Dem Elend wolle nie mit Spötterworten nahen. Wer glaubte wohl sein Glück von ewigem Bestand?
-August Lafontaine (eigentlich Karl August Heinrich Julius, deutscher Schriftsteller)
Er ist genauso groß wie Casper, die hellen Eisblauen Augen sogar strahlender als die von Lian oder Sergio, das braune Haar wie Derek. Aber das wichtigste ist sein Tattoo, sein Muttermahl, das Mahl des Kriegsrudels. Seins ist sichtbar und prägt sein rechtes Handgelenk, genau dort wo es sein sollte. Kann man so viel Glück haben? Hat die Mondgöttin uns gesegnet? Hat sie den Krieger gesegnet? Nicht das er uns seinen Namen verraten hat. Nicht das er auch nur ein Wort über seine Lippen gebracht hat. Er schweigt und sieht auch nur meiner Gefährtin in die Augen, er beachtet auch nur meine Gefährtin. Sie hat uns gewarnt, dass er uns nicht vertrauen wird. Wir haben ihn vielleicht befreit, aber genesen kann er nur alleine und nicht einmal das steht fest. Aber wenigstens sind wir bei ihm, wenn er doch nicht leben möchte, wenn er sich für den Tod entscheidet. Aber das jetzt schon zu sagen, ist viel zu früh.
»Roscoe?«, ich sehe meine Gefährtin durch den Rückspiegel in die Augen. Sie sitzt zusammen mit unserem Dreizehnten Krieger auf der Rückbank während Hunter auf dem Beifahrersitz Platz genommen hat.
»Halten wir gleich?«, erkundigt sie sich und deutet mit Ihrem Kopf auf unseren befreiten Krieger. Er sieht schlecht aus, er zittert und scheint nicht ganz bei sich zu sein. Ich kann hier überall halten immerhin ist es ein Feld weg, aber erst in einer halben Stunde sind wir wieder im Kriegsrudelterritorium. Es wäre besser wenn er sich dort verwandelt und die Kontrolle verliert. Wir brauchen nicht noch mehr Problemen mit dem König und dem Ältesten Rat. Nicht zu vergessen, dass meine Gefährtin eine Vampirin ist und nicht jeder sie willkommen heißt.
»Behalte die Kontrolle, in Ordnung. Versuch den Kampf zu gewinnen. Konzentriere dich auf deinen Menschlichen Körper. Höchstens noch fünfzehn, zwanzig Minuten wenn ich aufs Gaspedal drücke. Also haltet euch fest. Hunter informiere den Rest.«
Theresa sieht mich traurig durch den Spiegel an, sieht zu unserem dreizehnten Krieger und dann wieder zu mir. Sie schenkt mir ein kleines lächeln bevor sie die Hand auf sein Mahl legt und langsam seinen Arm streichelt.
»Weißt du, ich hasse mich selbst. Dafür dass ich gefangen genommen wurde, es nie geschafft habe zu fliehen oder zu sterben.«, meint meine Gefährtin und stockt. Beim letzten Satz kann ich mir kein knurren unterdrücken. Sie wird nicht sterben solange ich lebe und sie um jeden Preis beschütze. Sie ist mein.
»Ich kenne diese Welt nicht, ich wurde 1880 geboren. Diese Welt ist anders. Nicht nur die Menschen, auch ihr Verhalten, die Traditionen und vor allem das meine Familie nicht mehr lebt. Ich und auch du, wir haben das Glück, diese Welt noch einmal zu erleben. Wir haben das überlebt, was die meisten nur in Filmen, Büchern oder als Horrorgeschichten erzählen. Wir sind Sieger. Jetzt wo wir frei sind müssen wir nur noch unsere Dämonen besiegen, was schwerer ist als es sich an hört. Ich werde dich nicht anlügen, das Rudel hat mich befreit. Ich habe wieder zu genommen, habe Appetit auf Blut und normales Essen, ich habe Roscoe und trotzdem leide ich. Ich habe Albtraume, erschrecke mich schnell, lasse mich nicht immer vom meinem Gefährten berühren, ich habe Mühe mich in dieser Welt einzuleben und das schlimmste? Manchmal fehlt mir meine Zelle, Roscoe nennt das Stockholmsyndrom, aber es geht mir eher um die Ruhe, die Sicherheit und das Gefühl von Geborgenheit. Komisch oder? Man wird gefoltert und fühlt sich daheim? Ich schäme mich nicht nur, ich verstehe es auch nicht. Wie kann ich so empfinden? Ich bin eine Vampirin und wenn ich mich von meinem Gefährten nähre, bin ich eine Gefahr für ihn. Also, ich bin immer für dich da und auch der Rest des Rudels. Sie sind alle sehr anhängig und neugierig, sie haben noch nie etwas von Privatsphäre gehört. Es bleibt zwar alles im Rudel aber dafür muss auch jeder es wissen. Wie eine große Familie.«
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Rudelblut
WerewolfSie ist eine Vampirin und wird von einem Rudel befreit. Er ist ein reisender Krieger, zieht von Rudel zu Rudel. Sie ist seit Jahren eine Vampirin, aber hat keine Kontrolle über ihren Durst. Er und das Rudel müssen sich an das Leben mit einer Vampiri...