Nähere Kontaktaufnahme

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Robin

Ich kam gerade Zuhause an, als mein Handy klingelte. Während ich die Wohnungstür aufschloss, fummelte ich mein Handy hervor, blickte verwirrt auf das Display und wischte über den Bildschirm und nahm den Anruf entgegen, auch wenn es eine Nummer war, die ich nicht kannte.
"Guten Abend, wer ist denn da?" fragte ich neugierig nach, trat in die Wohnung und schloss die Tür, schlüpfte aus meinen Schuhen, aus der Jacke und warf meine Tasche in die nächste Ecke. Als endlich eine Stimme erklang, blieb ich wie zur Salzsäule erstarrt stehen. Am anderen Ende war Shawn. Wieso rief er mich an? Ich... was sollte ich denn nun machen?
"Hey Shawn! Sorry, ich hab ein neues Handy und einige Nummern noch nicht eingespeichert. Wie geht's dir?" blieb ich in meiner Rolle. Seine Stimme klang zart und irgendwie gar nicht so männlich, wie man sich eine Männerstimme vorstellte. Es war komisch mit jemanden zu telefonieren, den man eigentlich kaum kannte.
"Warum rufst du an? Ist dir das schreiben zu langweilig geworden?" scherzte ich, um meine aber auch seine Stimmung zu lockern.

Shawn

Hoffentlich hob er ab. Vielleicht war es auch die falsche Nummer. Schließlich hat er mich nie angerufen und wirkte auch nicht sonderlich begeistert darüber, dass ich mit ihm telefonieren wollte. Nachdem ich nun das fünfte Tüten hörte, nahm er endlich ab. Zumindest hoffte ich, dass er es war. Ich hatte Sydneys Stimme jedoch etwas anders im Gedächtnis. Außerdem kannte er meine Nummer nicht. Nichtsdestotrotz meldete ich mich erstmal mit meinem Namen und glaubte an das Beste. Es würde dafür schon eine logische Erklärung geben. ,,Hey, hier ist Shawn. Ich spreche doch mit Sydney oder?", meinte ich und fragte auch gleich nach. Vielleicht klang er anders wegen der Verbindung oder er war erkältet. So hinterfragte ich seine Stimme, die etwas tiefer klang, nicht weiter.
Kurz darauf erklärte er mir auch, warum er meine Nummer nicht abgespeichert hatte. Das klang plausible, sodass ich mich direkt seiner nächsten Frage widmete. Aber konnte ich ihm das wirklich so direkt sagen? Schließlich wäre es peinlich, wenn sich herausstellte, dass ich einfach nur viel zu viel in seine Worte hineininterpretiert habe. Trotzdem war es doch besser so, als wenn es tatsächlich stimmte. Ich wüsste jedenfalls nicht, wie ich reagieren sollte, wenn sich herausstellte, dass mein Kumpel wirklich auf mich stand. Grübelnd lehnte ich mich an die Sofalehne und starrte die Decke an. ,,Mir geht's gut und dir? Ich habe keinen bestimmten Grund. Ich schreibe dir gerne Briefe, hab eben erst einen in den Briefkasten geworfen. Aber ich rede auch gerne einfach mal so mit dir. Du etwa nicht?", fing ich an. Während ich ihm zuhörte, sammelte ich schon mal die richtigen Worte zusammen. ,,Ich...ähm... ich wollte auch noch fragen, ob du...naja, du weißt schon... und....äh...vergiss es.", brach ich erstmal ab. Ich kam mir bekloppt vor, ihn direkt danach zu fragen, was er für mich empfand. Das müsste ich geschickter angehen. Nur wie?

Robin

"Mir geht es auch gut." sagte ich in einer Pause und lauschte weiter seiner Stimme. In meiner Brust schlug mein Herz etwas schwerer und schneller. Sowas kannte ich gar nicht mehr, aber es fühlte sich nicht schlecht an. Mir gefiel seine Stimme und sein Aussehen sowieso. War es vielleicht deswegen, warum er mich angerufen hatte? Dachte er, dass sein Sydney auf ihn stand? Nein, wahrscheinlich nicht, aber ich fand Shawn sexy und freundlich. Wenn er mich nicht für seinen besten Freund halten würde, würde ich ihn wahrscheinlich in London angraben. Er war schon irgendwie mein Typ von einem Mann.
"Ja, ich schreibe auch gerne mit dir. Ist halt mal was anderes. Da fühlt man sich in seine Kindheit zurück versetzt. Doch, natürlich. Du hast Glück, dass ich gerade nach Hause gekommen bin, weil sonst hätte ich wohl nicht abnehmen können. In der Bahn telefoniere ich nicht so gerne und auf der Arbeit ist das leider verboten." erklärte ich ihm.
Als er da so vor sich hin stotterte, wusste ich erst nicht, was er von mir wollte, weswegen ich kichern musste.
"Shawn, jetzt sag schon! Was liegt dir auf dem Herzen? Du kannst mir alles erzählen." versicherte ich ihm. Wahrscheinlich sollte ich mir mal an meine eigene Nase fassen. Ich hatte gut Reden. Ich sollte vor dem Treffen endlich reinen Tisch machen. Vielleicht war ja jetzt die Chance... obwohl... vielleicht sollte ich irgendwann einfach den Kontakt abbrechen, anscheinend war er das von diesem ominösen Sydney gewöhnt.

Shawn

In der Tat hatte ich wohl Glück. Mein Vertrauen in ihn hätte jedenfalls darunter gelitten, wenn er nicht ans Telefon gegangen wäre. Schließlich hat es so auch angefangen, wo wir unseren Kontakt zueinander verloren haben. Ich hoffte, dass es in Zukunft nicht nochmal dazu kommen würde. Vielleicht sollten wir einfach feste Zeiten festlegen, wo wir Zeit hatten oder uns zum Telefonieren verabreden, wenn er schon nicht herfahren konnte. Bald sollte es aber so sein, worauf ich mich schon freute. Zuerst musste ich jedoch wirklich klären, wie Sydney zu mir stand. Er schien auch bemerkt zu haben, dass mich irgendetwas belastete, was ich mich nicht so ganz traute, ihm anzuvertrauen, da es ja auch um ihn ging. Da er mich jedoch aufforderte - diese fordernde Seite kannte ich gar nicht von ihm - musste ich es ihm wohl auch sagen. ,,Also... naja, dein letzter Brief hat mich etwas verwirrt. Manche Stellen davon könnte man auch falsch verstehen. Ich...ähm.. ich wollte dich fragen, ob...ob du vielleicht Interesse an mir hast, was über unsere Freundschaft hinaus geht.", äußerte ich nun doch meine Bedenken mit unsicherer Stimme, was total untypisch für mich war. ,, Ich mein', ich hab dich lieb und so, aber eben nur als Freund und nicht mehr. Du weißt, dass ich nicht auf Kerle stehe. Ich wollte dir das nur sagen, damit du mit keinen falschen Hoffnungen zu mir kommst. Ich bin einfach nur froh, dich bald wieder zu sehen, Sydney.", fügte ich noch hinzu und hoffte, dass er mir das nicht übel nahm oder ich mich einfach getäuscht hatte bei der Interpretation seines Briefes. Nun wartete ich auf seine Reaktion und Antwort darauf.

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Was glaubt ihr, wie Robin wohl darauf antwortet? Wie gefällt euch die Geschichte bisher? ^^


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