2.Kapitel

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2.Kapitel

„Wir müssen sie so schnell wie möglich ins Krankenhaus bringen und untersuchen lassen."

„Sie war mehr als zehn Minuten unter Wasser. Es kann zu Lungenproblemen führen."

„Schnell, sie muss ins Krankenhaus bevor wir sie noch einmal verlieren!"

Viele Stimmen sprachen auf einmal um mich herum auf mich ein. Keine von dieser Stimme konnte ich einordnen. Ich konnte spüren, wie sich mein Umfeld sich bewegte...oder war ich es, die bewegt wurde? Nach mehrmalige misslungene Versuche war ich endlich in der Lage meine Augen zu öffnen und sah direkt in braune Augen. Erstaunt beugte sich der Besitzer der braune Augen über mich und fragte mich sofort: „Wie geht es Ihnen?" Viele fremde Menschen sammelten sich um mich und guckten mich alle mit verschiedenen Emotionen an. Erleichterung und Mitleid stand in ihnen geschrieben. Ich öffnete meinen Mund um ihm eine Antwort geben zu können, doch anstatt Wörter kam Wasser raus. Viel Wasser. „Bleiben Sie liegen", meinte er nur und drückte mir aufmunternd auf die Schulter und legte mir etwas über meinen durchnässten Körper, dass aussah wie Alufolie. Meine Augen und Lunge brannten, außerdem tat mir mein Kopf noch weh.

Nachdem ich das ganze Wasser aus meiner Lunge los war, sah ich mich schwach um und musste feststellen, dass ich am Ufer eines Sees lag, den ich zuvor nie in meiner Heimatstadt gesehen hatte. Dazu kommt noch, dass die Menschen allesamt Asiaten waren. Erschrocken über diese Erkenntnis sah ich auf das Namenschildchen des Mannes und konnte ganz deutlich lesen, wie sein Name war. Ich weiß nicht wie sowas möglich ist, aber ich konnte es ohne große Probleme lesen, obwohl es auf Koreanisch war! Ich hab doch Zuhause mein Bewusstsein verloren und nicht an irgendeinem See und wieso kann ich ohne Probleme plötzlich koreanisch lesen? Diese und viele andere Fragen quälten meinen Kopf. Ehe ich weiter darüber nachdenken konnte überkam, mich eine plötzliche Müdigkeit und ich verlor heute zum zweiten mal das Bewusstsein.

Das nächste mal wachte ich ohne weitere Probleme in einem Krankenhaus auf. Das erste was ich sah, war die weiße Decke und ich konnte ein ständiges Piepen vernehmen. Diesesmal konnte ich mich aufsetzen, trotz den leichten Schmerzen in meine Glieder. Ich biss die Zähne zusammen und die Schmerzen halbwegs auszublenden. Es fühlte sich so an, als hätte ich auf den gesamten Körper Muskelkater. „W-Wo bin ich?", krächzte ich immer noch schwach und musste sofort danach husten. Auf der Suche nach einer Milderung meines Hustens entdeckte ich neben mir auf einem Tisch, ein Glas Wasser und griff sofort danach. Den Inhalt trank ich gierig mit zwei große Schlucke leer. Nun da ich wieder halbwegs bei Kräften war, konnte ich mir mehr Gedanken um das unerklärte Geschehen machen. Ich wusste immer noch nicht, wie ich zu dem See gelangen bin. Je tiefer ich in meine Gedanken grub, desto mehr begann mein Kopf zu pochen.

„Beweg dich nicht so schnell", mahnte mich eine Stimme plötzlich von der Seite aus. Für eine Sekunde setzte mein Herz vor Schock aus. Bevor ich reagieren konnte, schwang ich meinen Kopf in die Richtung der Quelle der Stimme. Der Schwung war unüberlegt, weshalb mir leicht schwindlig wurde. Stöhnend griff ich nach meinem Kopf und lehnte mich nach hinten auf das Kissen. Meine Hand, welcher neben meinem Körper lag, wurde plötzlich von Wärme erfasst. Vorsichtig drehte ich den Kopf zu der Person der Hand und sah sie an. Es war eine Frau, die schwarze Haare hatte und schon leicht faltig im Gesicht war. Sie sah mich lächelnd an, dennoch leuchteten ihre Augen Sorge aus. Doch als sich unsere Augen trafen, zog merkwürdigerweise tief die Luft ein und schlug sich mit der freien Hand über ihr Mund. „Wie ist sowas möglich?", hauchte sie überrascht und kam mir ein Stück näher ans Gesicht ran. Nicht allzu lang später rief sie nach einem Doktor, der nicht lange auf sich warten ließ und ins Zimmer gestürmt kam. Dicht hinter ihm trat eine Krankenschwester ein, die mich genauso wie die fremde Frau mit großen Augen ansah. „Herr Doktor, können Sie mir bitte erklären wie es möglich ist, dass meine Tochter anstatt von braunen Augen plötzlich (A/F) Augen hat?", wollte sie von dem Doktor mit einem gefährlichen Unterton wissen.

Jetzt lag es an mir große Augen zu bekommen, als ich mir bewusst war, dass ich nicht die zu sein schien, die sie erwartete vor sich zu haben. „Wer sind Sie?", fragte ich die fremde Frau, die sich als meine Mutter ausgab. Ich bin mir zu 100% sicher, dass meine Mutter eine Deutsche mit russische Wurzel ist und nicht eine koreanische Frau ist. Noch nie in meinem Leben habe ich die fremde Frau je gesehen. Als ich gesprochen hatte, hat sich die Frau wieder zu mir gedreht und hatte ihren Druck um meine Hand minimal verstärkt. „Ich bin deine Eomma, (V/N)", antwortete sie mir. Woher zum Teufel wusste sie meinen Namen? Ich entzog ihr sofort meine Hand und meinte: „Ich kenne Sie nicht und woher wissen Sie meinen Namen?" „Ich habe dir deinen Namen, Choi (V/N), bei der Geburt gegeben", kam sie mir sofort entgegen und sah mich geschockt über meine Aussage an. Ich heiße doch garnicht mit Nachnamen Choi sondern (N/N)!

„Herr Doktor, bitte untersuchen Sie meine Tochter erneut. Sie scheint sich nicht mehr an mich zu erinnern", begann die fremde zu weinen und schmiegte ihre Wange gegen meine Hand. Auch wenn ich meine Hand gerne weggezogen hätte, könnte ich es gerade unmöglich machen, wenn sie weint. „Ich hatte sowieso vor sie zu untersuchen. Möglicherweise erlitt sie auf Grund ihrer Kopfverletzung an Amnesie. Das heißt sie hat all ihre Erinnerung an ihr Leben vergessen", erklärte er und leuchtete mir mit einer kleinen Taschenlampe in die Augen. „Ihre Augen müssen wir besonders durchsuchen. In meiner gesamten Karriere ist mir sowas nie untergekommen", teilte er seine Besorgnis mit. „Wie schlimm ist meine Kopfverletzung?", wollte ich wissen, wie es um mich stand. Der Doktor sah mich an und antwortete sogleich: „Sie haben eine leichte Platzwunde." Dann sah er mich nachdenklich an. Er fuhr mit dem Reden fort: „Trotzdem kann ich mir nicht erklären, wie Sie auf Grund einer leichten Kopfverletzung eine Amnesie leiden können. Und zum anderen ist mir schleierhaft, dass Sie keine Lungenprobleme zugezogen haben." „So, ich muss jetzt weiter. Wir sehen uns bald wieder", verabschiedete er sich und verließ mit der Krankenschwester nach einen kleinen „Bis naher" das Zimmer und ließ mich mit der fremden Frau alleine im Zimmer zurück.

„Könnten Sie mir freundlicherweise ein Spiegel reichen?", fragte ich die Frau höflich und riss sie somit aus ihrem Schluchzen. Schniefen nickte sie und reichte mir ein kleiner Spiegel, den sie in ihrer Tasche hatte. Dankend griff ich danach und sah mir ins Gesicht. Ein fremdes Gesicht.

Wer zum Teufel ist die Fremde in der Spiegel?

The Escape (Taehyung X Leser)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt