☆Shadow - 33☆

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Eine Woche zuvor:

Nakaa lief mit festen Schritten den langen Flur entlang, immer noch hielt sie Lunas Hand feste im Griff und zog die menschliche Seele hinter sich her. Mit einem fiesen Grinsen auf den Lippen malte sie sich aus, was sie am liebsten mit dem Mädchen angestellt hätte. Aber leider musste sie dieses Mal nachgeben, weil ihr Bruder die Kleine für seine Pläne brauchte. Sprich Nakaa musste sich ihre Langeweile irgendwie anders vertreiben, immerhin hat es ihr das Mädchen auch nicht sonderlich schwer gemacht, es war kinderleicht, sie zu überzeugen und nun liefen beide stillschweigend den dunklen Korridor entlang. Nakaa hörte, dass das Herz Lunas deutlich über den Takt schlug, sie war nervös, auch wenn man es ihr nicht ansah. Eher neugierig musterte Luna ihre Umgebung und war umso überraschter, als die Dämonin ihre Hand losließ um eine große Tür zu öffnen.
Was sie sah, war nicht das, was die junge Frau erwartet hatte. Ein großes geräumiges Büro ohne Fenster und trotzdem klarer Luft bot sich ihr. Die Einrichtung war schwarz und auch sonst wirkte der Raum eher kühl. Nur eine Sache passte nicht ins Bild und das war der Mann mit den blonden Haaren, der an seinem Schreibtisch saß und neugierig seinen Kopf hob.

Luna durchfuhr eine Gänsehaut, als sie in eiskalte, schon fast weiße Augen blickte. Doch aus irgendeinem Grund strahlte der Fremde etwas Vertrautes aus. Freundlich lächelte er sie an und deutete auf den Stuhl vor sich. Während er Nakaa nur zunickte und diese sein Büro leise verließ. Langsam setzte Luna sich in den recht bequemen Stuhl und sah sich nervös um. Während Andras Blick auf ihr ruhte und niemand etwas sagte. Der Fremde verschränkte seine Hände vors Gesicht und stützte sein Kinn auf diese ab. Mit einem durch dringlichen Blick sah er Luna an und es kam ihr schon fast so vor, als würde er ihre Gedanken lesen wollen. Als sie ihn schließlich doch ansah, fing er süffisant an zu lächeln.

"Mein Name ist Andras und du bist Luna, richtig?"

"Ja!" Sie wollte gar nicht nach Fragen, woher er das wusste. Er war ein Dämon, die Antwort konnte sie sich schon selbst ausmalen. Nervös zupfte Luna an ihrem Shirt und blickte stur nach unten. Seine Anwesenheit und diese Aura, die ihm umgab, machte sie nervös.

"Hast du Angst vor mir?" Die Stimme klang plötzlich so nah und als Luna aufgeschreckt nach oben sah, kniete Andras direkt vor ihr.

"A-also Angst würde ich es nicht nennen, eher Unbehagen!" Stotterte Luna und die plötzliche Nähe zu ihrem gegenüber machte die Situation nicht besser.

Ihre Wangen erhitzten sich, als Andras seine Hand auf die Lunas legte. Diese war nicht wie zu erwarten kalt, sondern strahlte eine wollige Wärme aus.

Er sah ihr tief in die Augen und auch Luna versuchte irgendetwas in seinen zu erkennen. Wie konnte so jemand ein Dämon sein? Es schien ihr fast so, als würde sie Andras schon jahrelang kennen, sie vertraute ihm auf eine merkwürdige Art und Weise und trotzdem schrie ihr Verstand, dass er gefährlich war.

Er schmunzelte und legte wieder einen gewissen Abstand zwischen der jungen Zauberin, als er sich mit seiner Hüfte an den Schreibtisch lehnte. Dabei verschränkte er seine Arme und sah ins Leere. Luna musterte ihn vorsichtig, wollte aber nicht zu auffällig hinsehen. Seine schwarze Hose und das schwarze Hemd gaben einen unglaublichen Kontrast zu seinen blonden Haaren und der hellen Haut. Er schien perfekt zu sein, zumindest konnte Luna keinen einzigen Makel erkennen. Er war das klassische Bild, was man von Dämonen kannte, sie sahen alle gut aus, um ihre Opfer einfacher um den Finger wickeln zu können. Doch bei Andras war noch irgendetwas Besonderes! Etwas, was Luna sich nicht erklären konnte und sie ihren verwirrten und enttäuschten Gefühlen die Schuld dafür gab. Unwillkürlich musste sie an Dr. Strange denken. Er war der Grund, weshalb sie eigentlich hier war. Eine Träne lief an Lunas Wange hinab und die junge Frau schien dies nicht mal zu bemerken.

Würde Andras einen gewissen Hauch von Empathie empfinden, hätte er sie gefragt, was los sei. Doch es interessierte ihn einfach nicht. Er brauchte die Frau für seine Pläne und wollte sich nicht unnötig mit irgendwelchen Problemen beschäftigen, von Seelen, die sowieso nur noch lebten, weil er es zuließ.

Umso froher war er, als Luna versuchte, sich nichts anmerken zu lassen und er über das soeben Geschehene hinwegsah.

"Deine Gefühle verwirren dich, machen dich schwach und ich kann dir helfen, sich dagegen zu wehren, beziehungsweise dich zu erlösen. Es tut nicht weh und danach bist du unbesiegbar und zu allem fähig!" Versuchte Andras Luna zu manipulieren und umschmeichelte dabei ihre Sinne. Langsam ging er auf Luna zu und lauschte dem Rauschen ihres Herzens. Er spürte, welch eine Wirkung dieser auf das Mädchen hatte. Er hörte ihren Puls, roch ihren Duft, sah ihr nervöses Verhalten, wenn er sich ihr näherte. Etwas, was er an Menschen eher belustigend fand, als dass er sich geschmeichelt fühlte und trotzdem gab es eine Ausnahme, Jenna! Denn da war er es, der eine leichte Nervosität spürte, wenn sie in seiner Nähe war. Nicht weil er Jenna mochte, nein, alleine die Tatsache, dass er bis zu dem Augenblick nicht mal wusste, dass er so fühlen konnte, veranlasste ihn dazu. Er war der Inbegriff des Bösen, seine Aufgabe war es, den schwachen Seelen das Glück zu nehmen und jetzt war er es, der offenbar so etwas wie Gefühle entwickelte. Er müsse aufpassen, das wusste der Dämon. Doch trotzdem wollte er sie wieder sehen zu lange war es schon her, als er das letzte Mal mit Jenna geredet hatte.

"Ich weiß nicht richtig?!" Stammelte die junge Frau vor Andras und schenkte ihm nur kurze Blicke. Innerlich drehte er mit den Augen, doch jetzt die Geduld zu verlieren, wäre genau das falsche Verhalten gewesen. Weshalb der Dämon langsam auf Luna zu kam und sich neben ihren Stuhl kniete.

"Du musst mir vertrauen, eine andere Wahl hast du nicht mehr! Verstehst du das nicht?" Er sprach es in einem unglaublich ruhigen Ton aus, das Luna es im ersten Moment nicht mal als Drohung wahr nahm.

Erst als sie sich von seinen Augen lösen konnte, verstand sie in was für eine missliche Lage sie sich mal wiedergebracht hatte.

Sie hatte keine Wahl. Würde sie Andras Plan ablehnen, würde er sie töten. Schließlich hatte der Dämon dann kein Nutzen mehr für die junge Zauberin. Mit Tränen in den Augen und einem Kloß im Hals nickte sie nur schweigend auf und ab. Andras lächelte süffisant und bescherte ihr eine Gänsehaut.

"Sehr gut!" Fies grinsend näherte der Dämon sich ihrem Ohr. Luna spürte seinen heißen Atem auf ihrer Haut und hielt ungewollt die Luft an, als ihr Geist die lateinischen Wörter aufnahm, dessen Bedeutung sie jedoch nicht verstand.

"Daemonium repetit, quicquid procedit ab ipso."

Shadow (Dr.Strange FF - Buch 1)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt