15. Kapitel

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,,Katzen des MondClans! Flammenwind muss euch etwas erzählen!", rief Blitzstern und der versammelte Clan sah teils neugierig, teils misstrauisch nach oben, wo der Anführer auf dem Hochstamm stand.
Flammenwind stand neben dem grauen Kater und grub nervös seine Krallen in das Holz.
Hinter ihm war Nachtblüte aus dem Heilerbau getreten; er konnte ihren Blick auf sich spüren.
Am liebsten hätte er sich in einem Mauseloch verkrochen und wäre nie wieder herausgekommen.
Blitzstern hatte er noch nichts erzählt.
Der Anführer war ebenso gespannt wie sein Clan, als er Platz machte und Flammenwind nach vorn trat.
,,Ihr kennt doch sicher alle Finsterstern?"
Aufgeregtes Gemurmel erhob sich im Clan, doch Blitzstern brachte die Katzen mit einem Schwanzschnippen zum Schweigen.
,,Er hat weiterhin im Wald der Finsternis gelebt. Vom dort aus hat er mich angeworben. Ich war damals ein ahnungsloser Schüler, also habe ich das Angebot angenommen. Meine Mentorin war Kristallschatten", als er das sagte, konnte er Luchssprung nicht in die Augen sehen und starrte stattdessen auf seine Pfoten.
,,Finsterstern hat mich zu einem Krieger ausgebildet, der ohne zu zweifeln töten würde. Und das alles nur für eine Schlacht! Eine sinnlose Schlacht! Ich dachte, ich würde das Richtige tun, doch es war das Falsche. Es tut mir leid. Ich war meinem Clan gegenüber unloyal!"
Nachdem er sein Geständnis abgelegt hatte, herrschte erst betroffenes Schweigen.
Dann fingen alle Katzen auf einmal an zu diskutieren.
Es dauerte ein wenig, bis Blitzstern für Ruhe sorgen konnte, dann erhob er die Stimme.
,,Du hast falsch gehandelt und deinen Clan verraten, deinen Fehler aber eingesehen und dem Clan gestanden. Ich werde mich mit Luchssprung besprechen!", sagte der Anführer und holte Luchssprung mit einem Schwanzschnippen zu sich.
Die beiden verschwanden im Hochstamm, während Flammenwind auf ihm stand und nur auf seine Pfoten starren konnte.
Er wollte die empörten und geschockten Gesichter seiner Freunde und seiner Familie nicht sehen.
Plötzlich hörte er wie jemand seinen Namen rief.
Langsam kletterte er vom Hochstamm herunter und stand Krähenflug gegenüber.
Sein Bruder schaute ihn aus seinen bernsteinfarbenen Augen an.
Er sagte nichts, doch er machte einen Schritt auf den orangenen Kater zu und drückte sich an ihn.
,,Ich bin dir nicht böse", sagte er leise und Flammenwind war ihm so dankbar dafür.
,,Du schaffst das!", schnurrte der schwarze Kater, dann ging er wieder über den Bachbaum.
Im gleichen Moment kamen Blitzstern und Luchssprung wieder aus dem Hochstamm und Flammenwind sprang wieder auf den Hochstamm.
In der Katzenmenge suchte er die bekannten, bernsteinfarbenen Augen und als er sie gefunden hatte, nickte Krähenflug ihm aufmunternd zu.
Mit einem etwas besseren Gefühl war Flammenwind bereit, sich sein Urteil anzuhören.
Luchssprung trat nach vorn.
,,Da er zum einen Clan verraten hat, zum anderen seinen Fehler offen eingesehen hat, sind wir zu folgenden Folgendem gekommen: er wird für zwei Monde verbannt, um genauer über sein Handeln und die Wichtigkeit des Clans nachdenken kann. Morgen bei Sonnenhoch muss er das Lager verlassen und darf dann zwei Monde nicht in unserem Territorium gesehen werden!"
Die Worte der zweiten Anführern erhielten zustimmendes Jaulen und Flammenwind schluckte.
Die Strafe war eigentlich noch recht gut ausgefallen.
Trotzdem wollte er seinen Clan nicht verlassen.
Verbannt. Dieses Wort klang so schrecklich!
Flammenwind nickte.
,,Ich habe verstanden", sagte er leise, dann sprang er vom Hochstamm und ging über den Bachbaum.
Sofort wurde er von Katzen umfangen.
Einige schauten ihn böse an, andere mitleidig, andere so, als könnten sie nicht verstehen, wieso jemand so etwas tun sollte.
Flammenwind fühlte sich bald erstickt von der riesigen, wogenden Menge.
Er kämpfte sich durch und lief zum Lagerausgang.
Dann lief er weiter, immer weiter, bis er an den großen Stein vor der Bachlichtung kam.
Er liebte diesen Ort.
Man hatte einen wunderschönen Ausblick.
Er würde ihn das letzte Mal für zwei Monde genießen können.

,,Möge der SternenClan dich begleiten!", miaute Rosenherz und sah ihrem Sohn tief in die Augen.
Sie waren genauso smaragdgrün wie ihre.
Flammenwind nickte.
,,Danke, Rosenherz. Bis in zwei Monden!", schnurrte er zurück, dann drehte er sich um und ging.
Er wusste, wohin er wollte.
In der Nähe des Zweibeinerortes konnte man sicher gut leben.
Es war ein klarer Blattfalltag.
Ein paar Blätter färbten such bereits und fielen zu Boden.
Nur die Tannen trugen noch immer ihre grüne Pracht.
Besorgt schaute Flammenwind hoch zur Sonne.
Sie war schon fast an ihrem höchsten Punkt angelangt.
Er musste sich beeilen, das Territorium zu verlassen.
Er beschleunigte seine Schritte und lief den Hang hinunter über das weiche Gras, auf dem hier und da ein paar bunte Blätter lagen und auf dem die Schatten der halbwegs kahlen Bäume ein Spiel mit dem Licht spielten.
Von weitem konnte er schon den Donnerweg sehen und die Monster, die auf diesem herum liefen.
Ich habe keine Angst vor euch!, dachte er entschlossen und lief zielstrebig immer schneller.
Als er die harte, schwarze Fläche erreicht hatte, lief er nicht wie gewohnt darüber, sondern ging, mit einigem Abstan, neben den Monstern in die Richtung des Zweibeinerortes.
Als er die MondClan- Duftmarken übertrat, atmete er erleichtert auf. Jetzt konnte ihm keiner mehr etwas tun.
Vor ihm erschien der Zweibeinerort und er musste unwillkürlich an den Brand zurückdenken, als hier alles voller jaulender, blau leuchtender Monster war.
Nun lag der Ort aber friedlich vor ihm da. Er erstreckte sich noch viel weiter nach hinten, als Flammenwind gedacht hatte.
Der rote Kater lief nun doch über den Donnerweg, wobei er an alles dachte, was Luchssprung ihm beigebracht hatte: in beide Richtungen schauen, ob man ein Monster sah oder hörte und wenn da keins war, zügig die schwarze Fläche überqueren.
Er achtete auf alles und da kein Monster in Sicht war, rannte er so schnell er konnte auf sie andere Seite.
Dort schaute er sich ein wenig planlos um.
Vor den Bauten der Zweibeiner war auch so ein schwarzes Zeig, wie das, aus dem der Donnerweg bestand.
Konnten Monster auch hier her kommen?
Flammenwind fühlte sich auf einmal nicht länger sicher und sprang auf ein paar aufgetürmte Steine, die eine Linie ergaben und einen Zweibeinerbau und ein bisschen Wiese eingrenzten.
Flammenwind fühlte sich bei dem Anblick dieser Wiese ein wenig sicherer und sprang auf diese. Es war ihm ein Rätsel, wie er es an diesem Ort zwei Monde aushalten sollte. Aber die ganze Landschaft außenherum gehörte entweder dem MondClan oder dem SonnenClan.
Die Wiese war weich, überall gleichlang und saftig grün.
Vor dem Zweibeinerbau war Erde in einem ordentlichen Rechteck geschüttet und auf diesem wuchsen Pflanzen, die Flammenwind noch nie zuvor gesehen hatte.
Auf einmal hörte er Stimmen hinter sich.
,,Bist du dir ganz sicher?"
,,Ja! Sie sind einfach weg! Glaubst du, sie mögen mich nicht mehr?"
Flammenwind drehte sich um.
Auf dem ordentlichen Steinhaufen saßen zwei Kätzinnen. Die eine war schwarz mit weißen Pfoten und wirkte jünger und die Ältere, sie war weiß, versuchte diese zu trösten.
,,Wer seid ihr?", fragte Flammenwind und näherte sich den Katzen.
Die Schwarze zuckte zusammen und versteckte sich hinter der Weißen, welche versuchte, so zu wirken, als ob sie keine Angst hätte.
Flammenwind konnte darüber nur schnurren. Die Panik stand in den gelben Augen der Kätzin und würde er in einem Kampf sein, müsste er nur sein Fell sträuben und sie würde verschwinden.
Doch nun brauchte er Verbündete, um zwei Monde zu überstehen.
,,Ich will euch nichts tun", beschwichtige der rote Kater sie.
,,Wie heißt du?", fragte er noch mal.
Die weiße Kätzin entspannte sich wieder ein bisschen.
,,Schneeflocke", sagte sie.
Verwundert schaute Flammenwind sie an.
,,Bist du auch eine Clankatze?"
,,Was? Nein! Du etwa?", fragte die Kätzin sichtlich erschrocken.
Flammenwind nickte, woraufhin ihre Augen noch größer wurden.
,,Deshalb hast du auch so viele Muskeln....", überlegte sie, doch Flammenwind sprach energisch weiter.
,,Ich bin für zwei Monde verbannt. Mein Name ist Flammenwind. Kannst du mir einen Ort zeigen, an dem ich bleiben kann?"

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