Kapitel 7.

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Jason

Ich saß bei ihm Zuhause. Bei Tobias – immerhin hatte er sich so vorgestellt als wir hierher gefahren sind. Mit einem Auto. 
Ich fühlte mich immer noch benommen. Aber zum ersten Mal seit langen an einem Esstisch sitzen und richtiges Geschirr zu benutzen, löste in mir so etwas wie Wehmut aus. Schmerz. Ich musste für einen Moment an meine Eltern denken.
An früher.
Ich berührte vorsichtig das Holz. Es war ein einfacher Holztisch. Mit Kerben und Kritzeleien.
Wie konnte so etwas Alltägliches so Besonders werden?
„Hier." Tobias tauchte plötzlich neben mir auf, stellte ein Glas mit klarer Flüssigkeit vor mich. „Whiskey. Wie versprochen." Er musterte mich. „Du hast noch nicht angefangen zu essen?"
Ich sah auf den Teller mit den Tacos. „Nein. Ich wusste nicht, ob ..." Ich verstummte. Das klang einfach nur dumm.
Er lächelte. Ein Lächeln, das bei mir ein Kribbeln auslöste. Und es fühlte sich irgendwie ... gut an. „Braver Junge."
Huh?
Er wollte mir über den Kopf streichen, aber meine Hand war schneller und schlug sie einfach weg. „Nicht anfassen.", zischte ich.
Ich hasste es berührt zu werden. Ich konnte es einfach nicht ertragen.
Nicht mehr.
Schon lange nicht mehr.
„Entschuldigung." Tobias setzte sich und trank selbst einen Schluck Whiskey. „Du magst es nicht angefasst werden?"
Ich schüttelte den Kopf. Eigentlich war er nett. Er entschuldigte sich sogar. Und er gab mir etwas zu Essen. Aber konnte ich ihm vertrauen?
Nein.
Nein! Natürlich nicht!
Was dachte ich da eigentlich!
Auf der Straße konntest du niemanden trauen! Niemanden!
Tobias legte den Kopf schief und nahm einen weiteren Schluck. Er betrachtete mich einen Augenblick. „Missbrauch?", fragte er dann ganz einfach.
Ich spürte wortwörtlich wie alle Farbe aus meinem Gesicht wich. „N...Nein." Ich kniff die Augen zusammen. Ich wollte ihn anschreien, aber ich hatte auch Angst, dass er mir den Teller wieder wegnehmen würde und mich rausschmiss.
„Schon okay." Er schenkte mir ein sanftes Lächeln. „Wir müssen nicht darüber reden."
„Hatte ich auch nicht vor.", giftete ich und trank den Whiskey mit einem Zug aus. Er brannte in meinem Hals. Aber der Alkohol und der familiäre Geschmack beruhigten mich ein wenig.
„Du darfst essen." Er deutete auf die Tacos. Und begann selbst zu essen.
Ich betrachtete ihn skeptisch. Dann tat ich, was er befohlen hatte. Ich würde es nie zugeben und ich hasste mich dafür, aber es gefiel mir wie er mit mir umging.
Er gefiel mir. 

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