Kapitel 4 [Marcus]

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Einige Schulwochen und auch über die Osterferien ging das Ganze noch so weiter, bis ich es nicht mehr aushielt. Jesse behandelte mich einfach nur merkwürdig. Wenn er mich mochte, warum machte er mich in der Schule dann vor allen anderen runter, stellte mich somit bloß? Aber wenn er mich nicht mochte, warum wollte er sich dann immer wieder mit mir treffen und suchte meine Nähe? Das passte doch überhaupt nicht zusammen. Es frustrierte mich, dass er mich so leicht um den Finger gewickelt hatte und ich mich auf ihn einließ, immer wieder. Und das obwohl er mich mit seinem Verhalten verletzte. Ich wollte nicht bloß der dumme Junge sein, den er verarschen konnte, ich wollte mehr sein und ich würde ihn heute zur Rede stellen, weil er sich wieder einmal mit mir treffen wollte.

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„Erde an Marcus?" Paul fuchtelte mit seinen Händen vor meinem Gesicht herum.
„Hm? Sorry", gab ich peinlich berührt von mir und schaute ihn an. „Was hast du gesagt?"
„Ich habe dich gefragt, ob du heute Abend schon was vor hast, weil wir essen gehen, so zum Wiedereinstieg in die Schule nach den Osterferien. Hast du Lust?"
„Ich bin eigentlich verabredet, aber ich schaue mal, ob ich es schaffe", lächelte ich. Um ehrlich zu sein hatte ich mehr Lust mit meinen Freunden etwas zu tun, als mit Jesse. Vielleicht würde mir sogar Abstand von ihm ganz gut tun, um einen klaren Kopf zu behalten und die Kontrolle über meine Gefühle wieder zurückzugewinnen.
„Würde uns freuen. Ruf einen von uns an, wenn du es dir überlegt hast, ja?", fragte min Andreas, woraufhin ich ein Nicken von mir gab. Ich war ihnen dankbar, dass sie nicht nachfragten mit wem ich verabredet war, denn dann hätte ich mir eine Ausrede ausdenken müssen. Sie musterten mich zwar interessiert, aber harkten nicht weiter nach.

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Am frühen Abend fuhr ich mit meinem Fahrrad zu Jesses Haus und klingelte. Fast sofort öffnete er mir die Tür, als hätte er nur so gewartet. Etwas überrascht trat ich einen Schritt zurück, als ich bemerkte, dass er kein Oberteil anhatte.
„Das ging schnell", bemerkte ich und zwang mich dazu ihm ins Gesicht zu blicken, aber als ich an ihm vorbei nach drinnen ging, erhaschte ich einen kurzen Blick auf seinen Oberkörper. Er hatte ein Sixpack. Zwar war das zu erwarten gewesen, aber es sah wirklich...heiß aus.
„Ich wollte mir gerade was zu trinken holen. Gehst du schonmal vor in mein Zimmer? Ich komme dann gleich." Er küsste kurz meine Wange und ich nickte bloß, bevor ich in sein Zimmer lief.
Ein paar Minuten später kam er mit einer Karaffe Wasser und zwei Gläsern nach. Er stellte beides auf seinen Tisch ab, dann nahm er sich ein Shirt.
„Sorry für mein Auftreten", grinste Jess. „Ich habe eben noch geduscht."
Seine nassen Haare unterstützten seine Aussage. Ich hätte ihn gerne daran gehindert das Shirt anzuziehen, aber hielt mich zurück.
„Ist irgendwas? Du bist so still heute." Umgezogen ließ er sich neben mich auf das Bett fallen und blickte mich besorgt an.
„Was ist das zwischen uns?", platzte es aus mir heraus. Abwartend schaute ich ihn an, während er den Blick wieder abgewendet hatte.
„Ich weiß es nicht", gab er dann nach einer Weile leise zu. „Aber ich will nichts Festes, verstehst du? Beziehungen können zerstört werden und man ist so fest an eine Person gebunden, das will ich nicht, ich will frei sein."
Seine Worte zogen mir den Boden unter den Füßen weg, schnürten mir die Kehle zu. Ich spürte, wie meine Augen anfingen zu brennen, aber hielt die Tränen zurück. Ich durfte jetzt nicht einknicken. Ich durfte nicht vor ihm weinen.
„Klar, verstehe ich. Gut, dann sehen wir es ja gleich." Ich lachte kurz, aber meiner Meinung nach hörte es sich stark gefaked an. Er allerdings schien es nicht zu merken.
„Cool. Dann hätten wir das geklärt. Hast du Lust was zu zocken?", fragte er lächelnd.
„Nein, sorry. Ich muss leider wieder gehen." Ich hielt es nicht mehr länger neben ihm aus.
„Aber wir waren doch verabredet?" Sichtlich verwirrt über meine Aussage legte er den Kopf schief.
„Tut mir Leid, es gab eine kleine Planänderung. Wir sehen uns morgen." Und bevor Jesse etwas erwidern konnte, stand ich auf und rannte in Rekordtempo aus dem Haus. Kaum hatte ich die Tür zugezogen, brach ich in Tränen aus. Ich schloss mein Fahrrad auf und schob es langsam die Straße entlang, während mir die Tränen über die Wangen liefen. Ich war verletzt, enttäuscht, sauer. Warum tat er mir das an?

Genau da fiel mir ein, dass Paul, Andreas und Lucy essen waren. Ablenkung war genau das, was ich jetzt brauchte. Ich suchte Pauls Kontakt raus und rief ihn an.
„Hey, Marcus. Kommst du doch noch dazu?" Seine Stimme klang erfreut. Ich schniefte einmal kurz und rieb mir die Tränen aus dem Gesicht.
„Ja. Wo seid ihr?", fragte ich zittrig.
„Bei dieser Pizzeria bei unserer Schule. Alles okay? Du klingst nicht so, als ob es dir gut gehen würde." Er wirkte ernsthaft besorgt und ich wusste, dass ich ihn ihm einen wahren Freund gefunden hatte.
„Lass uns nicht darüber reden bitte...ich bin in fünf Minuten da." Somit legte ich auf und machte mich auf den Weg zu der eben genannten Pizzeria.

- -

„Marcus! Wir haben extra mit dem Bestellen auf dich gewartet!" Lucy winkte mir zu, als ich durch die Tür trat. Ich schenkte ihr bloß ein schwaches Lächeln und setzte mich auf den freien Platz neben Paul.
„Das ist lieb, danke, aber ich habe nicht so wirklich Hunger."
„Du musst doch was essen!", rief Paul entrüstet, was mich etwas zum schmunzeln brachte.
„Na gut. Ich nehme eine Pizza Funghi."
„Schon besser. Wir haben Dir auch schon mal ein Bier bestellt", lächelte Andreas.
„Aber man darf doch erst ab 18 Alkohol kaufen?" Überrascht schaute ich in die Runde, Paul lächelte nur geheimnisvoll. „Okay, was geht hier ab?"
„Die Besitzer sind Lucys Eltern. Wir kriegen Essen und trinken für umsonst und unter anderem auch Alkohol, aber nur Cider, Bier und so harmloses Zeug", klärte mich Andreas auf.
„Echt? Das ist ja cool!"
„Nur auch etwas nervig, weil sie direkt an der Schule sind und voll viele auch in der Mittagspause sich hier was holen. Meine Eltern kennen fast jeden Schüler aus unserer Schule, inklusive Jesse und wie sie alle heißen", fügte Lucy hinzu. Bei der Erwähnung von Jesse zwang ich mich dazu mir nichts ansehen zu lassen.
„Das klingt wirklich nicht so cool."
„Hier ist euer Bier." Eine Frau mittleren Alters platzte in unser Gespräch rein und stellte die Bierflaschen auf den Tisch, dann musterte sie mich. „Dich kenne ich ja noch gar nicht."
„Mum, das ist Marcus. Marcus, das ist meine Mutter", stellte und Lucy einander vor.
„Freut mich Sie kennenzulernen." Ich streckte ihr meine Hand hin und sie schüttelte sie.
„Du kannst mich ruhig duzen", lächelte sie. „Was wollt ihr Süßen denn essen?"
„Pizza natürlich. Wir nehmen eine Funghi, Margherita und zwei Salami." Andreas zählte an seinen Fingern mit. „Das waren alle, oder?"
„Schatz, sieh mal. Du hast jetzt vier Pizzen bestellt und wir sind vier Leute. Das passt ziemlich gut, findest du nicht?" Seine Freundin legte ihm einen Arm um die Schulter und grinste.
„Ach, du bist doch scheiße!" Wie immer, wenn er beleidigt oder genervt war, verschränkte er die Arme.
„Also zwei Salami, eine Funghi und eine Margherita. Kommt sofort." Lucys Mutter lief wieder zurück zur Küche.

Den restlichen Abend verbrachten wir zusammen in dem Restaurant und lachten viel. Sie schafften es mich abzulenken und für die paar Stunden vergaß ich Jesse. Leider hielt dieses Glücklichsgefühl nur bis zum nächsten Tag, denn da sah ich Jesse wieder.

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Es überraschte mich, als er mir von Anfang an morgens Todesblicke zuwarf, sobald wir uns sahen. Diese Blicke wirkten nicht so, als wären sie gespielt. Sie trieften vor Hass, purem Hass. Es verunsicherte mich.
Außerdem rempelte er mich die ganze Zeit. Einmal so fest, dass ich fast hingefallen wäre, gerade noch so konnte ich mich abfangen. Fassungslos blickte ich ihm hinterher, als er den Gang entlang stolzierte. Was hatte ich ihm getan? Oder bessere Frage: Was zur Hölle war in ihn gefahren?
Den ganzen Tag ging das noch so weiter, bis ich wirklich die Schnauze voll hatte.
„Sag mal, was ist denn los mit dir?", fuhr ich ihn wütend an. Er blickte kühl zurück.
„Was sollte sein?"
„Was ist dein scheiß Problem?! Ich habe dir nichts getan!"
„Doch! Du stehst immer nur im Weg rum, Beans! Immer! Kannst du überhaupt irgendwas anderes?!", brummte er genervt.
Ich blickte ihn fassungslos an. Das, was mich am meisten verletzte, war der Fakt, dass er meinen Spitznamen, den er sonst immer so liebevoll gesagt hatte, in einen schlechten Kontext gebracht und ihn somit für mich wertlos gemacht hatte. Jesse schien zu merken, was er gesagt hatte, denn plötzlich verschwand die Kälte aus seinen Augen.
„Beans, es tut mir leid", flüsterte er nur für mich hörbar. Wir waren bei weitem nicht die einzigen auf dem Gang, denn mein kleiner Ausraster hatte durchaus Aufsehen erregt.
Ich schüttelt bloß den Kopf. „Nenn mich nie wieder so." Mit diesen Worten drehte ich mich um und lief schnell den Gang weiter.

Jedes Jahr dasselbe...Klausurenphase, ich hasse dich🙃 Gestern Ethik, morgen Geschichte. Nächste Woche PoWi und Englisch, dann Bio😫
Ich gehe nächste Woche spontan ins Stadion zum Spiel Frankfurt-Arsenal und ich freue mich so sehr, auch wenn ich direkt am nächsten Morgen Englisch Leistungskurs schreibe🤭 hoffentlich verhaue ich es nicht zu sehr vor Müdigkeit

High School Love [Lingard x Rashford]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt