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Mit einem Ruck zieht Inho die Tür hinter sich zu. Er hat einen freien Tag. Normalerweise bleibt er dann zu Hause und wartet auf seine Frau. Er hat ja keinen Schlüssel und kommt nicht in die Wohnung, wenn sie nicht da ist. Und wenn er weg ist, gibt es nachher Fragen und Vorwürfe, die er sich ersparen will. Normalerweise.

Doch es geht nicht mehr. Er geht kaputt hier. In dieser Wohnung. In seiner Ehe. Bei ihr.

Sie kann seine Familie nicht leiden, daher hatte er ewig keinen Kontakt mehr, doch heute wird er seine Mutter anrufen, bevor er sich auf den Heimweg macht. Es wird schwierig werden und er wird viel Hilfe brauchen. Hoffentlich hasst seine Familie ihn ihretwegen nicht, aber wenn es so ist, muss er sich damit arrangieren und es ganz allein schaffen, sich von seiner Frau zu lösen, eh er sich um die Beziehung zu seinen Eltern und Geschwistern kümmern kann. Es wird hart. Doch nun hat er die ersten Schritte auf diesem steinigen Weg gemacht und es gibt kein zurück.

Natürlich könnte er einfach zurückgehen, sich vor die Tür setzen und warten, bis sie nach Hause kommt und ihn reinlässt, das wäre im Prinzip nicht anders als wenn er drinnen auf sie wartet. Nur ohne Bier. Aber wenn er das jetzt nicht durchzieht, wird sich nie etwas ändern. Er wird dort drin versauern und einsam sterben.

Entschlossen macht er sich auf den Weg zu dem Scheidungsanwalt, den er im Internet gefunden hat. Der ist nicht so extrem teuer wie der angeblich Allerbeste, der total schnöselig aussieht und außerdem am anderen Ende der Stadt arbeitet. Von Herrn Han gab es kein Bild, aber er soll auch gut sein und ist nicht ganz so weit weg. Hoffentlich kann er ihm helfen. Online hat er einen kostengünstigen, halbstündigen Erstberatungstermin gemacht und sicherlich kann dieser Herr Han ihm auch etwas dazu sagen, wie Inho am besten für die Kosten einer Scheidung aufkommt.

Unschlüssig kommt er vor der Kanzlei an. Er ist eine Viertelstunde zu früh hier und jetzt, da er wirklich drauf und dran ist, sein verdammtes Leben umzukrempeln, wird er fürchterlich nervös. Es ist nicht einmal warmes Wetter, aber ihm rinnt Schweiß über den Rücken. Kalter Angstschweiß.

Ein junger Mann wünscht ihm nickend einen guten Tag und läuft an ihm vorbei zum Gebäude. "Ähm, Entschuldigung?", ruft Inho ihm hinterher. Er arbeitet augenscheinlich hier, vielleicht kann er Inho sagen, wo er hinmuss und ihm somit etwas von seiner plötzlichen Nervosität nehmen.

Der Mann dreht sich um. "Ja, bitte?"

"Ich möchte zu Herrn Han."

"Ah. Der bin ich. Sie sind Herr Hwang?"

Überrascht mustert Inho ihn. Dieser Anwalt sieht sehr jung aus, aber er strahlt Kompetenz aus. "Äh, ja genau."

Mit einem beruhigenden Lächeln nickt Herr Han. "Kommen Sie gleich mit rein."

Frisch verliebt und halb geschieden - Hyunho FFWo Geschichten leben. Entdecke jetzt