Das Café

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Nach etlichen versuchen zuhause jemanden zu erreichen, die natürlich alle gescheitert waren, gab ich es auf und gab Tom sein Handy zurück. Wo meins war wusste ich nicht, genauso wie mein Tonni, meine Jacke und meine Sporttasche. Egal dann sah er zumindest mein altes Schrotthandy nicht.

"Ich kann auch zum Bahnhof laufen und mit dem Zug fahren und vom Bahnhof nach hause.", sagte ich beiläufig. "Mit einer frisch genähten platzwunde und ganz alleine? Kannst du vergessen!", meinte Tom.

"Warum bist du eigentlich hier? Wurdest du zum babysitten genötigt?", fragte ich ihn entmutigt.

"Also erstmal würde ich dich nicht als Baby bezeichnen", meinte er und lachte." Und außerdem hab ich freiwillig gemeldet länger zu bleiben." - "Länger? Wie spät ist es denn?"

"Halb sechs warum?"

"Und du bist immernoch hier?"

"Sanitäter, dein Freund und Helfer", meinte Tom mit gestellter stolzer Stimme und stand dabei auf. Ich lachte laut auf und er setzte sich wieder auf den Stuhl gegenüber der Trage.

"Was soll ich jetzt machen?",fragte ich ihn nach einer weile. "Ich meine, du hast dich schon lang genug mit mir rumgeschlagen."

"Ich sagte doch ich hab mir freiwillig gemeldet und bin auch noch freiwillig hier. Also ... ich denke icj kann dich kurz entführten.", sagte er, lachte und bevor ich irgendetwas sagen konnte nahm er meine Hand und zog mich hinter ihm her.

Es kribbelte in meinem ganzen Körper. Ruhig bleiben, sagte eine vernünftige Stimme in mir drin.

"Warte,", rief ich also während wir durch das schulgebäude liefen. "Wo sind meine Sachen?"

"Darum kümmern wir uns später", meinte er knapp und eilte in Richtung Ausgang. Wir liefen die vielen Stufen runter. Oh gott ist er hübsch, dachte ich immmer wieder. Er hatte blonde hochgestylte Haare, blau-grüne Augen, weiße Zähne und war etwa einen, vielleicht auch anderthalb Köpfe größer als ich. Ich selbst war auch blond, mit Haaren die bis zum Ellebogen reichten. Ich trug eine Zahnspange, doch meine Zähne saßen schon wieder richtig deshalb störte sie mich nicht weiter. Angeblich stören Zahnspangen beim küssen, meinte die kindische und ebenso träumerische stimme in mir. Oder war das nur wenn beide eine trugen? Ich hatte noch nie einen jungen geküsst, vielleicht hatte ich auch ein bisschen Angst davor. Du Idiot, sagte wieder etwas in mir drin. Okay, ich war wirklich bescheuert aber ob er wohl gut küssen könnte?   .... Soweit es Unterschiede zwischen Küssen gab. Ob er schonmal ne Freundin hatte und wenn ja wen? Und hat - AAHHH! In Gedanken versunken, hatte ich eine Stufe verfehlt, war umgeknickt und hatte das Gleichgewicht verloren. Ich stellte mich innerhalb einer Millisekunde darauf ein gleich auf die harten Steintreppen zu knallen doch in diesem Moment umfassten zwei warme Hände meine Taillie und hielten mich fest. Ich hatte die Augen zugekniffen und als ich sie öffnete merkte ich, dass mein Gesicht nur wenige Zentimeter über der nächsten Stufe schwebte. Tom zog mich wieder auf die Beine und ich hätte vor Scham sterben können. Warum passiert so etwas peinliches nur immer mir?!

"Irgendetwas sagt mir, dass du lebensmüde bist."

"Nein ... nur vollkommen tollpatschig.", sagte ich und er grinste. Zu lange. Irgendwie war sein grinsen komisch als ob er etwas vorhätte, wie z.B --- In dem Augenblick legte er sich meinen Arm um die Schultern und mit der anderen Hand zog er meine Beine hoch. "So kann dir wenigstens nichts mehr passieren - egal ob lebensmüde oder tollpatschig.", lachte er. Vollkommen in Starre realisierte ich erst nach einer Weile dass er mich wirklich auf dem Arm trug. Doch tatsächlich kamen wir zum Parkplatz der Schule ohne dass ein weiteres Desaster geschah. Dort standen nur noch wenige Autos, vielleicht die der Putzkräfte. Hinter einem Baum stand auch noch ein Roller, und genau darauf steuerte Tom zu. Da angekommen ließ er mich wieder auf den Boden und ich gab mir mühe mir nicht anmerken zu lassen, wie wackelig ich auch meinen Beinen stand. Er holte aus dem Fach unter dem Sitz einen Helm und eine Mottorad Jacke heraus. Ich konnte jedoch noch einen kurzen Blick auf den restlichen Inhalt werfen bevor er die klappe wieder zu knallte. Darin waren meine Sportsachen, mein Rucksack und meine Jacke. Also war es doch keine so spontane Idee, dachte ich und lächelte in mich hinein. Er legte mir die Rollerjacke um und wollte sie mir zu knöpfen doch ich ergriff ein Herz und schlug seine Hand weg. "Ich bin schließlich kein Baby mehr.", sagte ich selbstsicher. Er riss unschuldig die Hände in die Luft und wir lachten beide. Dann reichte er mir den Helm der trotz meiner Naht kaum drückte. Er selber zog nur einen Helm auf und ich verkniff mir ihn darauf anzusprechen. Dann holte er den Schlüssel hervor und startete den Roller. Ich klammerte mich um ihn weil ich das letzte mal vor etwa 5 Jahren mit einem solchen Teil gefahren war. Im Rückspiegel könnte ich ihn lächeln sehen. Dann fuhr er los. Er war ein ziemlich guter Fahrer selbst wenn ich vermutete dass er seinen rollerführerschein erst seit kurzem besaß. Während der Fahrt drückte ich mich immer fester an ihn und zum ersten mal wurde mir bewusst an was für einen heißen Typen ich mich da klammerte. Als wir in einer kleinen Stadt ankamen wusste ich nicht wie viel Zeit vergangen war bis ich plötzlich realisierte, dass wir in Köln waren.Ich selber wohnte etwa 40 Minuten von dieser großen Stadt entfernt. Tom hielt an einem kleinen Café, in dem ich vorher noch nie gewesen bin. Ich nahm den Helm ab und schüttelte meine Haare. Auch er nahm ihn ab und fuhr sich durch seine Haare. Dann lächelte er mir zu und ging vom Parkplatz zum café. Ich lief ihm hinterher und wir traten ein. Es war wunderschön dekoriert,  überall bunte vorhänge und Blumen und an der Wand standen viele Sprüche. Tom ging um die Theke herum und rief nach seiner Mom. Total überrascht fragte ich: "Jetzt sag bloß nicht, euch gehört dieses Paradies?" Als Antwort lächelte er mir bloß zu. Ich ging langsam auf die wand zu um die Sprüche darauf besser lesen zu können. Aus dem augenwinkel konnte ich erkennen dass Tom mich dabei beobachtete. Doch in dem Moment zog etwas anderes meine Aufmerksamkeit an. An einer Stelle der Wand stand:

Exchange is not a year in your life,

it's a life in a year.

Plötzlich wurde mir klar, dass Irland mir nie reichen würde. Und, dass eine Woche mir nicht reichen würde.

Ab diesem Moment sollte sich wohl mein ganzes Leben auf den Kopf stellen.

All for my dreamWo Geschichten leben. Entdecke jetzt