Prolog 3: Das erste Aufeinandertreffen

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(31. Oktober 1968)
(Sicht: Horst Mahler (Anwalt der Außerparlamentarischen Opposition für strafverfolgte linke Studenten))

Ich hatte schon viele kleinere sozialistisch orientierte Straftaten verteidigt, aber dieses Mal viel es mir besonders schwer vor dem Gericht das beste für die Angeklagten Andreas Baader, Gudrun Ensslin, Thorwald Proll und Horst Söhnlein heraus zu holen. Abgesehen von der Spaltung der APO (Außerparlamentarische Opposition) in scheinbar Revolutionäre, aber eigentlich nur Reformisten, und wenige maoistisch Revolutionäre, gab es einfach zu viele eindeutige Beweise. Zu Anfang dachten wir nicht, dass es so schwierig werden würde, -alle gaben sich locker vor Gericht und rauchten sogar - aber nun.... Seufzend beugte ich mich wieder über meinen Zettel. Die Pause war gleich vorbei und es sah gar nicht gut für die Angeklagten aus.

„Vergiss es, bei diesem Prozess können sie nicht gewinnen. Die BRD Regierung ist gnadenlos. Sie hassen den Kommunismus und alles, was er aussagt!", ertönte eine weibliche Stimme hinter mir. Ich sah auf und stellte mich als Horst Mahler vor.
„Und Sie sind?"
„Ulrike Meinhof, Kolumnistin der Zeitung konkret."
„Freut mich!" Ich schüttelte kurz ihre Hand,„ich werd mein bestes geben, die Strafe zu vermindern!"
„Und ich die Bevölkerung auf diese Ungerechtigkeit aufmerksam zu machen!" Mir fiel erst danach auf, dass ich diese Frau auch schon bei all den vorherigen Gerichtsverfahren gesehen hatte. Wirklich engagiert!

Und schon lief die Gerichtsverhandlung weiter.
„Die Brände verursachten einen Schaden von 673.204 DM. Das ist ein betrachtliches Maß an Sachschaden. Und abgesehen davon hätten auch Menschen verletzt werden oder sterben können!"
Ich sah die aufgebrachten Gesichter meiner Mandanten.
„Möchten die Angeklagten dazu Stellung nehmen?"
„Nein. Ich will Ihnen nicht die Gelegenheit geben, den Eindruck zu erwecken, als hörten Sie mir zu. Als würde es irgendetwas ändern was wir sagen. ", meinte Gudrun Ensslin. Wirklich eine mutige Frau und zweifelsohne ziemlich beliebt bei den Männern.
„Also schön, dann fahren sie fort Hr. Verteidiger," richtete der Richter das Wort an mich.
„Wie ich bereits sagte, wussten die Angeklagten, dass sich keine Personen in den Kaufhäusern befanden!"
„Ach ja", meinte der Frankfurter Erste Staatsanwalt Walter Griebel und lachte höhnisch, „ habt ihr etwa Beweise dafür? Wie am 29. Oktober bereits erwähnt fordere ich 6 Jahre Zuchthaus für jeden Beteiligten."
„Das kann ja wohl nicht Ihr Ernst sein, sie haben doch keinen Mord begangen!"

Baader, der sich nicht mehr vor Wut bremsen konnte rief dazwischen, was im Endeffekt keine gute Idee war:„Es wurde niemand verletzt. Nur Konsumgüter aus eurer Kapitalistischen Ausbeutungspolitik. Ihr seid amerikanische Kriegssympatisanten und Faschisten! Das hier ist die Ungerechtigkeit eines verlogen, verschissenen Landes! " Aufgebracht sprang er auf und seine Freunde folgten ihm. Schnell schossen nun wüste Beschimpfungen beider Seiten durch den Saal. Was für ein Chaos!

„Ruhe im Gericht!", der Richter schlug mehrmals mit dem Hammer auf seinen Tisch,„ ich werde jetzt das Urteil sprechen! Es lautet: Alle vier Brandstifter werde zu 3 Jahren Zuchthaus, ohne vorzeitige Entlassung, verurteilt. Die Anklagepunkte, sind wie bereits genannt. Die Gerichtsverhandlung ist hiermit beendet."

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