest bisher noch keinen Schüler, bist aber eindeutig bereit dafür. Du wirst Kirschpfotes Ausbildung übernehmen." Die braune Kätzin nickte und trat stolz einen Schritt vor, legte ihre Nase an die von Kirschpfote und ging mit ihrer Schülerin einen Schritt zur Seite. ,,Himbeerjunges, von diesem Augenblick an sollst du Himbeerpfote heißen. Dein Training wird Steinblüte übernehmen." Eine graue Kätzin trat stolz aus der Menge,und berührte Himbeerpfotes Nase mit ihrer und gesellte sich dann zu Hasenzahn und Kirschpfote. ,,Flammenjunges", wandte sich Eichenstern endlich an ihn. Das Herz des roten Katers drohte zu zerspringen, so voller Freude und Aufregung war er, als der Anführer endlich ihn ansprach. ,,Von diesem Moment an, bis du dir deinen Kriegernamen verdient hast sollst du Flammenpfote heißen. Deine Mentorin wird Luchssprung sein. Luchssprung, deine eigene Schülerzeit war nicht leicht für dich, aber die letzten Monde haben mir bewiesen, dass du eindeutig bereit für deinen Schüler bist. Du wirst die Ausbildung dieses Schülers übernehmen." Luchssprung sah so aus, als müsse sich sich sehr beherrschen, nicht vor Freude kleine Luftsprünge zu vollführen, doch sie riss sich zusammen, trat vor und legte ihre Nase an die von Flammenpfote. Dieser schloss einfach die Augen und stellte sich vor, was für eine schöne Zeit er mit seiner Mentorin verbringen würde und versuchte sich vorzustellen, wie er irgendwann hier stehen würde und seinen Schüler begrüßen würde. Dann wich Luchssprung einen Schritt zurück und Flammenpfote folgte ihr hinüber zu den anderen. Krähenpfotes Mentor wurde Kleeblatt und Sturmpfote wurde der Schüler von Schwanenherz, was keinen wirklich wunderte. Doch Flammenpfote konnte die ganze Zeit nur einen klaren Gedanken fassen: Ich bin Flammenpfote, Schüler des MondClans. Und ich werde hart arbeiten, um ein loyaler und mutiger Krieger meines Clans zu werden!

[Bild: Silberjunges]

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