K a p i t e l • 8 •

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Ich blicke quer durch den Raum auf die Küchenuhr. Elf. Viele Gäste tanzen, unter anderem Fred, der sich mit seiner Krawatte um den Kopf gebunden alleine an den Discofox wagt.

Die restlichen Gäste verweilen auf der Terrasse, bis auf Amanda neben mir (obgleich momentan eher die Bezeichnung ein Häufchen Elend zutrifft) und Will, der in der Küche in ein Gespräch mit Niklas und Annalena, Amandas Mutter, verwickelt ist.

»Ein ziemlicher Reinfall, hm?« Ich hätte meine Freundin besser in Ruhe lassen sollen. Sie sitzt neben mir auf dem Boden gegenüber der Tanzenden, ständig kippt ihr Kopf auf ihre Knie. Ihr letztes Glas Alkohol war offensichtlich zu viel des Guten. Auch ich trank ein wenig Sekt, nachdem Amanda mir zum wiederholten Mal versuchte das Zeug aufzudrängen. Ich tat es bloß, um sie ruhigzustellen. Mehr als zwei Gläser Sekt trank ich nicht und doch bin ich merklich angeheitert. Ich dachte nicht darüber nach, dass ich auf leeren Magen trank, als ich das erste Glas leerte.

»Die Party? Jup«, bestätigt Amanda unter Hiksern.

»Ne, Fred auf der Tanzfläche.«

»M-hm.«

»Komm.« Ich rappele mich auf, halte ihr meine Hand hin, an der sie sich mühsam hochzieht und ziehe sie daraufhin direkt unter die Discokugel auf der Tanzfläche.

»Was soll'n das werden, wenn's fertig is'?«, lallt Amanda. Meine Hand drückt sie noch fest. Wäre das nicht so, hätte sie schon längst Bekanntschaft mit dem Boden gemacht.

»Wir tanzen«, offenbare ich ihr fröhlich. Ihre Miene fällt, heftig schüttelt sie den Kopf.

»Nene, kanns' du vergess'n. Aber er hier-«, sie zieht den vorbeigehenden Will am Kragen zu uns, »er würde liebend gern' mit dir tanz'n, hab ich Recht?«

Peinlich berührt fasse ich mir ins Haar. Amanda kann ohne Zweifel sehr empathisch sein, nicht aber im betrunkenen Zustand. In Wills Mimik hat sich nichts verändert, nur Grübchen sind aufgetaucht. Es kann doch nicht sein, das nur mir die Röte ins Gesicht steigt.

»Versprich mir eins«, flüstert meine Freundin in mein Ohr, »Heute Nacht werdet ihr euch nich'  küss'n.« Mit den Worten lässt sie mich zurück. In der inständigen Hoffnung, Will habe sie nicht hören können, stoße ich angespannt die Luft aus, die sich seit Wills plötzlicher Nähe in mir anstaute.

Ihn höre ich etwas murmeln wie »Versuchen kann ich's ja.« Genau verstehe ich es nicht wegen der lauten Musik; über mir an der Wand, an der ich lehne, hängt eine der Boxen.

»Möchtest du vielleicht-«

»Nein«, würge ich ihn hastig ab. »Besser nicht.«

»Weißt du denn, was ich sagen wollte?«, lacht er heiser.

»Ich nehme an, ob ich mit dir tanzen möchte.« Will schüttelt den Kopf.

»Nicht?«

»Nein.«

»Was dann?«, frage ich und kann meine Neugierde nicht verbergen. Ich streiche mir eine Strähne hinter mein Ohr und sehe dabei auf den in Discofarben blickenden Parkettboden. Bemerken tat ich nicht, dass Will mich bei meiner Bewegung beobachtete. Als ich wieder zu ihm aufsehe, kreuzen sich unsere Blicke. Grau trifft Grün. Und Welten und Liebe und Leid und Erinnerungen und Lust und Regengefühle strömen durch meinen Körper. Ich könnte schwören, wenn man nur genau hinsähe, wäre es möglich all diese Dinge in meinen auf ihn gerichteten Augen zu erkennen.

»Reden.«

»Reden?«

»Reden.«

»Mit dir?«

September RainWo Geschichten leben. Entdecke jetzt