•~{ Kapitel 2 }~•

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Gemütlich machte ich mich auf den Weg zu Oikawa's Haus. Er kam sowieso wieder zu spät. Doch als mir sein blaues Haus ins Auge fiel, stand der Setter schon an sein Gartentor angelehnt da und grinste mich an. Ich straffte die Schultern und lief zügig die letzten Meter bis zu ihm.
„Schon so früh auf den Beinen, Trashykawa?", neckte ich ihn und grinste.
„Jaja, warum auch nicht", lachte er und gemeinsam liefen wir den gewohnten Weg zum Schulhaus.

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„Oikawa, lass uns endlich duschen gehen, ich habe keine Lust so lange wie gestern zu warten, zuhause wartet ein Berg Hausaufgaben auf mich", hetzte ich meinen besten Freund, der sich heute wieder übertrieben viel Zeit beim Halle verlassen liess.
„Beruhige dich Iwa-chan. Ich warte auf einen Anruf", lächelte er.
Dies kümmerte mich nicht wirklich.
Ich scheuchte ihn in die Garderobe. Quengelnd, dass dieser Anruf wichtig wäre und er ihn auf keinen Fall verpassen dürfte, zog er sich seine Sportkleidung aus und ich schubste ihn in die Duschen.
Mattsukawa und Hanamaki verabschiedeten sich im gleichen Moment und nun waren Oikawa und ich wieder einmal die einzigen in der Garderobe. Ich schnaubte verächtlich.
Das Training war heute besonders schlecht. Niemand war ganz bei der Sache. Die Hälfte meiner Spikes ging ins Out, Hanamaki und Watari's Recieve war schon lange nicht mehr so schlecht gewesen und auch bei Oikawa hat überhaupt nichts funktioniert.
Ein Klingeln riss mich aus den Gedanken. Es kam eindeutig aus Oikawa's Tasche. Ich richtete mich auf und öffnete den Reisverschluss des Seitenfachs.
Sein Handy.
Ich horchte.
Die Dusche lief immer noch. Am besten sage ich dem Anrufer er hat gerade keine Zeit.
Ich holte das Handy hervor und drückte auf den grünen Knopf der für Annehmen steht. Dann hielt ich mir Oikawa's Handy ans Ohr.
„Guten Tag Herr Oikawa", tönte es aus dem Mobiltelefon.
„Ähm Hallo-", begann ich, wurde aber sofort wieder unterbrochen.
„Hier spricht die Klinik. Wir hätten den Termin für die Operation ihres Knies. Es ist der 28.04 um 16:25."
Ich verstummte.
Like what?
Was sollte das? Eine weitere Operation? Wieso erzählt er mir nichts darüber? Man hat zwar gemerkt das sein Knie wieder nachliess aber das es erneut so schlimm war?
„Wir brauchen eine Bestätigung ob es klappt. Alles weitere besprechen wir dann im Krankenhaus."
Der Griff um Oikawa's Handy verstärkte sich und ich knirschte mit den Zähnen.
Dieser verdammte!
Er hat wieder einmal einfach die Klappe gehalten! Was ist man anderes gewohnt. Wenn ich diesen Bastard sehe kriegt er aber auf den Deckel das schwöre-
„Iwa-chan?", ertönte es hinter mir.
Ich erstarrte.
Langsam drehte ich mich um.
Oikawa stand wieder in der Garderobe, mit nur einem Handtuch um die Hüften.
„Hallo?", kam es wieder aus dem Handy.
Das nächste dass ich wusste war, dass Oikawa mir das Handy entrissen hatte und harsch hinein redete.
„Ja. Ja! Ich hab's kapiert ich bin ja rechtzeitig da!", grollte er ins Handy und drückte wütend den roten Knopf, um den Anruf zu beenden.
Er pfefferte das Handy zurück in seine Tasche und nahm sich seine sorgfältig bereitgelegte Kleidung zur Hand.
Ich fing mich langsam wieder.
„Oi, Trashykawa was war das eben?", fuhr ich ihn an und machte einen grossen Schritt auf ihn zu.
Er stülpte sich das Shirt über den Kopf und packte seine Tasche, nicht auf meine Frage eingehend.
„Trashykawa!", schrie ich.
„Nichts! Was denkst du dir eigentlich dabei?", erwiderte er ebenfalls schreiend und wirbelte herum.
Seine Tasche hing ihm über seiner Schulter und er war bereit zum gehen, aber das konnte warten.
„Nichts?! Lüg mich doch nicht wieder an!", zischte ich.
Mein Gegenüber schnaubte und versuchte sich an mir vorbeizudrücken. Ich schnappte mir seinen Arm und hielt ihn fest.
„Jetzt antworte endlich einmal ehrlich!", rief ich in sein Gesicht.
„Nein, Iwaizumi."
Er sah mich nicht einmal an. Sein Blick war auf den Boden gerichtet, doch das kümmerte mich nicht.
Hat mich Oikawa überhaupt irgendwann mal bei meinem Nachnamen genannt? In der ganzen Zeit, in der wir uns kannten? Es war immer nur Iwa-chan.
Dieser nervige, verfluchte Spitznamen, doch Oikawa's Art mich Iwaizumi zu nennen, machte mir Angst.
Mein Griff lockerte sich.
„Sag mir doch bitte endlich die ganze Wahrheit, Oikawa", bat ich ihn erneut, dieses Mal etwas gelassener.
Er drehte seinen Kopf zu mir und sah mich mit seinen braunen Augen an.
Sie waren Stumpf und gefühllos. Alles andere als Oikawa, so wie ich ihn kannte. Die Fröhlichkeit, Gelassenheit und dieses Glänzen war verschwunden, stattdessen war an dieser Stelle nur Kälte und Hass.
Ich liess seinen Arm los und stolperte zurück.
„Hör zu Iwaizumi. Es geht dich nichts, aber gar nichts an, was bei mir vorgeht. Es ist mein Leben und nicht deines verdammt nochmal! Und jetzt lass mich endlich einmal in Ruhe, du nervst", fuhr er mich an.
Ich spürte wie ein Eiskaltes Gefühl sich in mir breitmachte, als der letzte Satz sich in mein Gehirn einprägte.
Oikawa drehte sich um. Ich starrte auf meine Füsse und bekam noch mit, wie die Tür zufiel.

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„Na gut! Dann verpiss dich doch! Verpiss dich aus meinem Leben und lass alles zurück! Lass deine gesamte Kindheit zurück! Lass alles zurück, was du in deinem Leben je erlebt hast! Es juckt mich nicht! Du juckst mich nicht! Aber wenn irgendwas passiert, dass dich aus der Bahn wirft, dann glaub bloss nicht, dass du angekrochen kommen kannst und ich dich wieder aufnehme. Bade deine Scheisse gefälligst selber aus. Ich hasse dich! Ich hasse deine Art! Ich hasse deine Persönlichkeit und... einfach dich! Dein verdammt perfektes Lächeln das du immer aufsetzt sobald du deine behinderten Fangirls siehst und all diese dummen Kommentare! Und ich hasse mich, dafür, das ich dich jemals als Freund angesehen habe. Als bester Freund! Aber weisst du was? Nie mehr! Nie mehr lasse ich es zu, jemanden wie dich in mein Leben zu lassen. Du hast so viel zerstört. Halte dich von mir fern. Du bringst nur Unglück! Leck mich Oikawa. Ich hasse dich", liess ich meinen ganzen Emotionen freien Lauf.
Mein Kindheitsfreund stand mit dem Rücken zu mir. Ich öffnete meine Augen, die ich während meines Vortrages fest zusammengekniffen habe und starrte ihn hasserfüllt an.
Es war unser erster richtiger Streit. Klar hatten wir Zankereien, aber die waren nach höchstens drei Tagen wieder geklärt. Doch dieses Mal liess ich das nicht zu.
Oikawa drehte sich wie in Zeitlupe zu mir. Ich grinste.
Er war vollkommen geschockt. Seine Augen voller Tränen, die sich schon einen Weg über seine Wangen bis hin zu seinem Kinn bahnten.
„Iwaizumi...", hauchte er.
„Kommst wohl nicht mit der Wahrheit klar was? Du bist so ein Idiot, Oikawa", lachte ich, drehte mich um und lief weg. Einfach nur weg von ihm, bevor ich selber in Tränen ausbrechen würde.
Beinahe blind rannte ich durch die Gassen und Strassen, bis ich vor einem Platz stehen blieb. Es war ein alter Spielplatz, der von niemandem mehr benutzt wurde. Die Bank war in der Mitte durchgebrochen und die Bäume, Büsche und das Gras abgestorben und braun. Ich lief auf die Schaukel zu, die noch in einem einigermassen Gutem Zustand war. Mit schwerem Körper liess ich mich darauf fallen und begann leicht zu Wippen. Mein ganzer Körper zitterte und immer noch dicke Tränen kullerten meine Wangen hinunter.
„Es tut mir so leid Oikawa. Ich weiss doch wie sehr ich dich damit verletze, aber ich hatte einfach keine Kontrolle über meinen Körper", murmelte ich.
Dieser Spielplatz war eine wichtige Erinnerung für mich, denn hier bin ich das erste Mal auf Oikawa getroffen.
Er sass, wie ich gerade, alleine auf der Schaukel und wippte leicht hin und her, die Augen Starr auf den Boden vor sich gerichtet und die Tränen zurückhaltend. „Hey?", fragte ich ihn damals leise. Er sah auf, lächelte und überfiel mich sofort mit seiner grossspurigen Art.
Wir freundeten uns schnell an.
Wie konnte es so schnell enden?
Ich seufzte.
Es tut weh...

Depressed | IwaOiWo Geschichten leben. Entdecke jetzt