Kapitel 8 - Wochenendpläne

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„Du liest also gerne?", fragte Dante spöttisch, als ich mich wieder auf meinen Platz zurücksetzte. Bisher war ich einer Vorstellungsrunde vorne an der Tafel erfolgreich entkommen, aber dass ausgerechnet die so lieb dreinschauende Frau Riesch mir einen Strich durch die Rechnung gezogen hatte, deprimierte mich.

„Und du färbst dir gerne die Haare?", gab ich patzig zurück und deutete mit einem Nicken auf seine nun dunkelroten Spitzen, die ihm – zugegebener Maßen – besser standen als der bläuliche Ton.

Dante verdrehte die Augen. „Entschuldige bitte, dass ich frage. Konnte ja nicht ahnen, dass das neuerdings eine Straftat darstellt."

Moi, die neben mir saß, fing an zu lächeln. „Habt ihr es dann? Eure Streitereien sind ja nicht auszuhalten."

Mit meinem Lieblingsstift, dem grünen, der auf seiner Spitze einen honigessenden Winnie-Pooh-Bären sitzen hatte, kritzelte ich in mein Tagebuch. Seit dem Umzug hatte ich noch keinen einzigen Tag Zeit gefunden, um meine Erlebnisse und Gedanken festzuhalten. Als erstes würde ich niederschreiben, wie furchtbar unser Haus vor der Putzaktion aussah...

„Sag mal", flüsterte Moi mir aus heiterem Himmel ins Ohr, dass ich erschrocken zusammenzuckte, „hast du am Wochenende etwas vor?"

Ich zuckte meine Schultern und strich mir in Gedanken überlegend, was ich diese Woche noch erledigen wollte, eine braune Strähne meines Haares hinters Ohr. Heute hatte ich sie mir zu einem Zopf hochgebunden, da mir der Wind hier, der schon nach wenigen Sekunden jede Frisur ins Unerkenntliche umstylte, auf den Wecker ging.

„Ich wollte mit dem Fahrrad nach Beltz fahren, weil Max meinte, da sei ein sehr schöner Badestrand. Willst du mitkommen?", fragte ich lächelnd. Moi überlegte kurz, dann nickte sie.

„Wer ist Max?", mischte sich Dante ein, der uns wohl offenbar belauscht hatte.

Als ich gerade zu einer sarkastischen Antwort ansetzen wollte, wurde ich von Frau Riesch unterbrochen. „Zoe, Dante ich finde es ja schön, dass ihr schon neue Kontakte geknüpft habt, aber Privatgespräche verlegt doch bitte auf nach den Unterricht."

Alle Schüler im Raum schauten zu uns rüber. Wie peinlich. Schnell senkte ich meinen Blick zurück auf mein Tagebuch und riss aus dem karierten Block, der darunter lag, eine Ecke raus. Ich beantwortete Dantes Frage und schob ihm den Zettel zu, den ich keine Minute später zurück bekam. In kaum lesbarer Schrift stand etwas unter meiner Antwort geschrieben.

Triffst du dich in Beltz mit ihm?

Ich musste grinsen. Vorsichtig klappte ich mein Tagebuch zu und nahm mir den Block, auf den ich kritzelte:

Eifersüchtig?

Ohne ihn anzusehen, hörte ich nur ein missbilligendes Schnauben von ihm. Antworten tat er mir nicht.

Die restliche Stunde verging sehr schleppend, da Redoxreaktionen in Elektrochemie überhaupt nicht zu meinen Interessengebieten zählten. Nachdem die Schulklingel uns endlich erlöste, seufzte ich befreit auf und streckte mich ausgiebig auf meinem Stuhl.

„Habt ihr jetzt auch Sport?", fragte ich und visierte sowohl Dante als auch Moi kurz an. Ersterer schüttelte den Kopf und verschwand, sich die schwarze Kapuze seines Pullovers über den Haarschopf ziehend, aus dem Raum.

Moi stöhnte genervt. „Ich leider schon. Mit dir wird es aber hoffentlich erträglicher."

„Hört sich ja nicht so an, als hättest du groß Lust", lachte ich und packte meine Sachen in die Schultasche. „Also Sport ist mein Lieblingsfach. Vor allem Leichtathletik mag ich sehr."

Es amüsierte mich, wie Mois Augenbrauen fassungslos nach oben wanderten und sich ihre Augen weiteten, als wäre es ihr vollkommen unverständlich, wie ich meine Worte ernst meinen konnte.

„Dann kannst du dich mit Allison zusammentun. Die ist auch so eine Sportfanatikerin", murmelte sie, ehe sie ihre Ledertasche schulterte. Erwartungsvoll schaute sie mich an, dann folgte ich ihr nach draußen auf den Flur, wo sie uns zu den Umkleideräumen der Turnhalle navigierte.

„Darüber wollte ich so wieso noch einmal mit dir sprechen", setzte ich an. Moi stoppte vor dem Snackautomaten bei der Herrentoilette. „Gestern bist du einfach so aus dem Raum geflüchtet, als du Alex gesehen hast. Ist zwischen euch Mal etwas vorgefallen?"

Moi steckte Kleingeld in den Schlitz, bevor sie auf den untersten, weißen Knopf drückte, um einen Schokoriegel zu erhalten. Mir einem Poltern klatschte er auf den schwarzen Klappboden des Snackautomaten.

„Das", grummelte sie und riss die Verpackung ihres Riegels auf, in den sie dann genüsslich hinein biss, „ist kompliziert. Er...wir sind gewissermaßen verwandt."

Ich verschluckte mich an meiner Spucke. „Wie jetzt?"

„Unsere Väter sind Brüder. Das macht ihn zu meinem Cousin. Aber wir...verstehen uns nicht so gut."

Das erklärte allerdings noch immer nicht, warum sie vor ihm weggelaufen war. Doch bevor ich ein weiteres Mal nachhaken konnte, hatte sich schon ein großer, hagerer Junge zwischen uns gestellt und mich an der Schulter berührt.

„Hey, Zoe", begrüßte Max mich lächelnd. „Ich hab dich also doch noch gefunden. Hatte gar nicht gedacht, dass unsere Schule so groß ist, dass ich Tage brauche, um dich zwischen den Schülermassen wiederzufinden."

„Ich muss aber gestehen", gab ich kleinlaut zu, „wirklich aktiv hab ich dich gar nicht gesucht."

Max tat das glücklicherweise mit einem lockeren Lachen ab, während er nur gleichgültig seine Schultern nach oben hob. „Kein Problem. Ich hatte auch nur ab und zu mal Ausschau gehalten, ob ich dich irgendwo sehe."

Mit einem Grinsen auf den Lippen drehte er sich zu Moi um, die er interessiert musterte. Sein Lächeln wurde breiter. „Und du bist?"

„Moi", sagte sie und ihre Stimme war plötzlich wieder so leise, dass ich mir kurz nicht sicher war, ob sie überhaupt gesprochen hatte. Max ging es, wie ich aus den Augenwinkeln erkennen konnte, ähnlich.

„Cool", kommentierte er, ehe er die Hand zum Abschied hob. „Gut, ich geh dann mal. Schreibe gleich einen Englischtest. War nett dich kennenzulernen, Moi. Und vielleicht sieht man sich ja. Wenn du Lust hast, Zoe, kannst du mir Bescheid sagen und ich zeig dir eine der Buchten, von denen ich dir erzählt habe."

„Wir wollen am Wochenende nach Beltz zum Strand", murmelte Moi, die in schüchterner Geste ihre Hände in ihren Rock gekrallt hatte. „Wenn du möchtest, kannst du ja mitkommen."

„Überleg ich mir!", rief Max und verschwand im bunten Gewusel der anderen Schüler.

Feuertanz [Band 1]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt