Tobias
Ich kannte seinen Namen – Jason. Ich hatte ihn oft genug gehört. Als sie über ihn sprachen. Den starken, furchtlosen Jungen mit der großen Klappe und den schnellen Fäusten. Der, der nie ein Blatt vor den Mund nahm und der Teddy aufgenommen hatte. Teddy. Und ihn behandelte wie Familie.
Aber was ich jetzt sah, war etwas vollkommen anderes. Etwas, womit ich nicht gerechnet hatte.
Jason starrte mich an. Bleich. Schweiß auf der Stirn. Er zitterte unter meiner Berührung. Sein Mund öffnete sich und klappte wieder zu. Wie ein Fisch auf dem Trockenen. Er schluckte und versuchte sich gegen meine Bewegung zu wehren.
„Alles okay bei dir?", fragte ich vorsichtig.
Sein Trainer riss ihn mir wortwörtlich aus der Hand. „Wäre besser, wenn du einfach gehst.", blaffte er mich an. Er setzte Jason auf einen Stuhl und strich ihm die Haarsträhnen aus der Stirn. „Jason, alles gut.", meinte er leise. Und begann auf ihn einzureden.
Ich runzelte die Stirn. Besorgt. Das kam anscheinend öfter vor. Und anscheinend wusste sein Trainer was los war.
Jasons Augen füllten sich mit Tränen. Er zitterte und schlang die Arme um seinen Körper. Er war gebrochen. Das konnte ich klar und deutlich sehen.
„Kann ich etwas tun?", fragte ich vorsichtig. So ein Verhalten hätte ich niemals erwartet. Aber das war die Straße. Niemand war hier ohne Grund. Und so ein junger Mensch wie Jason schon gar nicht.
„Geh einfach. Jason braucht R-", begann der Trainer. Aber plötzlich stieß Jason ihn weg und starrte mich an.
Wütend.
„Deine Schuld! Das ist alles deine Schuld!", keifte er und kämpfte sich auf die Beine. Er schwankte. Hielt sich an der Stuhllehne fest.
Ich sah ihn an. Lange. Besorgt. „Es tut mir leid. Was auch immer ich getan habe."
„Sollte es auch!" Er machte einen Schritt auf mich zu. Die Faust geballt. Sein Gesicht war beinahe ausdruckslos. Nur seine Augen funkelten vor Wut.
„Vergiss nicht mit wem du sprichst.", erwiderte ich und baute mich vor ihm auf. Auch wenn es mir leid tat, meine innere Dominanz ließ sich nicht verbergen. Und in Fragenstellen, sollte das besser auch niemand.
Er schnaubte. Dann griff er sich an den Kopf. „Zufrieden?", zischte er.
„Nein. Und jetzt komm. Ich lasse die richtig verarzten." Ich bot ihm meine Hand an. Immerhin wollte ich eigentlich nur ein wenig Spaß beim Boxen haben und ihm nur zeigen, wo er hingehörte. Und nicht, dass er am Ende so verprügelt war. Irgendwie hatte der Kleine es tatsächlich geschafft mich zu provozieren.
„Ich brauche deine Hilfe nicht. Ich will nur Whiskey und etwas rauchen." Er sah seinen Trainer an. „Danke, Mik.", flüsterte er leise. „Tut mir leid."
Mik legte ihm eine Hand auf die Schulter. „Ich weiß. Ist nicht so einfach. Aber es wird besser werden."
Jason nickte und verließ den Schuppen.
Ich folgte ihm einfach. Er interessierte mich. Und ich wollte es teilweise wieder gutmachen, was ich getan hatte. „Na, komm. Stell dich nicht so kindisch an.", meinte ich deshalb und berührte seine Schulter.
Sofort schlug er meine Hand weg. „Fass mich nicht an!", keifte er gereizt. Aber der Ausdruck in seinem Gesicht wurde milder. Als hätte er keine Kraft dafür.
„Komm. Whiskey und eine richtige Mahlzeit gibt es bei mir auch."
Er musterte mich. Abwägend, ob er mir trauen konnte oder nicht. Dann nickte er zögernd. „Aber nur weil ich Hunger habe."
Ich grinste. „Natürlich nur deswegen."
DU LIEST GERADE
Street Kid
Teen FictionJason lebt auf der Straße. Damals floh er vor seinem Freund und seinem alkoholkranken Vater. Jetzt hält er sich mit Drogen, Alkohol und illegalen Boxkämpfen über Wasser. Er ist aggressiv und lässt niemanden an sich heran. Zu oft hat ihm das Leben ge...