When he first met her and the rain kissed the window.

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Er sitzt schon länger da, die Enttäuschung steht ihm wie ins Gesicht geschrieben, sein bester Freund war solch ein Idiot, in der letzten Sekunde abzusagen, und dann fängt es noch an zu schütten wie aus Eimern, eine Situation, die für Liam nicht nerviger hätte sein können.
Liam sieht sich um, er ist gelangweilt und müde. Doch nach einigen Sekunden, in denen seinen Augen von jedem kleinsten Detail Notiz genommen hatten, erblickt er sie. 
Einige Tische von ihm entfernt, an der hintersten Ecke am Fenster,einen Kaffee trinkend sitzen. Sie hat gelockte, lange haare. 
Er mustert sie, sein Blick fällt zunächst auf ein Buch, welches aus ihrer Tasche zu fallen drohte, wenn sie ihre Tasche heben würde, würde es herausfallen, so dachte er zumindest.  Beim genaueren hinsehen erkannte er den Titel des Buches, denn dieses war ebenfalls sein Lieblings- Buch.
Sie schien etwas zu schreiben, nach einigen Sekunden las sie von ihrem Block ab, legte den Stift, den sie seit einer langen Zeit in der Hand zu halten schien hin und sah in seine Richtung, schnell wendete er seinen Blick von ihr ab, er wollte sie schließlich nicht verunsichern.
Doch es war zu spät, sie lächelte ihn an, er sah ihr entgegen und begann sie ebenfalls anzulächeln. Er bekam ein flaues Gefühl im Magen, er dachte nur "Oh nein, ich wirke bestimmt total seltsam, immerhin sitze ich hier alleine und begaffe ein fremdes Mädchen."
Er blickte sie erneut an, sie schien die Regentropfen am Fenster zu beobachten, die ein kleines Wettrennen veranstalteten während sie ihren Kaffee trank.
Er hielt es nicht mehr aus sie nur von weitem zu beobachten, er tat so etwas normalerweise nie, doch es fiel ihm schwer, den drang mit ihr zu sprechen zu unterdrücken, er wollte es, sie schien ihm unglaublich perfekt obwohl er sie kaum kannte.
Nach einigen Sekunden des inneren Konfliktes und dem Blick in die Leere stand er auf und ging langsam auf sie zu.
Er setzte sich auf den roten Stuhl, der vor ihr, auf der anderen Seite des Tisches Stand, sie saß auf einer Bank, die an der Wand anmontiert war. Er blickte aus dem Fenster und sah den Regen, wie er fiel, er sah den großen Baum, der einige meter entfernt stand, er besaß die buntesten Blätter, diese konnte man um diese Jahreszeit am besten Fallen sehen, denn es war grade mitten im Herbst, wieder sah er sie an, während sie noch wie vertieft in das Wettrennen der Regentropfen war, er sprach mit einer leicht stotternden und hörbar aufgeregten Stimme:"Und, auf welchen Regentropfen hast du gewettet? Magst du den Regen ebenfalls so sehr wie ich?"
Sie drehte sich um und sah ihm direkt in die Augen:"Das Wettrennen ist vorbei, 1 hat gewonnen. Ich liebe den Regen, besonders im Herbst ist es wundervoll mit anzusehen."
Er antwortete ihr mit einer festeren Stimme:"Wie heißt du? Ich bin eigentlich nie hier, aber heute schon." Sie antwortete ihm:"Ich heiße Hannah, ich bin hier eigentlich fast jeden Tag, ich mag es hier, da es still und leer ist. In fast jedem Kaffee der Stadt ist es immer so überfüllt und laut, doch wie soll man in ruhe lesen oder schreiben, wenn es doch so überfüllt überall ist."
"Da stimme ich dir zu, ich halte im allgemeinen eher nichts von Kaffees, doch dieses scheint wirklich sehr gemütlich, ich finde es toll dich hier anzutreffen. Ich habe das Buch in deiner Tasche gesehen, dieses Buch ist mein absolutes Lieblingsbuch, ich habe es schon mehrmals gelesen, besonders das Ende hat mich wirklich berührt und begeistert zugleich."
Mit einem Lächeln entgegnet sie ihm:"Es ist ebenfalls mein Lieblingsbuch, ich habe es bereits einmal gelesen, lese es aber nun ein zweites mal. Wieso hast du mich eigentlich angesprochen, versteh das nicht falsch, es wundert mich nur, da dies noch nie jemand getan hat."
Sein Blick wandert im gesamten Raum herum, wieso hat er sie angesprochen? Er fragt sich selbst, wieso er das tat, sollte er ihr sagen, dass er es tat weil er die Art, wie sie den Regen beobachtet hat mochte? Sollte er ihr sagen, dass er es tat, weil sie etwas aufschrieb und es ihm gefiel, dass sie keine einzige Sekunde am Handy war? Sollte er ihr erzählen, dass er ihr Lächeln bewunderte? Sollte er ihr die wahrheit sagen? Sollte er ihr sagen, dass es ebenfalls das erste mal ist, dass er ein Mädchen anspricht? Nach einigen flüchtigen Blicken, welche quer durch den Raum und letztlich gar die Wände hoch und runterwanderten. Er begann erneut zu lächeln und sprach mit einer leicht verunsicherten Stimme:"Du, du hast mir gefallen." 
Ein enttäuschter Blick macht sich in ihrem Gesicht erkennbar, wieso musste sie jeder nur deshalb schätzen, was genau meint er mit gefallen? Er scheint doch nur wie die anderen zu sein.
Doch gerade, als sie die Hoffnung in diese Konversation verlor fügte er hinzu "Ich meine nicht deine Kirschroten Lippen oder deine Augen, in denen der Ozean tobt, ich meine deine Art den Regen zu beobachten, deine Art zu schreiben, das Buch in deiner Tasche, die Art, wie du den Kaffee getrunken hast." Aus seiner Sicht war dies für ihn eine weitere Blamage wurde sein Gesicht leicht rot und stille durchzog den Raum, für einige Sekunden war es so still, dass man die Geräusche der Küche hören konnte und der Regen sich anhörte, als würde er einen eigenen Kampf fernab der Geschehen dieses Raumes kämpfen. Doch dann fügte er hinzu "In dem Moment in dem ich dich beobachtet hatte, habe ich die Kunst in dir gesehen." nun lief er komplett rot an, doch sie sah ihn an und lächelte, er sah ihr in die Augen und beide begannen zu kichern. Hoffnung füllte ihren Blick und sie sagte zu ihm mit einer beruhigenden stimme, während das schmunzeln auf ihren Lippen zu einem Lächeln wurde:"Das könnte ich glatt für mein Buch verwenden, du Poet, deinen Namen hast du mir dennoch noch gar nicht verraten." Da die Situation nun etwas entspannter war sprach er nun mit einer ebenfalls ruhigen und warmen Stimme zu ihr:"Ich heiße Liam, ich bin froh, dass meine grade so peinliche Aktion für dich noch als Poesie galt, wobei.." er hielt kurz inne und sah aus dem Fenster, nach einigen Sekunden blickte er erneut zu ihr "Poesie ist oft peinlich, weil nackt sein peinlich ist und Poesie ist nackt." Hannah sah ihn an, sie fügte dem ein "Nackt sein ist aber manchmal ganz schön befreiend, wenn Beton an der Kleidung klebt, ich sehe, du bist also auch ein Autor." Er antwortete ihr mit einem scherzhaften:"Ob man mich als Autor bezeichnen würde? Ich denke eher, ich bin jemand, der gerne schreibt, aber ein Autor ist jemand, der wirklich etwas kann, ich bin eher der Leser."
"Ich erkenne einen Autor wenn ich einen sehe," sagt sie mit einer Stimme, aus der man ihr Interesse nahezu heraushören kann,"du bist einer."
Liams Blick, der bisher nur zwischen der Fensterscheibe und den Augen Hannahs hin und hergewandert ist, fiel in diesem Moment auf den Schreibblock, der vor ihr lag. "Sag mal, was schreibst du da eigentlich auf?", das fragte er sie, während er von seiner Seite des Tisches versuchte zu lesen, was auf ihrem Block notiert war.
Doch sie drehte ihren Block sehr schnell um, so dass es es nicht lesen konnte. "Poesie ist nackt, und wir kennen uns seit 10 Minuten, wäre doch komisch wenn du ein fremdes Mädchen schon nackt sehen würdest." gab sie mit einem selbstsicheren Blick zurück. 


HerbstregenWhere stories live. Discover now