Prolog: Das ENDE der 68er-Bewegung

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(12. April 1968)
(Sicht: Ulrike Meinhof (Linke Journalistin und Aktivistin))

Rudi Dutschke: Schwer Verletzt für seine Überzeugung. Die BRD toleriert Nationalsozialismus!

Gestern schoss der nationalsozialistische Hilfsarbeiter Josef Bachmann mit dem Ruf „Du dreckiges Kommunistenschwein!" vor dem SDS-Büro am Kurfürstendamm dreimal auf Rudi Dutschke (Wortführer der 68-Studenten-Bewegung und Kommunist). Er traf ihn zweimal in den Kopf, einmal in die linke Schulter. Dutschke erlitt lebensgefährliche Gehirnverletzungen und überlebte nur knapp nach einer mehrstündigen Operation....

Eine Träne rollte mir über die Wange, als ich meinen Artikel erneut las. Ich hatte Rudi noch nicht so lange gekannt, wie manch anderer in meinem Umfeld, aber in der Zeit in der ich ihn kannte, war ein wirklich guter Freund und überzeugter Rebell gewesen. Er konnte auch diese unglaublichen Reden halten, mit denen er die Masse an Studenten begeisterte! Für die Bewegung war er unverzichtbar gewesen. Er hatte die vielen unterschiedlichen Ansichten vereint. Ich fürchtete, dass sie ohne ihn in Zukunft zerbrechen würde. Aber waren die 68ger schon vorbei? Schnell wischte ich mir die Tränen weg, ich hatte jetzt keine Zeit dafür! Ich musste los, immerhin hatte die Bildzeitung Monate lang gegen Rudi gehetzt und damit so einen Scheißnazi zu einem politischen Mord angestachelt. Heute würde dem Scheißverlag Gerechtigkeit widerfahren!

(1 Tag später, eine Studentenversammlung)

„Du hast an der Autobarrikade vor der Springerdruckerei mitgemischt und Steine als Wurfgeschosse nach vorn gereicht. Das ist gefährlich! Du weißt, dass du angeklagt werden könntest?"
Meine Freundin nervte mich gerade etwas. Aber ich nickte geduldig und murmelte ein leichtes: „Ja!"
„Das ist wirklich mutig und du bist noch nicht mal vorbestraft, aber...."

„Warte kurz hier...." unterbrach ich sie und bahnte mir den Weg zum Rednerpult. Ich musste etwas loswerden, alle sollten es hören! Zu lange machte ich diese ganzen Ungerechtigkeiten mit... Nazis in der Politik, als Richter und an Schulen, der Vietnamkrieg und seine sinnlose Gewalt, die von der USA ausging und von der BRD unterstützt wurde, die Ausbeutung des Kapitalismus und dessen Klassenunterschiede, Sexismus gegenüber der Frau und so vieles mehr. Dann dazu diese Notstandsverordnung, nach der die BRD uns jetzt auch noch unsere letzten Freiheiten nahm. Und immer konnte ich nur schreiben, aber es veränderte nichts, nicht mal Demonstrationen veränderten etwas! Außer das ein guter Freund jetzt schwerverletzt im Krankenhaus lag. Wir hatten nur eine Wahl. Entweder wir würden etwas tun oder sie würden siegen, und das durften wir nicht zulassen.

„Liebe Freunde, liebe Studenten, liebe Genossinnen und Genossen", sagte ich und trat vor ans Rednerpult:
„Ich habe etwas zu sagen, etwas über Rebellion: Einen Stein zu werfen und ein Auto anzuzünden, ist strafbar, aber tausend Steine zu werfen und hunderte Autos anzuzünden ist eine politische Aktion! Verdammt!"

Rote Armee Fraktion (RAF): Die erste Generation Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt