52. Durchgedrückte Wirbelsäule

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Cor*na musste existieren damit ich endlich weiterschreibe

„Wie kommt's, dass du nie von der Bude deines Opas erzählt hast?", fragte ich El mit gerunzelter Stirn und richtete das Kissen hinter mir. Sie warf sich das letzte Stück vom Brownie in den Mund und schien zu überlegen, während sie kaute.

„Naja", hob sie an, nachdem sie fertig war. „Das hier war neben unserem Gartenhäuschen immer ein sicherer Rückzugsort für mich. Mein kleines Geheimnis."

Ich zog überrascht eine Augenbraue hoch. „Welch eine Ehre, dass du mich jetzt einweihst."

Elaine seufzte leise. „Ich habe nichts mehr zu verlieren."

Stutzend hielt ich inne und entschied mich, da lieber nichts hineinzuinterpretieren. Stattdessen wechselte ich das Thema: „Ich hab Durst. Hast du noch Eistee da?"

Nickend rollte sie die Flasche ans Bettende, wo ich quer lag. Ich nahm einen Zug vom Joint und reichte ihn ihr, bevor ich einen Schluck vom Eistee nahm.

El zog ebenfalls dran und richtete ihren Blick dabei auf mich. Schweigend betrachtete sie mich und ließ langsam den Rauch über ihre Lippen quellen. Die leuchtenden Farben ihrer Lichterkette tanzten sanft über ihre Gesichtszüge.

Im Hintergrund lief Family Guy, jedoch zu leise um die schlechten Witze zu verstehen. Elaine starrte mich immer noch an, sodass ich fragend eine Augenbraue hob. Sie lächelte nur als Antwort. Komisches Äffchen.

„Hey, Carter", hob sie dann doch an und begann, übers Bett auf mich zu zu robben. Ich musste lachen bei dem Anblick und griff nach ihren Armen, um sie mit einer schnellen Bewegung zu mir zu ziehen. Dabei landete sie halb auf mir und erstarrte für einen kurzen Moment, bevor sie tief seufzend ihr Gesicht in meinem Hoodie vergrub. Geschminkt war sie übrigens auch noch.

„Was ist los?", hakte ich nach sekundenlanger Stille nach. Ihr schien meine Ungeduld jedoch nicht zu gefallen, da sie nur den Kopf schüttelte – und dabei ihr Make Up richtig schön in den Stoff meines Oberteils arbeitete.

„Weißt du was...", murmelte sie dann. „Wir haben nie wieder über das Tagebuch gesprochen."

Ich stockte kurz und dachte nach. „Zuletzt hast du dich darüber aufgeregt, dass ich es Manon gegeben habe."

Elaine drehte sich endlich seitlich von mir runter und starrte hoch zur Decke. „Ja. Keine Ahnung, ob sie sich darum gekümmert hat. Amors Drama wegen seiner Lady hat mich irgendwie komplett davon abgelenkt."

„Stimmt...", ich seufzte. „Wir können sie ja morgen fragen. Wie viel Uhr ist es eigentlich?"

El nickte Richtung Nachttischchen, auf dem ein digitaler Wecker stand. 23:48 Uhr. Mein Akku war leer und ich bin mir sicher, dass Julie mich bereits mit tausend Anrufen belästigt hätte, wenn nicht. Louis tat wahrscheinlich gerade dasselbe, jedoch ließ Elaine sich nichts anmerken.

„Fragt sich denn keiner wo du steckst?"

Sie schien verwundert. „Ich übernachte doch bei Julie, schon vergessen?"

Seufzend korrigierte ich mich: „Fragt sich Louis nicht wo du bist?"

„Oh", machte sie daraufhin. „Mir egal. Ich brauche das hier. Das Gartenhäuschen ist seit dem Brand immer noch nicht komplett erbaut worden und nach Wochen kriege ich ehrlich die Krise ohne Pause von dem Typen."

Ich erinnerte mich noch daran, wie gut die beiden sich verstanden hatten, als ich damals hergezogen bin. Kaum zu glauben, dass er es derart verbocken konnte.

Nachdenklich ließ ich meinen Blick durch den Raum gleiten, bis ich beim Fernseher hängen blieb. Ab und zu lachte El über das kleine Football-Kopf-Baby, doch ansonsten schwiegen wir. Zum ersten Mal hatte ich jedoch das Gefühl, dass die Stimmung nicht merkwürdig oder unangenehm war.

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