Kapitel 1

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Alles begann wieder auf einem Konzert. Es war vorbei, abgeschlossen, tief hinten in einer Schublade verstaut aber dieses Konzert sollte mein Leben wieder mal gewaltig aufrütteln.

Ich erinnere mich nicht mal mehr genau daran welche Band es war, sie waren nicht gut, zumindest für meinen Geschmack nicht. Ich war wegen meinem Job dort, ich bin Journalistin, besser gesagt Praktikantin, und ich war von meinem Chef gebeten worden für eine kranke Kollegin einzuspringen und zu einem offiziellen Interview der Band zu gehen. Ich hatte darauf echt keine Lust aber da ich einen guten Eindruck machen wollte da bald die Beförderungen bevor standen ging ich trotz allem hin, ein schwerer Fehler wie sich herausstellte. Es lief alles gar nicht so schlecht, ich kam „aus versehen" etwas zu spät und musste somit leider mich erst mal durch die Menge drängen die draußen wartete. Es war ziemlich unangenehm und sehr laut, denn von allen Seiten wurde gekreischt, gequietscht, die Namen der Band gerufen, mit den Türstehern über den Einlass diskutiert oder im schlimmsten Fall sogar aufeinander losgegangen, ich entkam gerade so einer Schlägerei die damit anfing, dass das eine Mädchen ein anderes Bandmitglied aus die andere besser fand, ich lief schnell um die beiden herum, aber ich glaube das es ziemlich heftig wurde, denn als ich mich nochmal umdrehte flog ein Schuh durch die Luft, allerdings brachte es mich erst schön spät zum Eingang so dass ich mindestens die Hälfte des Konzert verpasst haben müsste. Ich hatte recht als ich mich schließlich auf meinem Platz niederließ, der wie ich sagen musste echt ungemütlich war, also ich meine für den Preis den man für diese Karten bezahlt sollte, man doch wenigstens einen gemütlichen Platz haben, wobei ich zwar nicht bezahlen musste da ich ja zu den Journalisten gehörte und da die Band Presse brauchte wurden diese oft frei rein gelassen. Es war eine Metal – Band, überhaupt nicht mein Geschmack, also stand ich sofort auf als der letzte Akkord verklang um mich Backstage zu begeben wo das Interview stattfinden sollte, das erwies sich allerdings als noch schwerer als der Weg zu Konzerthalle, ich hätte dies aus schlechtes Omen nehmen sollen und einfach wieder umkehren sollen und nach Hause auf meine gemütliche Couch mit meinem Fernseher gehen sollen, wo ich es mir mit einer heißen Schokolade und Popcorn gemütlich gemacht hätte und natürlich einer Kuscheldecke und dann meine Lieblingsserie geschaut hätte. Aber hier war ich mit schmerzenden Füßen von den unbequemen High heels einen schwarzen engen Kleid und wohl bald zerkratzten Armen von den ganzen Fans die alle jubelten. Ich hätte dringend gleich zur Bühne gehen müssen. Als ich mich nach einer langen Weile endlich durch alle durchgekämpft hatte ging ich zu dem gruselig aussehendem Typ im schwarzen Anzug der diesen Teil des backstage Bereichs bewacht. „Ich bin für das Presse Interview hier" sagte ich zu ihm. Er zog nur eine seiner schwarzen dicken Augenbrauen hoch, die ein sehr starker Grund waren das er noch gruseliger aussah. „Ich sehe keinen Ausweis" sagte er mit einer tiefen Stimme. Achso deswegen also die Augenbraue. Ich griff in meinen Auschnitt um das Band mit dem Presse-Ausweis herauszuholen. Ich war schon oft genug auf diesen Konzerten gewesen und glaubt mir sobald die Fans auch nur annähernd annehmen einen Ausweis egal welcher Art zu sehen flippen sie aus. „Du hattest schon immer einen Sinn für ausgefallene Verstecke" gab eine Stimme von rechts von mir von sich. Ich erstarrte. Nein. Nein. Nein, dass konnte nicht sein. Der gruselige Aufseher riss mich aus meiner Starre in dem er nach dem Ausweis in meiner Hand griff und ihn kontrollierte. Ich drehte mich um, langsam, sehr langsam, nur um direkt in die wunderschönsten Augen der ganzen Welt zu sehen. Blau, strahlendes Blau wie der Himmel nachdem sich die Regenwolken verzogen haben und die Sonne wieder rauskommt. Ich schüttelte den Kopf. „Schön dich wiederzusehen" gab er von sich. Ich schnaubte. Schön, das ich nicht lache. Er war der jenige der dafür sorgen musste das es ein Wiedersehen geben musste, er war gegangen. Richtig er war gegangen! „Das kann man auch anders sehen" gab ich deshalb von mir. Der Aufseher hatte mir inzwischen meinen Ausweis zurückgegeben und ich drehte mich zum Eingang und betrat den Raum mit schnellen Schritten und wippendem Pferdeschwanz. Ein guter Abgang. Aber was machte er überhaupt hier? Er mochte diese Art von Musik genauso wenig wie ich. Nein, nicht niemals auch nur an ihn denken. Auf deinen Job konzentrieren. Ich lies mich auf einen Stuhl in der hinteren Reihe liegen. Meine Lieblingsplätze, man konnte alles hören wurde nicht gesehen außer wenn man seine Hand streckte um Fragen zu stellen und falls man einnickte oder nicht aufpasste konnte man alles bei seinem Vordermann abschreiben. Ich lies mich angespannt in den Stuhl zurück sinken. Diese Stühle sind um einiges gemütlicher als die von vorhin in der Halle, faszinierend. Ich sah mich ihm Raum um. Er war groß, mehrere Stühle, schlicht eingerichtet mit cremefarbenen Wänden und ein paar Bildern von der Band, es waren vier Typen, alle Irokesenfrise und ziemlich hässlich, aber wems gefällt. Es waren fast alle Plätze gefüllt, neben mir waren noch ziemlich alle Plätze frei, da die meisten immer nach vorne wollten für bessere Sicht, obwohl man nicht mal Fotos machen durfte. Ich werde es nie verstehen wieso man sich je freiwillig in die erste Reihe setzt egal wo, ich hatte es schon immer gehasst, schon in der Schule liebte ich die letzte Reihe und sogar bei meinem ersten dieser Konzertinterviews setzte ich mich in die letzte Reihe, was zwar auch daran lag das ich zu spät kam, aber damals freundete ich mich mit den Plätzen in der letzten Reihe an. Ich schaute auf die Uhr. 23.10. Die Band sollte inzwischen seit 10 Minuten hier sein, noch keine schlimmer Verspätung. Das längste was ich je gewartete habe war eine Stunde und das ist noch nicht lange. Eine Kollegin hat mal erzählt sie hätte 4 Stunden auf eine Sängerin gewartet, wobei ich mir nicht sicher bin ob sie nicht einfach übertrieben hat. Die Tür öffnet sich und alle Blicke schießen zur Tür in der Erwartung die Band zu sehen und alle schauten enttäuscht wieder weg, ich war die einzige die mal wieder in diese Schockstarre verfiel. Ich hatte es gerade erfolgreich geschafft ihn perfekt zu verdrängen. Aber nein! Er muss durch diese verdammte Tür kommen! Jetzt konnte ich mir nicht mehr ausmalen das es nur eine Fata Morgana war. Und das schlimmste am ganzen war das er sich sehr stark in meine Richtung bewegte. Nein bitte nicht!! Zu spät... Er ließ sich in den Stuhl neben mir sinken. Sein Geruch. Es war derselbe wie vor all den Jahren. Ich erinnere mich genau wann ich diesen Geruch das erste mal gerochen habe, es war als ich im Schulflur voll in ihn reinrannte weil ich mal wieder zu spät dran war und vergessen hatte wo ich hin musste. Und damit beschäftigt war in meinem Timer herauszufinden in welchem Raum wir Mathe hatten, was mir übrigens nicht gelang. Dabei war ich aber zu abgelenkt und ich rannte in eine muskulöse Brust und roch einen unbeschreiblich guten Duft. Ich weiß bis jetzt nicht, ob er wirklich so riecht oder ein verdammt gutes Spezialparfüm benutzt. Ich schaute weiter nach oben und schaute ihn das erste mal richtig an. „und so sieht man sich schon zum zweiten Mal wieder" kam es von ihm und ich wurde in die Gegenwart zurückbefördert und spürte wie er mich von der Seite anschaute. Ich beschloss ihn zu ignorieren. Wie lange es wohl dauern würde bis ich hier rauskonnte. Vielleicht könnte ich einen wichtigen Anruf vortäuschen oder eine plötzliche Übelkeit, aber so wie ich ihn kannte würde er es beidenfalls durchschauen, den er kannte mich besser als jeder andere. KANNTE. Ich hab mich verändert, viel. Und er würde niemals erfahren in wen. Denn ich würde hier rauskommen. Da schwang die Tür auf und die Band kam herein. Chance versaut. 23:15. Eine Stunde sollte das Interview dauern. Was für eine Qual. Ich spürte immer noch seinen Blick. Vielleicht bilde ich mir das alles nur ein. Er schaut nicht her, ich bin nicht hier, sondern in meinem Bett und träume einen schrecklichen Traum. Aber als ich mich schließlich doch umdrehte wurde mir durch sein scheinheiliges Grinsen bewusst das das hier die verdammte Wirklichkeit ist. Und ich musste hier verdammt nochmal weg. Letzendlich drehte ich mich komplett zu ihm „Was willst du?" fragte ich. „Naja vielleicht könnten wir ja mal zusammen essen gehen und über alles reden was passiert ist" Essen?! Reden?! Was bildete er sich eigentlich ein einfach hier aufzukreuzen und dann auch noch zu denken das nie etwas passiert wäre. „Träum weiter" gab ich nur von mir und beschloss mich diesmal sogar auf das Interview zu konzentrieren. Einer der Typen, er hatte eine blonde Irokesenfrisur mit pinken Strähnen und sah ein wenig schwul aus, nichts gegen Schwule. Naja aufjedenfall sagte er gerade etwas über ein neues Album das rauskommen sollte und das schrieb ich natürlich auf. „Hör zu" er beugte sich etwas zu mir rüber und flüsterte, wahrscheinlich da nicht jeder unser Gespräch mitbekommen sollte. „Es tut mir leid. Wirklich. Gib mir die Chance dir alles zu erklären" „Wieso sollte ich?" schnaubte ich . Ein Blick auf die Uhr sagte mir das ich noch eine knappe Viertelstunde vor mir hatte, wenn es pünktlich aufhören sollte, ich sollte mich also mal ans abschreiben machen statt mich mit einem Idioten zu unterhalten. Also fügte ich noch hinzu „Du bist gegangen. Das ist das Ende der Geschichte, also werden wir wohl so tun müssen als ob das alles hier gerade nicht geschehen würde" Ich lies das müssen voller Ironie triefen und machte am Ende noch eine Geste die auf das Interview und alles zeigen sollte. Er nickte. Er verstand also das es keinen Sinn zu diskutieren machte. Also ignorierte ich ihn weiter und schrieb von meinem Vordermann ab, welcher ein glatzköpfiger, nach Zigaretten riechender, etwas breiter gebauter Mann war, der zu meinem Glück aber eine deutliche Schrift hatte. Die letzten fünf Minuten waren fast um und eine Glocke klingelte, die Band verabschiedete sich nochmal und betonte extra noch wie viel Spaß sie doch bei diesem Interview hatten. Wer's glaubt. Als ich aufstand, stand er ebenfalls auf, er war immer noch größer als ich, sogar mit High Heels. Als ich mich an ihm vorbeidrängen wollte sagte er noch „Man sieht sich immer zweimal im Leben" mit einem Grinsen. Aber ich erwiederte nur mit einem breiteren Grinsen. „Tja das wäre bei uns dann wohl das zweite Mal gewesen" und ging endgültig.


Hey Leute,

das ist meine erste Story hier und ich würde mich sehr freuen, wenn ihr mir Feedback hierlasst. :)

The one that got awayWo Geschichten leben. Entdecke jetzt